Eine verlogenere Preispolitik ist kaum vorstellbar.
Dichtung und Wahrheit – Die Preispolitik der EWE
(15. Juli 2011) Die EWE Energie AG hebt zum 1. September 2011 ihre Gaspreise an: um 0,7 Cent netto je Kilowattstunde. EWE bietet seinen Kunden gleichzeitig einen Festpreis bis Juni 2013 an, der nur rund 40 Prozent dieser Preiserhöhung umfasst.
Der Energiewirtschaftler Gunnar Harms kommentiert die aktuelle Preiserhöhung der EWE:
Eine verlogenere Preispolitik ist kaum vorstellbar.
Die Ölpreise, auf deren Veränderungen die Gaspreise nach der in der Vergangenheit gebetsmühlenartig vorgetragener Argumentation zeitversetzt reagieren, würden in der Tat eine Preiserhöhung von ca. 5-10% zum 4. Quartal 2011 rechtfertigen. Nur: Davon ist diesmal – wo es angebracht wäre – überhaupt keine Rede mehr.
Also hat EWE sein Gas offenbar ölmarktunabhängig eingekauft. Dann jedoch wäre keine – und zwar überhaupt keine - Preiserhöhung gerechtfertigt, denn das Preisniveau am Handelsmarkt hat sich seit dem Frühjahr 2011 so gut wie überhaupt nicht verändert. Wo sollen denn die gestiegenen Einkaufskosten hergekommen sein?
Besonders interessant ist der zweite Teil der Mitteilung:
Man bietet den Kunden eine ungewöhnlich lange Festpreisgarantie von zwei Jahren an – und das sogar zu einem niedrigeren Preis, als es normalerweise erforderlich wäre. Wie kann das gehen ? Der Lieferant bieten dem Kunden einen niedrigeren Festpreis an und übernimmt auch noch das Preisänderungsrisiko in der Beschaffung? Das ist der Traum jedes Kunden...
Das widerspricht aber leider jeder Logik und bringt entsprechendes Licht in die Sache und damit in die Preispolitik der EWE:
EWE hat große Mengen, vermutlich sogar die gesamte Haushaltskundenmenge, am Handelsmarkt auf Termin eingekauft und nur noch kleine oder gar keine Mengen mehr ölgebunden im Beschaffungsportfolio. Damit ist EWE in der Lage, nahezu allen seinen Kunden ab September einen Preis anzubieten, der – wenn überhaupt - nur etwa um netto 0,3 Cent/kWh (40% der von EWE genannten 0,7 Cent/kWh) höher als bisher ist. Sonst könnte EWE das im zweiten Teil der Mitteilung vorgestellte Angebot überhaupt gar nicht machen.
Wer das Angebot nicht nutzt, bleibt beim bisherigen Tarif bzw. in der Grundversorgung und soll die 0,7 Cent/kWh einfach schlucken.
Den (noch) nicht wechselwilligen grundversorgten Kunden werden somit 0,4 Cent/kWh als notwendige Preiserhöhung wegen „deutlich gestiegener Einkaufskosten" einfach untergejubelt, ohne dass es dafür eine Rechtfertigung gibt.
Ach ja, die 250 Millionen Rückzahlungsverpflichtungen aus den verlorenen Prozessen will man sich ja von den Kunden wieder zurückholen. Fast hätte ich es schon vergessen. Das ist der wahre Grund. Den nennt EWE aber nicht.
Die Juristen im Nordwesten werden nicht arbeitslos, solange EWE so weitermacht.
EWE sollte belegen (können), dass die Einkaufskosten tatsächlich im angegebenen Maße gestiegen sind – und wieso EWE dann trotzdem anbieten kann, das Gas billiger abzugeben – sogar für ungewöhnlich lange Zeit.
Wenn der Lieferant dem Kunden statt dem üblicherweise veränderlichen Preis, mit dem er Kostensteigerungen im Einkauf weitergeben kann, einen Festpreis garantiert, dann übernimmt er für die Laufzeit der Festpreisgarantie das Risiko, dass sich seine Beschaffung während dieser Zeit verteuert. Dieses Risiko, welches er wegen der Preisgarantie nicht mehr an den Kunden weitergeben kann, muss er nun selber tragen und entsprechend „einpreisen".
Wie auch immer er sich selbst dagegen absichert – es verursacht in jedem Fall Kosten.
Deshalb muss ein Festpreis immer höher sein als ein unter sonst gleichen Bedingungen angebotener veränderlicher Preis. Die einzige Ausnahme davon ist eine extreme Backwardation (stark im zukünftigen Zeitverlauf fallende Terminpreise) – die wir aber derzeit nicht haben – im Gegenteil.
Langer Atem zahlt sich aus
Im Durchschnitt 417 Euro muss der Oldenburger Energieversorger EWE pro Gaskunden zurückzahlen. Insgesamt sind das 250 Millionen Euro für 600.000 Kunden – ein Erfolg, der in der deutschen Wirtschaftsgeschichte (noch) seinesgleichen sucht. Dabei sah es vor Gericht zunächst schlecht aus für die Protestkunden. Sechs Jahre später zahlt sich die Hartnäckigkeit jedoch aus.
Von Wolfgang Witte
(1. Juni 2011) Nun ist es amtlich: Die EWE macht alle Gaspreiserhöhungen seit 2007 rückgängig und erstattet auf Verlangen die zu viel bezahlten Beträge zurück. Damit aber nicht genug: Auch die Kunden, die passiv bleiben, gehen nicht leer aus. Schon im vergangenen Jahr hatte die EWE beschlossen, knapp 40 Prozent der Preiserhöhungen seit 2007 rückgängig zu machen und automatisch mit der Jahresrechnung 2010 zu verrechnen.
Das allein kostet den Versorger 100 Millionen Euro und ist ein Grund dafür, dass die EWE das vergangene Jahr erstmals in ihrer Geschichte mit einem Verlust abschloss. Zum Verlust trägt mit weiteren 80 Millionen bei, dass die EWE erst im Dezember 2010 die Gaspreise an ihre gestiegenen Bezugskosten angepasst hat. Auch diese Summe ist den Kunden zu Gute gekommen. In der deutschen Wirtschaftsgeschichte haben Verbraucherproteste bislang keinen ähnlichen Erfolg gezeitigt. „Stuttgart 21" ist zum Inbegriff für das Aufbegehren der Bürger geworden. Die „EWE-Gaspreisproteste" wären ein zweites Beispiel dafür.
Protest gegen Preiserhöhungen
Im Handstreich konnte dieser Sieg nicht errungen werden. Der Druck auf das Unternehmen musste sechs Jahre lang immer stärker werden, bevor es sich auf seine Kunden zu bewegte. Aus vielen kleinen Quellen wurde erst langsam ein übermächtiger Strom.
Der Protest begann 2004. Die regelmäßigen Gaspreiserhöhungen zehrten am Einkommen der Bürger. Immer mehr Verbraucher stellten sich die Frage: Müssen die Gewinne der Energieversorger so hoch sein, während bei uns das verfügbare Einkommen schrumpft? Angeregt und unterstützt vom Bund der Energieverbraucher begannen die ersten Kunden damit, die Preiserhöhungen nicht zu zahlen. Sie forderten statttdessen die EWE dazu auf, nachzuweisen, dass die Preiserhöhungen gerechtfertigt sind und das Unternehmen daraus keine übermäßigen Gewinne erzielt. Die EWE reagierte darauf mit Mahnschreiben und der Drohung, den Gashahn zuzudrehen. Zusätzlich verärgerte das Unternehmen die Protestkunden dadurch, dass sie kritische Anfragen zur Höhe des Gaspreises in gutsherrlichem Ton beantwortete.
Die Zahlungsverweigerer begannen, sich in Initiativen zu organisieren. Immer mehr Verbraucher schlossen sich an. Ohne den langen Atem dieser Initiativen, die sich auf den Bund der Energieverbraucher stützen konnten, wäre die EWE nicht bezwungen worden. Viele derjenigen, die 2004 mit dem Protest begannen, zahlen noch heute zwei bis drei Cent pro Kilowattstunde Gas. Zahlungsklagen der EWE gingen sämtlich verloren, wurden zurückgezogen oder liegen noch chancenlos in der Revision beim Bundesgerichtshof.
Artikel bringt Stein ins Rollen
Das Geheimnis des Erfolgs der Oldenburger liegt auch in der Beteiligung der „Ostfriesischen Nachrichten" (ON), einer Tageszeitung mit 13.000 Exemplaren Auflage in Aurich. Im Jahr 2005 forderte Jochen Stüve, ein ehemaliger ON-Mitarbeiter, Zahlungsverweigerer und Mitglied beim Bund der Energieverbraucher, seine ehemaligen Kollegen dazu auf, über das Thema zu berichten. Obwohl der Unmut über die ständig steigenden Preiserhöhungen 2005 schon hochgekocht war, war die Zeitung erst einmal nicht am Thema interessiert. Musste der Gaspreis nicht steigen, wenn der Ölpreis anzog? Zudem gehörte die EWE zu den preiswertesten Versorgern. Doch Stüve ließ nicht locker, bis die Zeitung einen Beitrag über seinen individuellen Gaspreisprotest und die Vorschläge des Bundes der Energieverbraucher veröffentlichte.
Der Anwalt: Dr. Jan Reshöft
Daraufhin meldete sich das Auricher Rechtsanwaltsbüro Berghaus und Kollegen bei der Zeitung und riet dazu, nicht nur die Zahlung zu verweigern und abzuwarten, sondern selbst aktiv zu werden: Vor Gericht könne man den Versorger dazu zwingen, die Billigkeit seiner Preise nachzuweisen. Diese Einmischung der Kanzlei und insbesondere von Rechtsanwalt Dr. Jan Reshöft legte das Fundament für den Erfolg.
Schon nach wenigen Wochen zählte Reshöft über 100 Kunden, die bereit waren, gerichtlich gegen ihren Gasversorger vorzugehen. Er legte 2005 sowohl beim Landgericht Aurich als auch beim Landgericht Oldenburg Klage ein. Reshöft entschied sich bewusst für diese Aufsplittung, um nicht vom Urteil eines Gerichtes abhängig zu sein. Zu den Organisatoren der Sammelklage gehörte auch ein Oberstaatsanwalt.
Entmutigende Niederlagen
Der Prozessverlauf im ersten Jahr war alles andere als ermutigend. Viele Einzelkläger hatten darauf verzichtet, sich der Sammelklage aus Aurich anzuschließen. Die Amtsgerichte urteilten regelmäßig: Die Preise der EWE sind billig, die Kunden müssen zahlen. Das Auricher Landgericht erklärte sich für nicht zuständig und verwies das Verfahren an die Kammer für Handelssachen nach Hannover. Und das Oldenburger Landgericht gab der EWE Recht. Außerdem verwandelte der Bundesgerichtshof das scharfe Schwert der Billigkeitsprüfung in ein stumpfes: Er entschied, ein Unternehmen müsse nicht mehr seine gesamte Kalkulation offen legen. Es sei lediglich notwendig, darzulegen, wie die Kostensteigerungen der Vorlieferanten auf die Endverbraucherpreise durchschlagen.
Hinzu kam, dass sich auch die kommunalen Anteilseigner, also die Kommunalpolitiker, auf die Seite des Unternehmens schlugen, denn die EWE gehört zu 74 Prozent den Kommunen im Ems-Elbe Raum und zu 26 Prozent EnBW. Allerdings verweigerten viele Kommunen selbst die Zahlung der Preiserhöhungen an EWE.
Eine Frage der AGB
Doch es gab auch juristische Lichtblicke. Schon vor dem Oldenburger Landgericht hatte sich gezeigt, dass es auf die Billigkeitsprüfung gar nicht ankommt. Die EWE hatte nämlich schon Schwierigkeiten nachzuweisen, dass sie überhaupt Recht besaß, ihren Gaspreis zu erhöhen. Das Verfahren hatte sich in ein Verfahren über allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwandelt.
Das Oberlandesgericht Oldenburg zerstreute schließlich den Verdacht, die Richter machten gemeinsame Sache mit der EWE: Das Gericht erklärte, EWE-Kunden seien grundsätzlich Sonderkunden. Die fraglichen Preisanpassungsklauseln des Unternehmens seien samt und sonders ungültig, weil sie niemand verstehe: Sie verstießen gegen das Transparenzgebot des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Der Bundesgerichtshof bestätigte dieses Urteil im Sommer 2010 zum Teil. Er entschied: Ab 2007 hatte die EWE kein Preisanpassungsrecht; die neue Preisanpassungsklausel benachteilige den Kunden. Vor 2007 jedoch habe sich EWE buchstabengetreu an die gesetzlichen Vorschriften gehalten und die AVBGasV (Allgemeinen Versorgungsbedingungen für die Gasversorgung) wortwörtlich übernommen. Das sei richtig gewesen, auch wenn die Formulierungen der AVBGasV kein Kunde verstehen könne. Nebenbei bemerkt, ist der BGH von seiner eigenen Rechtsprechung nicht mehr wirklich überzeugt. Er hat in einem anderen Verfahren das getan, was er im EWE-Verfahren noch unterließ und hat die Frage dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.
EWE verweigert Rückzahlung
Nachdem die EWE zumindest teilweise in Karlsruhe verloren hatte, erwarteten die Kunden, dass der Oldenburger Versorger nun die Preiserhöhungen ab 2007 umgehend zurückzahlt. Doch der Versorger sagte, dazu verpflichte ihn das Karlsruher Urteil nicht und deshalb werde er es auch nicht tun. Wer sein Geld zurück haben wolle, müsse das Unternehmen verklagen. Das komme auf jeden Fall billiger, als von selber zu zahlen – immerhin erstreckte sich der Gaspreisprotest längst nicht auf das gesamte Versorgungsgebiet, sondern „nur" auf den Raum Emsland, Oldenburg und Ostfriesland.
Der Auricher Amtsrichter David Pappenheim versucht der Klagen Herr zu werden, rechts im Bild die Liste der zu verhandelnden Klagen.
Nach erheblichem öffentlichen Protest beauftragte die EWE jedoch den früheren Bremer Bürgermeister Dr. Hennig Scherf mit der Ausarbeitung eines sogenannten Vergleichs. Dieser lief darauf hinaus, dass das Unternehmen 40 Prozent der Forderungen an alle Kunden auszahlt, die die EWE nicht verklagen. Schon dieses halbherzige Entgegenkommen war ein enormer Erfolg für die Kunden. Da jedoch das Unternehmen während des Rechtsstreits viel von seinem Ansehen verloren hatte und nicht schlüssig erklären konnte, wie Scherf auf den 40-Prozent-Vergleich gekommen war und die Rechtslage entgegen den Bekundungen der EWE eindeutig war, wuchs die Zahl der Kunden täglich, die die Scherf-Lösung nicht akzeptierten. Stattdessen verklagten sie die EWE vor den Amtsgerichten auf Rückzahlung aller Preiserhöhungen seit 2007.
Alle Amts- und auch Landgerichtsrichter gaben den Klägern recht, so dass die EWE fast täglich in irgendeinem Medium von einer juristischen Niederlage lesen musste. Nach den ersten erfolgreich geführten Klagen, die ab November mit Rückzahlungsurteilen der EWE endeten, baute sich in wenigen Monaten eine Klagewelle auf, die es in Deutschland bisher noch nicht gegeben hatte.
100 Klagen je Termin
Da die EWE in jedem einzelnen Fall auf einer mündlichen Verhandlung bestand, spielten sich in den Amtsgerichten immer ungewöhnlichere Szenen ab. Wurden erst nur zwei oder drei Klagen pro Verhandlung aufgerufen, so waren es einige Wochen später schon 20 oder 30 und schließlich im Auricher Landgericht sogar über 100 pro Verhandlungstermin. Die Ankündigungszettel füllten eine ganze Flurwand und die Gerichtsdiener schoben die Akten mit der Sackkarre in den Gerichtssaal.
Die Verhandlungen selbst glichen einem absurden Theaterstück, denn der Richter tat nichts anders, als zigmal die immer gleichlautenden Anträge der Parteien vorzulesen und die Anwälte antworteten stereotyp zigmal mit „ja". Einem Kläger, der ohne Anwalt erschienen war, fragte der Richter, warum er denn auf juristischen Beistand verzichte. Der Kläger antwortete: „Ja sagen kann ich auch alleine."
7.000 Klagen gegen EWE
Bis Ende März 2011 summierten sich die Klagen gegen EWE nach Angaben des Unternehmens auf 7.000. Der niedersächsische Justizminister forderte deshalb den Versorger unmissverständlich auf, seine Probleme nicht weiter auf dem Rücken der Justiz auszutragen. Außerdem verlor das Unternehmen Kunden. Bis zum März sollen 45.000 Verbraucher der EWE den Rücken gekehrt haben, wobei dieser Verlust zum Teil auch auf eine Erhöhung des Gaspreises zurückzuführen war. Das Image des Unternehmens löste sich auf. Die eigenen Mitarbeiter begannen, an der Weisheit der Führung zu zweifeln, und die EWE lief (und läuft noch immer) Gefahr, die Konzession für die Strom- und Gasnetze, ihr Kerngeschäft, zu verlieren. Die Kommunen wollen die Netze zukünftig selber betreiben und schwimmen dabei auf der EWE-Antipathiewelle, auf der sie die Risiken einer Netzübernahme gar nicht richtig wahrzunehmen scheinen. Aus all diesen Gründen zahlt die EWE jetzt doch alle Preiserhöhungen seit 2007 zurück. Wer sein Geld zurückhaben will, muss jedoch unterschreiben, dass er auf alle Ansprüche aus der Zeit vor 2007 verzichtet.
Rückzahlung auch ohne Klage
Ohne eine solche Beschränkung ginge das Unternehmen ein neues, schier unkalkulierbares Risiko ein, denn zurzeit prüft der Europäische Gerichtshof die AGB vor 2007. Erklärt er die Preisanpassungsklauseln auch für diese Zeit für ungültig, muss die EWE nicht ab 2007 auf der Basis von 4,11 Cent pro Kilowattstunde, sondern ab 2003 auf der Basis von drei Cent alle Preiserhöhungen zurück zahlen. Das wäre das Ende des Unternehmens.
Nachsatz: Auch die Regionalgas Euskirchen, die Enso Dresden und die Berliner Gasag haben vor dem BGH verloren. Auch sie weigern sich ebenso beharrlich wie die EWE anfänglich, den Kunden Geld zurückzuzahlen. Doch vor Gericht gewinnen die Kunden ihre Rückzahlungsklagen. Man kann nur alle Kunden auch in anderen Regionen ermutigen, zu viel bezahltes Gasentgelt zurückzuklagen.
Verlust durch Klagen
(15. April 2011) 2010 machte die Oldenburger EWE AG einen Verlust von 51 Mio Euro, 2009 lag der Nettogewinn noch bei über 199 Mio Euro. Der Umsatz stieg wegen der erstmals ganzjährigen Einbeziehung der Bremer swb um 20% auf fast 7 Mrd Euro.
Beeinträchtigt wird das Unternehmen vor allem durch das BGH-Urteil, das Preisanpassungsklauseln für Sonderkunden unwirksam erklärte. EWE musste 2010 rund 100 Mio Euro an Kunden zurückzahlen, weitere Rückzahlungen drohen.
Der Bund der Energieverbraucher e.V. begrüßte, dass die Gewinne des Unternehmens durch die Rückzahlungen vermindert wurden. Denn andernfalls hätte sich EWE Geld seiner Kunden widerrechtlich als Gewinn gutgeschrieben. "Das ist ein sensationeller Erfolg für die Protestbewegung in dieser Region, die jahrelang beharrlich für ihr Recht gekämpft haben", erklärte Dr. Aribert Peters, der Vorsitzende des Bund der Energieverbraucher e.V.
EWE muss erneut zahlen
(23. März 2011) Die Oldenburger EWE AG verlor vor dem Amtsgericht Aurich gegen acht weitere Kunden und muss die zusätzlichen Beträge aus Gaspreiserhöhungen in voller Höhe zurückerstatten.
Zuvor hatten 26 EWE-Kunden mit ähnlichen Klagen gegen nicht korrekte Gaspreiserhöhungen vor den Amtsgerichten Aurich, Leer und Oldenburg Erfolg. Die Amtsgerichte stützten sich auf ein BGH-Urteil vom Juli 2010, das zum gleichen Ergebnis gekommen war.
EWE unter Druck
(16. März 2011) Nach einem Bericht der "Nordwest-Zeitung" klagen 1500 Kunden der Oldenburger EWE AG bei den Amtsgerichten im Oldenburger Raum und Ostfriesland gegen Gaspreiserhöhungen und verlangen eine Rückzahlung zu viel gezahlter Gaspreise. Es gehe um über 350 Verfahren.
Im Oktober hatte EWE aufgrund eines BGH-Urteils, bei dem frühere Preisanpassungsklauseln für nichtig erklärt wurden, rund 620.000 Erdgaskunden Sonderzahlungen von insgesamt 100 Mio Euro in Form von Gutschriften angeboten.
Zwar habe der BGH nicht über die Angemessenheit der Preise entschieden und EWE nicht zu Rückzahlungen verpflichtet, man wolle aber eine außergerichtliche Lösung finden, so das Unternehmen.
AG-Direktor Possehl: Zur Gleichbehandlung aller Kunden stehen!
EWE verliert zweiten Rückforderungsprozess in Oldenburg
Amtsgerichtsdirektor Possehl: „Zur Gleichbehandlung aller Kunden stehen!"
(12. Januar 2011) Die EWE hat am 11.01.11 auch den zweiten Prozess um die Rückzahlungsforderung eines Kunden vor dem Amtsgericht in Oldenburg verloren. Richter war erneut Amtsgerichtsdirektor Jürgen Possehl. Der schriftlich eingereichte Vortrag der EWE - laut Kläger, einem jungen Mann aus Wardenburg, über 30 Seiten lang – enthielt offenbar nichts Neues und wurde in der mündlichen Verhandlung gar nicht mehr erörtert.
Ein am Vortag von EWE-Rechtsanwältin Brandenberg per Fax eilig eingereichter 4-seitiger Nachtrag erzwang zwar eine halbstündige Pause bis zur Urteilsverkündung, weil Richter und Kläger-Anwältin Kießler den Schriftsatz vorschriftsgemäß zur Kenntnis nehmen mussten, vermochte am Urteil aber nichts zu ändern: Vollständige Rückzahlung der Gaspreiserhöhungen 2008/2009, in diesem Fall 802,84 €, an den Kläger.
Amtsgerichtsdirektor Possehl gab bekannt, dass er drei weitere von ihm zu verhandelnde Klagen der Einfachheit halber gleich auf denselben Tag, den 16.02.2011, zusammengezogen habe. Damit die Anwältin der EWE nicht dreimal nach Oldenburg anreisen muss, bemerkte er teilnahmsvoll. Zumal das vergeblich sein dürfte.
Denn das Amtsgericht Oldenburg wird ebenso wie das Amtsgericht Aurich bei den weiteren Prozessen vermutlich eine Linie fahren. Sowohl in Aurich (Urt. v. 18.11.10 - Az: 12 C 792/10) als auch in Oldenburg (Urt. v. 29.12.10 - Az: 4 C 4384/10 (IX)) hat der Amtsgerichtsdirektor die Verhandlung geleitet.
Besonders bemerkenswert an dem Oldenburger Urteil ist, mit welcher Deutlichkeit das Gericht die von EWE seinerzeit versprochene Gleichbehandlung aller Kunden einfordert: „Es ist allgemein bekannt, dass die Beklagte (EWE) allen Kunden ‚gleiche Behandlung' zugesichert hat unabhängig davon, ob sie Widerspruch erhoben haben oder nicht. Daran muss sie sich festhalten lassen (§ 242 BGB)." Es komme daher nicht darauf an, ob ein Kunde Widerspruch gegen die Gaspreiserhöhungen erhoben habe oder nicht. Alle hätten den gleichen Anspruch auf vollständige Rückzahlung!
Das neuerliche Oldenburger Urteil zugunsten der Kunden wird zu weiteren Klagen ermutigen. Bislang liegen beim Amtsgericht Oldenburg 350 Klagen vor. Wenn seine Richterkollegen diese Klagen genauso wie Possehl auf wenige Tage zusammenziehen, drohen EWE von nun an Niederlagen in Serie.
Quelle : Janto Just (IG Energie Schortens) EWE: Neue Klagen, Forderungen, Aktivitäten, Kritik
Gaspreis-Streit beim EuGH: Milliarden zuviel gezahlt?
(17. Dezember 2010) Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss jetzt den Gaspreisstreit zwischen Verbrauchern und der Oldenburger EWE klären. Das entschied das Oberlandesgericht Oldenburg am 14. Dezember 2010.
Die Richter in Luxemburg haben nun zu prüfen, ob die im deutschen Recht verankerten Preiserhöhungsklauseln dem europaweit geltenden Transparenzgebot genügen.
Eine EU-Richtlinie schreibt zum Schutz der Verbraucher faire und klare Vertragsbedingungen vor.
Für den Sonderkundenbereich hat der Bundesgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen die üblichen Preiserhöhungsklauseln für ungültig erklärt.
Für Tarifkunden jedoch gilt ein gesetzlich formuliertes Preiserhöhungsrecht. Die klagenden Verbraucher und auch das OLG Oldenburg sehen die europarechtlichen Bestimmungen durch diese gesetzliche Regelung verletzt.
Sollte der EuGH sich dieser Auffassung anschliessen und die Transparenzforderung auch für gesetzliche Regelungen gelten, dann haben fast alle Energieverbraucher in den vergangenen Jahren zuviel für Strom und Gas bezahlt und können diese Beträge zurückfordern.
„Zahlreiche Energieversorger machen seit Jahren viel mehr Gewinn, als ihnen eigentlich zusteht. Dann müssen sie auch das damit verbundene Risiko tragen: Dass die Preiserhöhungen der Vergangenheit schlichtweg rechtwidrig und damit nichtig waren" meint dazu Dr. Aribert Peters, Vorsitzender des Bund der Energieverbraucher e.V.
In zahlreichen Gerichtsprozessen überall im Land unterliegen derzeit die Versorger vor Gericht, wenn sie gekürzte Rechnungen gerichtlich einfordern. Hingegen siegen Verbraucher mit Klagen gegen Versorger, um grundlos überhöhte Rechnungsbeträge zurückzuerlangen. Sammlung von Urteilen.
Payback in Oldenburg
(18. Oktober 2010) Mit einer Sonderzahlung erstattet die Oldenburger EWE AG insgesamt 100 Mio Euro an 620.000 Gaskunden zurück. Das beschloss die Hauptversammlung. Von der Rückzahlung profitieren alle, die vor dem 1. August 2008 Kunden der EWE waren.
Für je 1 kWh gebe es ein Bruttobetrag von 0,46 Cent, so das Unternehmen. Für kleinere Haushalte seien dies zwischen 50 und 100, für mittlere zwischen 100 und 150 und für größere zwischen 150 und 200 Euro. Die Erstattungen werden in der kommenden Jahresabrechnung berücksichtigt.
Die Aktion ist das Ergebnis aus dem BGH-Urteil zu einer unwirksamen Vertragsklausel bezüglich Preiserhöhungen. Allerdings betrugen die vom Bundesgerichtshof für ungültig erklärten Erhöhungen 1,163 Cent, also das Doppelte des Erstattungsbetrags.
Rückzahlung an Kunden
(24. September 2010) Eine politisch erfreuliche Botschaft aus dem Landkreis Friesland: Der Kreistag hat sich vorgestern für eine "vollständige Rückzahlung" ausgesprochen. Der BGH hatte die Gaspreiserhöhungen der EWE für nichtig erklärt.
Damit haben sich die Stadt Oldenburg, Stadt und/oder Landkreis Leer, Landkreis Aurich, Landkreis Friesland, die Landräte der CDU und 16 SPD-Fraktionschefs aus Weser-Ems für eine volle Rückzahlung ausgesprochen. Diese Kreise sind Anteilseigner der EWE . Der als Schlichter eingesetzte Henning Scherf und am Ende auch die EWE werden schwerlich anders entscheiden können.
Es bedurfte eines harten Kampfes, das Wort "vollständig" in den SPD-Antrag hineinzubekommen, so dass der Kreistag nunmehr fordert, "dass die EWE-Kunden individuell auf Basis des jeweiligen Verbrauchs eine freiwillige vollständige Rückzahlung erhalten".
EnBW steigt bei EWE ein
(25. Juli 2009) Die Energie Baden-Württemberg (EnBW), Karlsruhe, ist bei der Oldenburger EWE AG eingestiegen und hat für rund 2 Mrd Euro 26% der Aktien übernommen. Nun würden Gespräche über gemeinsame Projekte aufgenommen, hieß es.
Ein gemeinsames Ziel sei, die Aktivitäten mit erneuerbaren Energien zu konzentrieren und auszubauen. Zudem würden gemeinsame Geschäftsfelder in Polen und in der Türkei aufgebaut.
Von EWE könne man von der Erfahrung bei der Erdgasspeicherung profitieren und zudem auch auf Erkenntnisse aus dem Offshore-Testpark "alpha ventus" zurückgreifen, so die EnBW.
Das Bundeskartellamt hatte der Verbindung Anfang Juli zugestimmt. Der Bund der Energieverbraucher lehnt die Übernahme ab, weil sie die Macht der vier Energiekonzerne weiter ausweitet und den Wettbewerb deshalb schwächt. "Das Kartellamt hätte das nie zulassen dürfen", kommentiert der Vereinsvorsitzende Aribert Peters. Bereits in den vergangenen Jahren hatten Fusionen die Übermacht der vier Großen verstärkt und den Wettbewerb geschwächt.
Der Vorstoß ist die größte Übernahme im deutschen Energiesektor seit dem Kauf von Ruhrgas durch E.ON vor vier Jahren.
EnBW kauft sich bei EWE ein
(14. Juli 2008) Der Verband der kommunalen Aktionäre der Oldenburger EWE AG entschied, der Karlsruher Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) den Zuschlag für die Übernahme von 26% der EWE-Anteile zu erteilen. Die EnBW wird die Anteile durch den Kauf bestehender Aktien und durch eine Barkapitalerhöhung erwerben. Das Transaktionvolumen beträgt insgesamt rund 2 Mrd Euro.
Der Erwerb steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Kartellbehörden.
Der Vorstoß ist die größte Übernahme im deutschen Energiesektor seit dem Kauf von Ruhrgas durch E.ON vor vier Jahren.
Die EnBW AG stärkt mit der Beteiligung vor allem die Position im Gasgeschäft. Sie bekommt indirekt Zugriff auf den Leipziger Gasimporteur Verbundnetz Gas (VNG), an dem EWE derzeit zu 48% beteiligt und eine Mehrheitsposition anstrebt. Die EnBW, die zu 45% der französischen EdF gehört, setzte sich mit dem Zuschlag gegen die französische GdF durch, die ebenso wie die dänische Dong Interesse gezeigt hatte.
Konzernüberschuss 2006 verdoppelt
(23. April 2007) EWE steigerte 2006 den Konzernumsatz um 21% auf 9,0 Mrd. €. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wuchs um 62% auf 532,4 Mio. €. Der Umsatz im Segment Energie nahm wegen höherer Erdgaspreise um 16,6% auf 4,1 Mrd. € zu.
Der Stromabsatz sank leicht auf 13,6 Mrd. kWh, ebenso der Gasabsatz auf 40,1 Mrd. kWh (ohne VNG). Das Ebit ging um 12,2 Mio. € auf 295,5 Mio. € zurück. Im Segment Ferngas erhöhte sich der Umsatz auf 4,8 (2005: 3,8) Mrd. €. VNG lieferte 164,2 Mrd. kWh Erdgas an Kunden (2005: 163,1 Mrd. kWh).
Der Mehrabsatz von rund 1 Mrd. kWh wurde hauptsächlich durch höhere Liefermengen nach Polen erzielt. Das Ebit lag mit 242,9 Mio. € deutlich über dem Vorjahreswert von 50,2 Mio. €. Der Konzernjahresüberschuss betrug 256,9 Mio. € und hat sich damit gegenüber dem Vorjahr verdoppelt (128,4 Mio. €).
EWE erhöht Bezüge von Vorständen und Aufsichtsräten
(5. Dezember 2005) Laut NDR-Nachrichten sind die Bezüge der EWE- Aufsichträte innerhalb eines Jahres von 200.000 auf 500.000 Euro angehoben worden. Auch der Vorstand bekommt mehr: Die Vorstandsgehälter sind in den letzten drei Jahren von 1,1 auf 2,1 Millionen Euro gestiegen.
EWE gebremst
(9. Dezember 2004) - Nach einem Bericht der "Nordwest-Zeitung" darf die Oldenburger EWE AG ihre Strompreise zum 1. Januar nicht wie geplant um 9,1% erhöhen. Das niedersächsische Umweltministerium als Genehmigungsbehörde lehnte den Antrag mit dem Hinweis ab, es werde allenfalls eine Erhöhung um etwa 6% genehmigen.