311 Erdgas Brennwerttechnik / Foto: Zukunft Erdgas e.V.

Power to Gas

Ist Power-to-Gas überschätzt?

(27. März 2014) Die Power-to-Gas-Technologie sei nicht dazu geeignet, größere Mengen CO2 dauerhaft der Atmosphäre zu entziehen, und ist zudem mit hohen energetischen Umwandlungsverlusten verbunden, die eine großangelegte Nutzung ineffizient und teuer machen, so die Studie „Prüfung der klimapolitischen Konsistenz und der Kosten von Methanisierungsstrategien“ des Öko-Instituts, die unter der entsprechenden Mitteilung unter www.oeko.de einsehbar ist.

Der Eindruck, mit Power-to-Gas könnten Treibhausgasemissionen aus Industrieprozessen oder Kohlekraftwerken gebunden werden, sei nicht korrekt. Die Emissionen gelangten später und auf Umwegen in die Atmosphäre. Vielmehr müssten gerade die energie- und emissionsintensiven Prozesse in der Industrie effizienter werden, um weniger Emissionen zu verursachen. In den chemischen Prozessen der Wasserstoffelektrolyse und Methanisierung gingen zudem große Mengen der eingesetzten Energie verloren, so die Studie. Werde das per Power-to-Gas erzeugte Methan z. B. genutzt, um wieder Strom zu erzeugen, stünden nur noch 30% der ursprünglich eingesetzten Energie zur Verfügung. Werde es als Kraftstoff genutzt, gehe knapp die Hälfte der Energie verloren.

Hintergrund: Bei Power-to-Gas wird Strom durch Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt, dann per Methanisierung mit CO2 verbunden und als synthetisches Methan gespeichert. Das kann wie Erdgas zur Erzeugung von Wärmeenergie oder zum Antrieb von Fahrzeugen genutzt sowie bei Bedarf wieder in Strom umgewandelt werden. Wird das Methan in diesen Prozessen verbrannt, entsteht die gleiche Menge an CO2, die zuvor gebunden wurde. Eine schnelle großflächige Einführung der Power-to-Gas-Technologie und insbesondere deren finanzielle Förderung sei weder zielführend noch notwendig, so das Fazit des Öko-Instituts. Die Entwicklung von Speichern sollte sich nicht auf eine Technologie konzentrieren, sondern auch andere Optionen wie Batterie- und Druckluftspeicherkraftwerke weiterentwickeln.

Power to Atomkraft?

Power to Gas zeigt sich für Jahrzehnte als Technik im Schafspelz für unterbeschäftigte Kohle- und Atomkraftwerke.

Power to Atomkraft?

Power to Gas zeigt sich für Jahrzehnte als Technik im Schafspelz für unterbeschäftigte Kohle- und Atomkraftwerke. Provokante Thesen von Hartmut Euler.

(2. September 2013) Überflüssigen Strom in Gas und später wieder in Strom umwandeln: Das hört sich unverdächtig an wie eine gute Idee zur Stromspeicherung – selbst wenn am Ende der Speicherung von jeder Kilowattstunde Strom nur noch gut eine Drittel bis eine Viertel Kilowattstunde übrigbleibt. Aber Strom gibt es ja ohnehin zu viel und ohne Speicher geht die Energiewende nicht, argumentieren die Protagonisten dieser Technik.

Hartmut Euler, seit vielen Jahren kritischer Begleiter und Mitgestalter der Energie-, Klimaschutz- und Technologiepolitik in Hessen und Schleswig-Holstein hat diese Argumente akribisch zerpflückt. Wir geben die wesentlichen Argumente seiner Veröffentlichung wieder. („Wasserstoff aus Strom beziehungsweise „Power to Gas“, das umwelt- und klimabelastende, teure und unnötige Beschäftigungsprogramm für Atom- und Kohlekraftwerke – Vernetzen statt vernichten“)

3040 Hartmut Euler

Dr. Hartmut Euler, kritischer Begleiter und Mitgestalter der Energie-, Klimaschutz- und -Technologiepolitik in Hessen und Schleswig-Holstein

Das Märchen vom Stromüberfluss

Im Jahr 2011 konnte gerade einmal ein Tausendstel des deutschen Stromverbrauchs nicht ins Stromnetz eingespeist werden (150 Gigawattstunden). Bis zum Jahr 2030 könnte sich die Menge des überflüssigen Stroms auf zwei Prozent erhöhen. In den kommenden zwanzig Jahren gibt es also praktisch keinen Stromüberfluss.

Zwölf zu Eins

Wer aus Strom Gas herstellt, der muss genau diesen Strom zusätzlich erzeugen. Weil bei der fossilen Stromerzeugung aus rund drei Einheiten Primärenergie nur eine Einheit Strom erzeugt werden kann und drei Viertel des eingesetzten Stroms bei der Power to Gas-Technik verloren gehen, braucht man neun bis zwölf (!!!) Kilowattstunden Primärenergie für eine Kilowattstunde Strom aus Power to Gas! Ebenso drastisch sind die Umweltfolgen: Die Power to Gas Kilowattstunde ist mit den Emissionen der Erzeugung von drei bis vier Kilowattstunden Strom belastet. Wie immer auch der Strommix im Netz ist: Für die nächsten zwei Jahrzehnte ist Power to Gas alles andere als eine umweltschonende Technik. Zum Vergleich: Pumpspeicher haben einen Verlust von nur rund 30 Prozent.

Wirtschaftlichkeit

Wegen der hohen Umwandlungsverluste bleibt Power to Gas jedenfalls bis 2050 unwirtschaftlich (Leitner et. al., ET 2013, S. 35). Das liegt daran, dass der Strom für Power to Gas erst kostspielig erzeugt werden muss, bevor er dann sehr verlustreich gespeichert wird. Wenn die Power to Gas-Anlagen nur so lange und dort laufen, wo es überflüssigen Strom gibt, dann laufen die Anlagen nur wenige Stunden im Jahr, viel zu wenig für eine ausreichende Wirtschaftlichkeit.

Der Charme der Lüge

Man könnte aber Power to Gas umetikettieren als erneuerbare Energie – betrieben für die kommenden Jahrzehnte mit konventionellem Strom. Die Kosten hätten alle Verbraucher zu tragen. Zwar wird diese Volksverdummung derzeit flächendeckend versucht. Ob sie gelingt, erscheint fragwürdig. Denn zu offensichtlich ist, dass Power to Gas heute die Energiewende schädigt durch unsinnige Mehrkosten, zusätzliche Klimagas- und Schadstoffemissionen und erhöhten Stromverbrauch.

3040 Atomkraftwerk / Pixelio.de/Rosel Eckstein

Aber wir brauchen doch Speicher …

Für eine Vollversorgung mit Erneuerbaren müssen acht Prozent des Jahresstromverbrauchs gespeichert werden, das sind etwa 40 Terawattstunden.

Derzeit liegt die Speicherkapazität in Pumpspeichern in Deutschland bei gerade 0,04 Terawattstunden. Dafür gibt es in Norwegen und Schweden Speicherseen mit einer Kapazität von 116 Terawattstunden: 2.300 mal mehr als in Deutschland. Derzeit werden diese Seen nur zur Stromerzeugung und nicht zur Stromspeicherung genutzt. Euler plädiert für eine Kooperation mit den nördlichen Nachbarn: Deutscher Überflussstrom wird im Norden verbraucht. Das Niveau der Seen dort steigt, weil die Kraftwerke in dieser Zeit pausieren können. Gibt es in Deutschland zu wenig Strom, dann erzeugen die Kraftwerke dort zusätzlich Strom für Deutschland. Eine Prognos-Studie aus 2012: „Bedeutung der internationalen Wasserkraftspeicherung für die Energiewende“ beleuchtet genau dieses Szenario. Energieverluste gibt es nur für den Hin- und Rücktransport des Stroms in der Größenordnung von insgesamt acht Prozent. Zu den heute bestehenden Leitungen von drei GW wären neue Leitungen mit zehn Gigawatt notwendig. Obwohl Norwegen nicht am Hungertuch nagt, wäre eine faire Bezahlung für beide Länder ein sehr gutes Geschäft.

Vor dem Jahr 2030 werden gar keine Speicher in nennenswerter Größenordnung gebraucht, weil es keinen Überschussstrom gibt, wenn die Leitungen ausgebaut werden. Bis dahin wird es schon aus wirtschaftlichen Gründen auch dezentrale Energiespeicher in nennenswerter Größenordnung geben. Wie hoch der dann noch verbleibende Speicherbedarf ist, kann heute kaum abgeschätzt werden.

Aus acht mach 24

Acht Prozent des Strombedarfs müssen für eine regenerative Vollversorgung gespeichert werdenn. Verwendet man Speichertechniken mit einem Verlust von zwei Dritteln bis drei Vierteln – die Power to Gas Technik – dann braucht man acht mal drei bis vier, also 24 bis 32 Prozent mehr Strom für die Speicherung. Das sind mehr Anlagen der erneuerbaren Energien, als heute insgesamt vorhanden sind, und sie tun dann nichts anderes, als die Verluste der Wasserstoffproduktion auszugleichen. Wer würde das akzeptieren, wenn es auch bessere, günstigere und umweltfreundlichere Lösungen gibt?

Stopp für Power to Gas

Um Power to Gas zu stoppen, genügt der gemeinsame Wille aller Entscheidungsträger, die neuerdings zunehmend gewünschten direkten und indirekten Subventionen zu verweigern. Denn ohne Subventionen oder sonstige staatliche geregelte Vergünstigungen besteht auch bei deutlich sinkenden Anlagenkosten überhaupt keine Chance, dass Wasserstoff aus Strom wirtschaftlich wird.

Leitungen oder Speicher?

Stromleitungen sollten gebaut werden. Denn der Strom muss immer von dort, wo der Wind gerade weht und die Sonne gerade scheint, dorthin gebracht werden, wo der Wind gerade nicht weht und die Sonne gerade nicht scheint. Ansonsten werden entweder die Atom- und Kohlekraftwerke künstlich zusätzlich beschäftigt, oder es werden sehr viel mehr Windkraft- und Solaranlagen benötigt.

Der Aufsatz zum Download:

 Download Veröffentlichung power to gas von Dr.-Ing. Hartmut Euler (.pdf) 

 Download Emissionsrechnung 5MW Windkraftanlage und Kostenvergleich Skandinavien (.pdf) 

 Download Emissionsrechnung für eine Windkraftanlage mit 10 Mio kWh (.xlsx) 

Selbst fragen, selbst rechnen – so einfach geht es:

Es gibt in dem Speicherprozess drei wichtige Wirkungsgradzahlen, die miteinander multipliziert werden müssen: Elektrolyseur, Handling – hier können es mehrere Zahlen für Transport, Einpressen, Kühlen sein – und die Rückumwandlung.

Wenn der Wirkungsgrad des Elektrolyseurs 80 Prozent beträgt, der Wirkungsgrad des Handlings bei 15 Prozent Verlusten liegt, somit 85 Prozent beträgt, und der Motor oder die Brennstoffzelle einen Wirkungsgrad von 40 Prozent haben, so lautet die Rechnung. 0,8 * 0,85 * 0.4  =  0,272.

27,2 Prozent des Stroms werden zurückgewonnen.

Teilt man die Menge des aus dem Elektrolyse- und Rückverstromungsprozess ausgespeisten Stroms durch das oben gewonnene Ergebnis, so weiß man, wie viel Strom man insgesamt ein-setzen muss, um die gewonnene Energie (zum Beispiel eine Kilowattstunde) zurückzuerhalten – in diesem Beispiel 1 / 0,272 = 3,68 kWh. 2,68  kWh, also das 2,68-fache des aus dem Elektrolyseprozess ausgespeisten Stroms, muss aus Atomkraft, Kohlekraft oder aus zusätzlich zu errichtenden Windkraftanlagen bereitgestellt werden, um die Verluste auszugleichen. Die eine kWh muss abgezogen werden, um nicht die Gesamtmenge, sondern nur die Verluste zu errechnen.

letzte Änderung: 27.03.2014