Gemeinschaftsarbeit für Energiearme
Wenn Menschen es sich nicht leisten können, trotz bitterer Kälte ihre Wohnung zu heizen, liegt ein Fall von Energiearmut vor. EU-weit sind 50 bis 125 Millionen Menschen davon betroffen.
(14. März 2010) Meist trifft es die Alten, Kranken, Behinderten und Alleinerziehenden - Wenigverdiener oder Menschen, die in schlecht isolierten Wohnungen mit veralteten Heizungen leben. Jeder siebte Haushalt in der EU ist von Energiearmut bedroht.
Grund genug für die EU, die Fakten zu prüfen. Deshalb hat Brüssel eine Untersuchung finanziert, in der neun Teams aus fünf EU-Staaten dem Phänomen auf den Grund gehen: die European Fuel Poverty and Energy Efficiency-Studie (EPEE). Das Ergebnis ist ein praktischer Leitfaden zur Armutsbekämpfung, der auch im Internet veröffentlicht ist. Mit dabei waren Frankreich, Großbritannien, Belgien, Spanien und Italien. In Deutschland gibt es keine Studien zur Energiearmut. Die Bundesrepublik hat sich an dem Projekt nicht beteiligt.
In Frankreich gibt es einen Unterstützungsfonds Fonds Solidarite Logement in jedem Departement, der Verbrauchern hilft, die Schulden bei ihrem Energieversorger haben. 2004 wurden 45 Millionen Euro dafür ausgegeben. Seit Januar 2005 gibt es spezielle Tarife für Geringverdiener (produit de premiere neccessite). Es gibt zwei bis fünf Millionen Energiearme.
Spanien hat das Problem noch nicht aufgegriffen. Wer seine Energierechnung nicht bezahlen kann, landet bei der Sozialhilfe wie in Deutschland auch. Wer nicht zahlt, wird nicht mehr beliefert. Seit 2009 gibt es besonders günstige Tarife für sozial Schwache.
In Italien entscheidet die Energieregulierungsbehörde über Sozialtarife. Es wird nur geringfügig davon Gebrauch gemacht.
Energiearmut wird definiert als die Unfähigkeit, die eigene Wohnung zu angemessenen Preisen warm zu halten.
In England haben Politiker Energiearmut bereits als Problem erkannt. Es gibt bereits umfangreiche Forschungen dazu. So berät zum Beispiel eine Sachverständigenkommission die Regierung in Fragen zur Energiearmut. Fünf Millionen Haushalte, beinahe 20 Prozent der Bevölkerung, geben mehr als zehn Prozent ihres Einkommens für Energie aus und gehören damit nach der britischen Definition zu den Energiearmen. Der Staat gewährt in begrenztem Umfang Darlehen, die die Betroffenen allerdings zurückzahlen müssen. Viele Versorger haben Spendenfonds zur Unterstützung überschuldeter Haushalte eingerichtet. Versorgungssperren sind nur unter eingeschränkten Bedingungen möglich.
In Belgien haben verantwortliche Politiker und die Energiekonzerne Energiearmut als Problem erkannt. Es gibt in Wallonien einen Fonds Energie für Energieschuldner, woraus 2004 vier Millionen Euro gezahlt wurden. Ein anderer Fonds Mebar zielt auf die Erhöhung der Energieeffizienz für bedürftige Haushalte.
Hilfsbedürftigkeit
Welche staatlichen Unterstützungen bieten die EU-Mitgliedsstaaten hilfsbedürftigen Verbrauchern?
Nur acht von 25 Länder haben hilfsbedürftige Energieverbraucher als solche definiert und können über ihre Zahl Auskunft geben. In Deutschland fehlt eine solche Festlegung. Zehn Mitgliedstaaten bieten Betroffenen Hilfsprogramme für die Strom- und Gasversorgung. Deutschland gehört nicht dazu.
In 16 Mitgliedstaaten gibt es nichtökonomische Hilfsprogramme, um hilfebedürftige Verbraucher zu unterstützen. Auch für diesen Punkt gilt: Fehlanzeige in der Bundesrepublik. Allerdings bietet Deutschland wie die meisten Mitgliedstaaten soziale Hilfsprogramme, die nicht speziell auf den Energiebereich zugeschnitten sind.
Download der Studie (PDF): Studie der Europäischen Energieregulatoren Juli 2009 (E09-CEM-26-04)