Wärmewende
Neue Heizung geplant?: Fallstricke beachten
(14. Mai 2024) Wer eine neue Heizung einbauen will, sollte sich vorher genau informieren. Denn nicht nur die Vorschriften des kürzlich novellierten Gebäudeenergiegesetzes sind einzuhalten. Darüber hinaus könnten die kommunale Wärmeplanung, die höhere CO2-Besteuerung und steigende Gasnetzentgelte und damit Gaspreise die Wirtschaftlichkeit der neuen Heizung beeinträchtigen. Um Verbraucher vor diesen Fallstricken zu warnen, hat die Regierung in einem Merkblatt die wichtigsten Informationen verständlich zusammengefasst. Zudem muss sich der Bauwillige fachkundig beraten lassen – das schreibt das Gebäudeenergiegesetz vor (§ 71 Abs. 11 GEG). Allerdings wird die Beratung nicht überprüft und es gibt auch keinerlei Sanktionen, wenn sie nicht stattfindet.
Neue Heizung ab 2024?
Das novellierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Im Wesentlichen kann fast alles weitergehen wie bisher. Verbraucher sollten im eigenen Interesse überlegen, wie schnell sie ihre Heizung emissionsfrei machen können: Klimaschutz, Versorgungssicherheit, Schutz vor fossilen Preissprüngen sind die Belohnung.
Von Aribert Peters
(20. Dezember 2023)
Bestandsgebäude
Funktionierende Heizungen können auch künftig weiter betrieben werden. Dies gilt selbst dann, wenn eine Heizung kaputt geht, aber noch repariert werden kann. Muss eine Erdgas- oder Ölheizung komplett ausgetauscht werden, weil sie nicht mehr repariert werden kann oder über 30 Jahre alt ist (bei einem Konstanttemperaturkessel), gibt es pragmatische Übergangslösungen und mehrjährige Übergangsfristen (siehe unten). In Härtefällen können Eigentümerinnen und Eigentümer von der Pflicht zum erneuerbaren Heizen befreit werden. Das Gesetz schreibt vor dem Einbau einer neuen Heizung eine Beratung vor (GEG § 71 Abs.11). Jedoch sieht es keine Kontrolle über die erfolgte Beratung vor.
Neubau eines Gebäudes
Ab 2024 muss jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. In Neubaugebieten greift diese Regel direkt ab 1. Januar 2024. Für bestehende Gebäude und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten gibt es längere Übergangsfristen: In Großstädten (mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner) werden klimafreundliche Energien beim Heizungswechsel spätestens nach dem 30. Juni 2026 Pflicht. In kleineren Städten ist der Stichtag der 30. Juni 2028. Gibt es in den Kommunen bereits vorab eine Entscheidung zur Gebietsausweisung für zum Beispiel ein Wärmenetz, die einen kommunalen Wärmeplan berücksichtigt, können frühere Fristen greifen.
Neue Heizung vor der Wärmeplanung
Kommunen müssen eine Wärmeplanung aufstellen: bis 30. Juni 2026 in Kommunen ab 100.000 Einwohnern, bis 30. Juni 2028 in Kommunen bis 100.000 Einwohner. Bis dahin dürfen in Bestandsgebäuden weiterhin neue Heizungen eingebaut werden, die mit Öl oder Gas betrieben werden. Allerdings müssen diese ab 2029 einen wachsenden Anteil an erneuerbaren Energien wie Biogas oder Wasserstoff nutzen:
- 2029: mindestens 15 Prozent
- 2035: mindestens 30 Prozent
- 2040: mindestens 60 Prozent
- 2045: 100 Prozent
Neue Heizung im Bestand nach der Wärmeplanung
Nach Ablauf der Fristen für die Wärmeplanung in 2026 beziehungsweise 2028 können grundsätzlich auch weiterhin Gaskessel eingebaut werden, wenn sie mit 65 Prozent grünen Gasen (Biomethan oder grünem oder blauem Wasserstoff) betrieben werden. Wird auf der Grundlage der Wärmeplanung ein verbindlicher und von der Bundesnetzagentur genehmigter Fahrplan für den Ausbau oder die Umstellung eines bestehenden Gasnetzes auf Wasserstoff vorgelegt und kann die Gasheizung auf 100 Prozent Wasserstoff umgerüstet werden, kann die Gasheizung noch bis zur Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff mit bis zu 100 Prozent fossilem Gas betrieben werden. Lässt sich der Anschluss an ein Wasserstoffnetz nicht wie geplant realisieren, muss innerhalb von drei Jahren auf eine Heizung umgerüstet werden, die mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird.
Mieterschutz
Mieterinnen und Mieter werden vor hohen Kosten geschützt: Vermietende dürfen zwar künftig bis zu 10 Prozent der Kosten umlegen, wenn sie in eine neue Heizungsanlage investieren beziehungsweise modernisieren. Die Umlage ist jedoch gedeckelt: Die monatliche Kaltmiete pro Quadratmeter und Monat darf um maximal 50 Cent steigen. Wurde die Modernisierungsmaßnahme vom Bund gefördert, muss die Fördersumme von der gesamten Modernisierungssumme abgezogen werden, bevor die Kosten umgelegt werden.
Förderung der Heizungsumstellung
Den Umstieg auf eine Heizung, die mit 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben wird, fördert der Bund mit verschiedenen Zuschüssen und zinsvergünstigten Krediten. So soll sichergestellt werden, dass sich insbesondere auch Bürgerinnen und Bürger mit unterem und mittlerem Einkommen den Umstieg auf klimafreundliche und zukunftsfähige Heizungen leisten können.
Alle Maßnahmen zum Einbau eines neues Heizsystems werden durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM) wahlweise mit einem Zuschuss oder einem zinsgünstigen Kredit unterstützt. Wer ab 2024 eine klimafreundliche Heizung einbaut, erhält eine Grundförderung von 30 Prozent der Kosten. Für den Austausch einer alten fossilen Heizung gibt es bis einschließlich 2028 zusätzlich einen Geschwindigkeitsbonus von 20 Prozent. Einkommensabhängig erhalten Haushalte mit einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 40.000 Euro jährlich noch einmal einen Bonus in Höhe von 30 Prozent. Die Boni können miteinander kombiniert werden. Die Förderung darf aber 70 Prozent der Kosten nicht übersteigen.
- Die Energieberatung durch eine Energieeffizienz-Expertin oder einen Energieeffizienz-Experten können Sie über die Bundesförderung Energieberatung - Wohngebäude (EBW) fördern lassen. Einen Beratenden in Ihrer Nähe finden Sie auf www.energie-effizienz-experten.de
- Für Neubauten steht das Förderprogramm „klimaneutraler Neubau“ des BMWSB zur Verfügung.
- Meine persönlichen Favoriten: www.gebaeudeforum.de und energiewechsel.de
- Erklärvideos: bdev.de/gegvideo
- Fragen und Antworten: bdev.de/gegfaq
- Gesetzestext: bdev.de/gegtext
Heizen emissionsfrei: Klimaneutral bis 2045
Fossilfrei heizen, das ist ein Traum für die Umwelt und auch wirtschaftlich vorteilhaft. Bis 2045 werden wir es gemeinsam geschafft haben. Wie das funktioniert, wird in den -folgenden drei Beiträgen erläutert. Es geht um das Heizungsgesetz (GEG), um das Wärmeplanungsgesetz (WPG), die Förderung und das gemeinsame Heizen mit kalter Nahwärme.
Von Aribert Peters
(20. Dezember 2023) Mehr als ein Drittel des gesamten Energiebedarfs in Deutschland wird zum Heizen unserer Gebäude und zur Versorgung mit Warmwasser verbraucht. Und 14 Prozent der CO2-Emissionen werden hier verursacht. Die Energiewende im Wärmebereich ist zentral, um die klimapolitischen Ziele zu erreichen und die Abhängigkeit von Importen fossiler Energie zu verringern. Bis 2045 muss Deutschland klimaneutral sein. Bis dahin wird die Nutzung von fossilen Energieträgern im Gebäudebereich beendet. Alle Heizungen werden dann vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben.
Die Wärmewende ist wichtig fürs Klima, wirtschaftlich sinnvoll und sozial gerecht – und gibt unseren Kindern eine Zukunft.
Eine Reihe von Studien hat belegt, dass dies möglich ist. Und sogar finanziell vorteilhaft, sowohl für den Einzelnen als auch für das ganze Land. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Reduzierung des Heizenergieverbrauchs durch Verbesserung der Wärmedämmung von Gebäuden und die Umstellung aller Heizungen von fossilen auf erneuerbare Energien.
Bei der Umstellung der Heizungen besonders in verdichteten städtischen Gebieten spielt die Quartiersebene und spielen Nahwärmenetze eine Schlüsselrolle. Denn sie erleichtern und ermöglichen den Umstieg auf erneuerbare Energien. Wir wollen im Folgenden zeigen, welche technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten Nahwärmenetze und insbesondere die kalte Fernwärme bieten, wie sie sich in Bürgerhand zum Vorteil der Bürger nutzen lassen. Es gibt dafür viele bereits umgesetzte Beispiele und Initiativen, die es verdienen, bundesweit Schule zu machen.
Es ist erfreulich und folgerichtig, dass die schrittweise Umstellung von Heizungen, wie sie das Gebäudeenergiegesetz vorsieht, verknüpft wird mit einer gesetzlichen Verpflichtung zur bundesweit flächendeckenden Wärmeenergieplanung der Kommunen (siehe „Kommunale Wärmeplanung: Pflicht oder Kür?“).
Die europäische Gebäuderichtlinie sollte nach dem Plan der EU-Kommission die Mitgliedstaaten zur Sanierung der am schlechtesten gedämmten Gebäude verpflichten. Obwohl sich im Koalitionsvertrag die Regierungsparteien auf eine Unterstützung des Kommissionsentwurfs geeinigt hatten, hat Deutschland genau diese Sanierungsverpflichtung auf EU-Ebene zu Fall gebracht. Das wird künftig zu ganz erheblichen Mehremissionen von CO2 führen, in Deutschland und in der EU – wie eine Studie des Öko-Instituts beziffert hat.
Sozial gerecht
„Die Wärmewende ist auch sozial die richtige Antwort auf die Energiekrise – denn fossiles Heizen wird in der Zukunft noch teurer. Die CO2-Preise werden massiv steigen und als Folge wird es doch diejenigen am härtesten treffen, die am wenigsten haben. Denn sie wohnen oft in den schlechtesten Wohnungen mit alten Heizungen und schlecht gedämmten Wänden. Deshalb ist die Wärmewende wirtschaftlich sinnvoll, wichtig für das Klima und sozial gerecht“, wie Verena Hubertz (SPD) im Bundestag ausführte.
Mit dem Sanierungsrechner zu mehr Effizienz
Mit einem „Sanierungsrechner“ können Sie mithilfe weniger Eckdaten eine Abschätzung des derzeitigen Energieeffizienzzustands und des Heizenergiebedarfs Ihres Gebäudes erstellen lassen. Auf dieser Grundlage erhalten Sie Vorschläge zu Sanierungsmaßnahmen, um die Energieeffizienz Ihres Wohngebäudes zu steigern, und Informationen zu den Kosten und Fördermöglichkeiten. Dazu sind nur wenige Daten notwendig. Dennoch gilt: Je genauer Ihre Dateneingabe, desto höher die Qualität der Abschätzung.
Die Ergebnisse des Sanierungsrechners können als Grundlage für die Besprechung möglicher Einzelmaßnahmen und die Einschätzung ihrer jeweiligen Wirkung genutzt werden. Den Report erhalten Sie inklusive eines Handwerks-Flyers als PDF.
Deutschland will und muss spätestens bis 2045 klimaneutral sein, ebenso die EU. Der Gebäudesektor ist hierzulande größter Energieverbraucher und für 40 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Wie kann hier die Energiewende gelingen? Wie den Widerständen der fossilen Energieträgerlobby begegnet werden?
Kein CO2 mehr aus Deutschlands Häusern
Deutschland will und muss spätestens bis 2045 klimaneutral sein, ebenso die EU. Der Gebäudesektor ist hierzulande größter Energieverbraucher und für 40 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Wie kann hier die Energiewende gelingen? Wie den Widerständen der fossilen Energieträgerlobby begegnet werden?
Von Aribert Peters
(16. Oktober 2023) Die 2020er- und 2030er-Jahre müssen Jahrzehnte der Gebäudemodernisierung in Deutschland sein. Gut gedämmte Häuser brauchen gar keine Heizung mehr. Tausende von Passivhäusern – 2.400 neue Passivhäuser allein im Jahr 2022 – haben das längst bewiesen.
Bessere Wärmedämmung und erneuerbare Energien machen auch Bestandsgebäude klimaneutral.
Besonders wenig Emissionsminderungen gab es in den vergangenen Jahren im Gebäudebereich und im Verkehr. Wie sieht eine Welt ohne Heizungen aus, in der die Häuser trotzdem warm sind, und man ohne Stau, Lärm und Abgase zum Zielort kommt und durch grüne lebenswerte Ortschaften fährt? Jeder ist hier unmittelbar betroffen und trägt dazu bei, eine für ihn passende Lösung zur Emissionsminderung zu finden. Die Regierung setzt den Rahmen für gemeinsames Handeln durch Gestalten der Märkte, durch Förderung und schlussendlich auch durch Verbote.
Drei Elemente der Wärmewende
Um zu klimaneutralen Gebäuden zu kommen, braucht man nach übereinstimmender Expertenmeinung drei Zutaten: Verbesserung der Gebäudedämmung, Abschied von fossilen Heizungen und Wärmenetze, die eine gemeinsame Nutzung von Umweltwärme erleichtern. Stellt man es geschickt an, dann profitieren sowohl Umwelt, Klima als auch Verbraucher. Eine überzeugende Wärmewende könnte sogar weitgehend ohne Verbote auskommen.
Es gibt eine Reihe von klugen Vorschlägen, wie durch Förderung und Forderung ein schneller Abschied von fossilem Heizen gelingen kann. Eine Studie des Wuppertal Instituts aus dem Jahr 2022 schlägt einen Sechs-Punkte-Plan vor, um bis 2035 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu verwirklichen. Das würde einem 1,5-Grad-Minderungspfad gemäß dem Paris-Abkommen entsprechen, laut Studie 11,5 Milliarden Euro an Kosten einsparen und rund 500.000 neue Arbeitsplätze schaffen.
Der Zeitfaktor
Weil Häuser, Heizungen sowie Straßen und Schienennetze über viele Jahre entstehen, gehen Veränderungen nur langsam vonstatten, brauchen Jahrzehnte. Man denke nur an die Sanierungsrate: 1 Prozent aller Häuser wird jährlich saniert. Und eine Heizung wird 20 bis 30 Jahre lang betrieben. Deshalb müssen Änderungen sehr schnell in die Wege geleitet werden. Denn es vergehen viele Jahre, bis die Emissionen dadurch vermindert werden.
Verbesserte Wärmedämmung
Das Sofortprogramm für den Gebäudesektor des Bundeswirtschafts- und Bundesbauministeriums vom 13.7.2022 bringt es auf den Punkt, leider sind dementsprechende Gesetzgebungen ausgeblieben: „Es ist dringend geboten, den existierenden Wärmebedarf durch Energieeffizienzinvestitionen drastisch und schnell zu senken. Der verbleibende Bedarf muss möglichst effizient vor allem durch erneuerbare Energien und Abwärme gedeckt werden. Die Senkung des Wärmebedarfs verringert nicht nur die Kosten für die Verbraucher, sondern ist ein wesentlicher Beitrag zu mehr Komfort, Resilienz sowie Versorgungssicherheit und ermöglicht den Einsatz von Wärmepumpen und Niedertemperatur-Wärmenetzen.“
Der Energieexperte Klaus Michael schrieb 2019 über das Gebäudeenergiegesetz (GEG): „2019 wurde ein GEG verabschiedet, das jahrealte Standards aus EnEV, EnEG sowie EEWärmeG in ein neues Gesetz zementiert und damit falsche Planungssicherheit suggeriert. Es wird absehbar in der nächsten Legislaturperiode von einer klimapolitisch glaubwürdigeren Regierung direkt wieder gekippt. Statt über eine Zementierung des Status quo mit dem GEG sollten wir uns besser Gedanken darüber machen, wie auch im Bestand ein sinnvoller Zwang zur Sanierung besonders schlecht gedämmter und ineffizienter Altbauten sozialverträglich auf den Weg gebracht werden kann.“ Der § 9 des geltenden GEG schreibt vor, dass die Vorgaben für die Effizienz von Gebäuden im Jahr 2023 überprüft und gegebenenfalls erneuert werden.
Höhere Dämmstandards der EU
Die EU berät derzeit über eine Verschärfung der Gebäuderichtlinie EPDB. Ab 2030 müssen alle Neubauten emissionsfrei sein, für alle neuen öffentlichen Gebäude soll das bereits ab 2027 gelten. Auch bei Sanierungen werden neue Mindeststandards für die Energieeffizienz auf EU-Ebene vorgeschlagen, die vorschreiben, dass die leistungsschwächsten 15 % des Gebäudebestands jedes Mitgliedstaats von der Klasse G des Energieausweises auf mindestens die Klasse F hochgestuft werden.
Auch in Deutschland ergeben sich durch die Einführung von Mindeststandards in Verbindung mit einem Förderanspruch deutliche Einsparpotenziale. Dadurch steigt die Akzeptanz von Sanierungen und Eigentümer und Mieter werden finanziell weniger stark belastet.
Wärmedämmung in Europa
In einigen Staaten Europas gibt es Regelungen, um die Gebäudesanierung zu beschleunigen und zu intensivieren. Die Gebäudeeffizienzklassen sind länderweise unterschiedlich festgelegt.
- In England und Wales gibt es seit 2015 ein Vermietungsverbot für private Mietwohnungen mit einer Effizienz schlechter als Klasse E.
- Neu vermietete Wohnungen in Schottland müssen seit 2020 eine Effizienz von E und seit 2022 von D vorweisen. Ab 2025 gilt das für alle Wohnungen.
- In Frankreich gibt es eine Sanierungspflicht bis 2028 für alle Gebäude mit einer schlechteren Effizienz als E.
- In den Niederlanden müssen alle Bürogebäude bis 2023 die Klasse C erreichen. Die Förderung der Wärmedämmung muss den verschärften Anforderungen gerecht werden und sie sozial abfedern.
Regierung will Heizungsmodernisierung
Wie das bei den Heizungen aussieht, darauf haben sich die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag geeinigt. Danach soll jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Koalition bereits am 23. März 2022 entschieden, dass diese Vorgabe möglichst bereits ab dem 1. Januar 2024 für jeden Heizungsaustausch in neuen oder bestehenden Gebäuden gelten soll. Das vermindert die Abhängigkeit von Gasimporten und trägt zum Klimaschutz bei.
Die inszenierte Empörungswelle
Nachdem das Bundeskabinett sich über die Details eines entsprechenden Gesetzes geeinigt hatte, mit einem Vorbehalt der FDP, ging das Gesetz nicht wie üblich an den Gesetzgeber zur Klärung offener Fragen. Sondern es begann – auch entfacht durch die Medien – ein Sturm der Entrüstung im Land bis zum letzten Stammtisch. Die Empörung fokussierte sich auf den grünen Wirtschaftsminister Habeck, obwohl alle Regierungsparteien sich auf dieses Vorhaben geeinigt hatten und sogar auf einen konkreten Gesetzentwurf dazu. Als der Gesetzentwurf dann schließlich in den Bundestag ging, wurde er nicht mehr vor der Sommerpause beschlossen, sondern entsprechend einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu einer ausführlicheren Diskussion ins Parlament zurückverwiesen. Insofern lässt sich derzeit nicht sagen, was der Bundestag im Herbst beschließen wird.
Es lohnt sich jedoch, sich den Entrüstungssturm und seine Hintergründe genauer anzusehen. Weil dies zeigt, in welchem Ausmaß wirtschaftliche Interessen die öffentliche Diskussion und die Gesetzgebung bestimmen.
Die Gaslobby und ihr Wirken
Wenn Haushalte kein Gas und Öl mehr verbrennen, dann sinken die Emissionen in Deutschland um rund 15 %. Das ist notwendig und für den Klimaschutz unumgänglich. Und der Gaswirtschaft entgehen damit Einnahmen in Milliardenhöhe. Versorger können derzeit Gas für 3 ct/kWh an der Börse einkaufen und verkaufen es an Verbraucher in der Grundversorgung im Schnitt für 15 ct/kWh, so eine Recherche des Vergleichsportals Verivox im März 2023. Die Marge von 12 ct/kWh x 278 TWh Gas summiert sich auf 33 Milliarden Euro jährlich. Enthalten sind die Netzentgelte für Gas, die den Gasnetzbetreibern und Kommunen zugutekommen. Die Freunde und Profiteure des Gasverbrauchs sind also politisch breit aufgestellt über alle politischen Ebenen hinweg.
Es liegt nahe, dass die Empörung über „Habecks Heizungshammer“ von der Gaswirtschaft und ihrem Netzwerk vom Zaun gebrochen wurde. Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW spricht von „einer Medienkampagne, auch lanciert von der Gaswirtschaft, die Interesse hatte, das irgendwie so darzustellen, als wenn Robert Habeck jetzt persönlich in jeden Keller rennt und die Heizung rausreißt“.
Mehr Abstand zu fossilen Geschäftsinteressen
Wie eng die Gaslobby mit der Politik verflochten ist, hat eine Studie von Lobby Control im März 2023 aufgedeckt, noch bevor das GEG auf den Tisch kam: „Pipelines in die Politik – Die Macht der Gaslobby in Deutschland“. Die Studie zeigt die engen Verflechtungen der Gaslobby mit der Politik auf, die über Jahrzehnte die Abhängigkeit von Gas ausgebaut und verharmlost hat. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder ist nur ein Beispiel von vielen. Die Untersuchung kommt zu folgendem Schluss: „Ob sich alte Gaslobby-Netzwerke am Ende durchsetzen oder ein Ausstieg aus dem fossilen Energieträger gelingt, hängt nicht allein von der neuen Bundesregierung ab – sondern auch davon, welche gesellschaftlichen Akteure sich in der Debatte Gehör verschaffen können. Dazu braucht es eine Neuausrichtung der Beziehungen zwischen der Bundesregierung und der Gaslobby: Notwendig ist mehr Abstand zu fossilen Geschäftsinteressen, mehr Ausgewogenheit in der Beteiligung verschiedener Interessengruppen sowie mehr Transparenz über politische Entscheidungsprozesse.“
Kostengrab Gas- und Ölheizung
Kemfert weiter: „Was wirklich ein Problem ist, dass immer noch fossile Heizungen im Bestand erlaubt sind und das auch für diverse Jahre. Und die 65-Prozent-Erneuerbaren-Vorgabe soll aktuell nur für Neubauten in Neubaugebieten gelten. Damit ist es wirklich sehr, sehr schwer, die Klimaneutralitätsziele im Gebäudesektor erreichen zu können.“ Schlimmstenfalls liefen die Gasheizungen bis 2045 rein fossil weiter. Nach Ansicht der DIW-Ökonomin trägt das Gesetz die Handschrift der Gaswirtschaft. „Die Gaswirtschaft hat viel Flexibilität bekommen und lobt das Gesetz ja auch.“
Aber: Für Verbraucherinnen und Verbraucher mit Gasheizung werde es in den kommenden Jahren „irrsinnig teuer“, erklärt Kemfert: „Was jetzt passieren wird – und das sagt die FDP ja sehr deutlich – ist, dass man über den CO2-Preis versuchen wird, die Klimaneutralität zu erreichen. Der CO2-Preis wird deutlich nach oben gehen. Die fossile Heizung, die jetzt noch eingebaut wird, wird wirklich zum Kostengrab bis 2045.“
Auch wenn das neue Gesetz die Gasheizungen praktisch weiter zulässt, liegt es doch im Eigeninteresse der Verbraucherinnen und Verbraucher, sich rasch vom fossilen Heizen zu verabschieden. Die Preise für Wärmepumpen werden künftig deutlich fallen, die Kosten für Gas und Öl stark steigen. Eine Studie der Agora Energiewende rechnet mit einem Anstieg der Gasnetzentgelte um den Faktor 16!
Fazit für Verbraucher
Aus Gründen des Klimaschutzes verbietet sich der Neueinbau von Gasheizungen. „Aber auch wirtschaftlich muss man von einer fossilen Gas- oder Ölheizung abraten. Wegen wachsender CO2-Steuern und des Ausbleibens von billigem russischem Gas und Öl ist weiterhin mit sehr hohen Energiepreisen zu rechnen“, so der Energieexperte Michael Brieden-Segler. Erneuerbare Energien wie elektrischer Strom durch PV-Anlagen hingegen senken den Preis für den Einsatz von Wärmepumpen. Hinzu kommen üppige Förderquoten durch den Staat für erneuerbare Heizungen, die für fossile Wärmeerzeuger wegfallen.
- Wuppertal Institut, „Heizen ohne Öl und Gas bis 2035“
- Sofortprogramm für erneuerbare Wärme und effiziente Gebäude
- Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft: „Was Erdgas wirklich kostet: Roadmap für den fossilen Gasausstieg im Wärmesektor“
- Regulatory Assistance Project: „Energetische Mindeststandards für den Gebäudebestand“
- Faktencheck Mindesteffizienz
- Bezahlte Kampagne der Gaslobby gegen Wärmepumpen in Großbritannien
- Claudia Kemfert und die Gaslobby
- Lobby Control: „Pipelines in die Politik“
- Agora-Studie zu Gasnetzentgelten
Öl- und Gasheizung ade!
Der langsame Abschied vom fossilen Heizen ist unausweichlich und notwendig. Konflikte waren absehbar. Die Debatte -darüber gerät
jedoch zur Groteske. Wir stellen dar, was die Regierungskoalition am Kabinettstisch beschlossen hat.
Von Aribert Peters
(25. Juli 2023) Es erscheint grotesk, dass immer noch Häuser neu gebaut werden, die keine Passivhäuser sind, dass es kein Tempolimit auf Autobahnen gibt und 40 % aller Neuwagen SUV sind, Tendenz steigend. Dass Fleischverzehr durch 7 % Mehrwertsteuer subventioniert wird und ein größerer Teil von Lebensmitteln nicht gegessen, sondern einfach weggeworfen wird.
Die weitere Nutzung fossiler Energieträger ist ein Brandbeschleuniger für die nächsten noch viel schlimmeren Klimakatastrophen.
Ende des fossilen Heizens
Das Heizen muss schleunigst erneuerbar werden. Ein allmählicher Abschied vom fossilen Heizen ist zwar sozial verträglicher. Er muss aber ohne Zögern beginnen, weil die Emissionsminderung erst nach und nach greift.
Deutschland steht damit nicht allein: Dänemark, Schweden, Frankreich, die Niederlande und Österreich haben teilweise bereits schon vor Jahren entsprechende Regelungen getroffen. Seit 2013 gilt beispielsweise in Dänemark ein Verbot für den Einbau von Öl- und Erdgasheizungen in Neubauten.
Der Regierungsentwurf
Die Regierung hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung auf ein Ende der fossilen Heizungen geeinigt und das Bundeskabinett dazu am 19.4.2023 eine konkrete Gesetzesänderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gemeinsam beschlossen. Der Bundesrat hat diesem Gesetz grundsätzlich bereits zugestimmt.
Im Kern geht es um einen einzigen Paragrafen, nämlich den § 71 GEG. Im Entwurf werden die Anforderungen an neue Heizanlagen folgendermaßen formuliert: „Heizungsanlagen dürfen zum Zweck der Inbetriebnahme in einem Gebäude nur eingebaut oder aufgestellt werden, wenn sie mindestens
65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme … erzeugen. Der Gebäudeeigentümer kann frei wählen, mit welcher Heizungsanlage er diese Vorgaben erfüllt.“ Welche Heizungen genau betroffen sind, wann und wie sie umzurüsten sind und welche Ausnahmen und Förderungen es für die Umstellung gibt, das wird derzeit sehr intensiv diskutiert.
Der Gesetzentwurf nennt mehrere gleichberechtigte (technologieneutrale) Erfüllungsmöglichkeiten für die 65-Prozent-EE-Pflicht.Danach dürfen alle fossilen Heizungen weiter betrieben werden – längstens allerdings bis 2044. Wenn eine Heizung unreparierbar kaputtgeht, muss sie nicht sofort umgestellt werden, sondern man hat drei Jahre Zeit; nach dem Entwurf sind Eigentümer über 80 Jahre sogar komplett davon ausgenommen. Wer sich verpflichtet, sein Haus in Zukunft an ein Wärmenetz anzuschließen, soll nach einer Havarie sogar zehn Jahre Zeit bekommen, dies zu tun. Und last, but not least: Bezieher von Transferleistungen sollen nach § 102 komplett von den Anforderungen der „Mindestens-65-Prozent-EE-Regelung“ ausgenommen werden.
Wärmepumpen sparen Geld
In der Gesetzesbegründung wird berechnet, wie viel Geld man durch eine Umstellung der Heizung auf erneuerbare Energien einsparen kann: In einem unsanierten Einfamilienhaus ist die Luft-Wasser-Wärmepumpe in allen Sanierungszuständen die wirtschaftlichste Erfüllungsoption, die Einsparungen liegen bei rund 20.000 Euro unter Einbeziehung der Investitionskosten für die Wärmepumpe.
Wärmepumpen können die Lösung bei der Neugestaltung der Energieversorgung in den eigenen vier Wänden sein.
Kostengünstige Lösungen
Mit kostengünstigen Split-Klimageräten (siehe ED 1/2023) lässt sich in vielen Fällen die 65-Prozent-Vorgabe auch ohne großen Aufwand einhalten. Das zeigt ein Video von Carsten Herbert.
Stand der Diskussion
Unterstützt von Springer-Presse, Opposition, Klimaleugnern und gar Teilen der FDP fegt derzeit ein Sturm gegen das Gesetz durchs Land. Die Debatte wird voll Hass und Unsachlichkeit geführt. Bis zum Redaktionsschluss war nicht abzusehen, in welcher Form das umstrittene neue Gebäudeenergiegesetz vom Bundestag beschlossen werden wird. Doch eines ist klar: Letztendlich muss es den klimapolitischen Notwendigkeiten gerecht werden und darf die Bürger nicht überfordern.
Wärmewende und Sektorenkopplung neu denken
Ökostrom kann auch im Wärmesektor hocheffizient eingesetzt werden und dadurch fossile Energieträger einsparen. Allerdings kommt es auf das richtige Zusammenspiel aller Faktoren der Energiewende an – und auf den zügigen Ausbau der Erneuerbaren.
Von Axel Horn
(11. Mai 2023) Die gute Nachricht zuerst: Elektrischer Strom aus erneuerbaren Energien ist eine hocheffiziente Energieform. Wenn er direkt genutzt wird, spart das nicht nur die Erzeugung derselben Strommenge in einem konventionellen Kraftwerk ein, sondern zusätzlich noch einmal so viel fossile Energie, die sonst als Abwärme aus dem Kraftwerk kommen würde. Eine ähnlich ineffiziente Überproduktion von Abwärme ist bei jedem Auto mit Verbrennungsmotor zu beobachten, wo der größere Teil des Kraftstoffs im Kühler und nicht bei den Rädern ankommt.
Dieselben Gesetzmäßigkeiten der Thermodynamik wirken in umgekehrter Richtung beim Einsatz elektrischer Energie in Wärmepumpen. Hier zieht die elektrische Energie zusätzlich zweimal so viel Wärme aus der Umgebung.
Zweimal mit dem Faktor 3 Energie eingespart – in den Kraftwerken wie in den Häusern? Das klingt überzeugend und daher ist es nicht verwunderlich, dass Ökostrom nicht nur für herkömmliche Anwendungen im Stromsektor zum Einsatz kommen soll, sondern zunehmend auch bei der Mobilität und im Wärmesektor. Das Schlagwort dafür lautet Sektorenkopplung.
Axel Horn ist seit 1991 Mitglied und Experte für Solarthermie im Bund der Energieverbraucher. Seit 1992 betreut er Fachfirmen bei der Planung, Installation und Optimierung von Heizungsanlagen auf Basis von Ökoenergien. www.ahornsolar.de
Hindernisse der Sektorenkopplung
Zuallererst fehlt es beim Ökostrom noch an der Menge: Im Durchschnitt der letzten Jahre liegt der Anteil der Stromerzeugung aus Wind und Sonne hierzulande erst bei knapp 40 %. Gemessen an dem durch die Sektorenkopplung zukünftig doppelt so hohen Stromverbrauch sind das nur 20 %. Wir müssen uns also noch lange Zeit entscheiden, wofür wir eine frisch produzierte Kilowattstunde Ökostrom einsetzen wollen. Diese spart 1 kWh Kohlestrom und damit 3 kWh Kohle ein. Stattdessen kann sie zum Antrieb eines Autos genutzt werden und damit 2 kWh Diesel einsparen; oder sie erzeugt 1 kWh Wärme und spart dabei mittels Wärmepumpe 3 kWh Gas ein. Mit einem Elektroheizstab ist es allerdings nur 1 kWh Brennstoffeinsparung. So oder so ist jede kWh Ökostrom nur einmal einsetzbar – am Schluss hat sie sich in Wärme aufgelöst.
Ohne eine Verfünffachung der Windräder und PV-Anlagen wird die „Energiewende durch Elektrifizierung“ nicht funktionieren, ist die allgemein gängige Annahme. Das ist an sich kein unüberwindliches Problem. In den 1990er-Jahren noch wurde den erneuerbaren Energien nachgesagt, sie könnten nicht mehr als 5 % des Stromverbrauchs decken. Das haben wir durch technologischen Fortschritt und immer bessere Wirtschaftlichkeit der Windenergie- und PV-Anlagen weit hinter uns gelassen.
Während aber in den Pionierzeiten tatsächlich jede Kilowattstunde aus Erneuerbaren-Anlagen jederzeit ins Stromnetz eingespeist werden konnte, zeigen sich jetzt erste Sättigungseffekte. Wenn der Stromverbrauch der Industrie gedeckt ist, die E-Autos vollgeladen sind und die Wärmepumpen alles in den Häusern maximal aufgeheizt haben, ist der viele Strom aus Wind und Sonne ohne Speicher nichts mehr wert.
Stromumwandlung in Wärme
Elektrische Energie lässt sich mit geringem technischem Aufwand in Wärme umwandeln. So sind in letzter Zeit viele große Anlagen entstanden, mit denen die zeitweisen Windstromüberschüsse zur Einspeisung beispielsweise in Wärmenetze verramscht werden. Von der anfangs beschriebenen Effizienz mit Faktor 3 bleibt dabei allerdings nichts mehr übrig. Ebenso ist zu beobachten, dass Photovoltaikstrom vom eigenen Dach nicht nur dann zur ineffizienten direktelektrischen Wärmeerzeugung genutzt wird, wenn er „überschüssig“ ist, sondern wenn die Wärmepumpe mit ihrer elektrischen Leistungsaufnahme nicht mithalten kann oder überhaupt nicht vorhanden ist.
Direktelektrische Wärmeerzeuger haben immerhin den Vorteil, dass sie sich mit geringem Aufwand zusätzlich in ein Heizsystem integrieren lassen. Daher sind sie auch dann wirtschaftlich, wenn sie nur betrieben werden, solange ausreichend Ökostrom zur Verfügung steht. Wärmepumpen laufen dagegen häufig als einziger Wärmeerzeuger im Haus auch dann noch, wenn überwiegend Fossilstrom aus dem Netz kommt. Dann holen sie bestenfalls die Wärme aus der Luft, die im Kraftwerk als Abwärme verloren geht. Rein energetisch betrachtet ist das nicht besser oder schlechter als bei einem Gaskessel, der ebenfalls 100 % des Brennstoffs in Wärme umwandelt. Aber der Umweg über den Strom erfordert den Bau neuer Gaskraftwerke und Stromleitungen.
Wärmenetze als Schlüssel für Abwärmenutzung
Letztlich endet jede hochwertige Energie nach der letzten Umwandlung, Speicherung und Nutzung als Wärme. Für den Wärmesektor mangelt es nicht an Abwärme, nur an Infrastruktur, diese nutzbar zu machen. Bereits jetzt nutzen viele Wärmenetze die Abwärme aus konventionellen Kraftwerken. Bei der Umstellung auf ein zu 100 % erneuerbares Energiesystem entsteht so das Problem, nicht genügend Abwärme aus den Kraftwerken zu erhalten, solange Wind und Sonne diese überflüssig machen. Genau dann ist aber günstiger Strom verfügbar, um mit einer Großwärmepumpe das Abwärmepotenzial anzuzapfen und damit das Wärmenetz zu versorgen.
Wettlauf um das CO2-Restbudget
Der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, der Strom- und Wärmenetze sowie Stromspeicher und der Wasserstoffwirtschaft ist nicht innerhalb weniger Jahre zu schaffen. Es wird bis 2030 dauern, um wenigstens ein Drittel der Heizungsanlagen mit einer elektrischen Wärmepumpe auszurüsten. Wenn es gut läuft, wird dann ein weiteres Drittel aus dem Fernwärmenetz versorgt. Aber das letzte Drittel wird unvermeidlich noch über zehn Jahre lang mit fossiler Energie beheizt werden. Für alle Gebäude gilt daher, dass schon in der Zeit bis zur Installation der Ideallösung Maßnahmen durchgeführt werden sollten, die den Verbrauch fossiler Energie zumindest anteilig senken.
Die Bundesregierung macht dabei Druck: Ab dem 1. Januar 2024 soll eine Heizungsanlage nach dem fällig werdenden Austausch des Wärmeerzeugers zu 65 % erneuerbare Energien nutzen. Viele Fachleute fragen sich, wie das für Gebäude umsetzbar ist, die weder für eine Wärmepumpenheizung noch für einen Holz- beziehungsweise Pelletkessel geeignet sind und für die kein Anschluss an ein Wärmenetz verfügbar ist.
Solarthermie als Stauumfahrung der Energiewende
Solarthermie bietet die Chance, kurzfristig und ohne eine zusätzliche Belastung des Stromnetzes den Verbrauch fossiler Energien einer Heizungsanlage deutlich zu verringern. Die bei heizungsunterstützenden Anlagen zusammen mit den Sonnenkollektoren installierte Speichertechnik und hocheffiziente Wärmenutzung stellt eine hervorragende Basis für die spätere Umstellung auf eine Wärmepumpe oder einen Wärmenetzanschluss dar.
Wärmepumpen sollten vorrangig für das Beheizen von Häusern eingesetzt werden, in denen sie mit dem knappen Ökostrom ein Maximum an Wärme erzeugen. Aktuelle Wärmepumpen sind zwar in der Lage, auch höhere Vorlauftemperaturen zu erzeugen. Aber dieselben Kilowattstunden Heizwärme kosten bei 55 °C Vorlauftemperatur für einen Radiatorheizkreis 30 bis 50 % mehr Strom als bei 35 °C für einen Flächenheizkreis.
Jede zusätzliche Heizfläche, die es ermöglicht, die Auslegungstemperatur eines Heizkreises zu senken, vermindert zwar nicht
die Wärmemenge, die in die Raumheizung fließt, aber die elektrischen Kilowattstunden, die von der Wärmepumpe verbraucht werden und teuer bezahlt werden müssen. Es lohnt sich also, Altbauten zur Senkung der Heizkreistemperaturen energetisch so zu sanieren, dass der Stromverbrauch der Wärmepumpe bezahlbar bleibt. Ansonsten investiert man besser in einen Pelletkessel, der weniger Probleme mit hohen Heizkreistemperaturen hat. Biomassekessel müssen jetzt übrigens mit einer solarthermischen Anlage oder Wärmepumpe kombiniert sein, um Zuschüsse aus dem Bafa-Förderprogramm zu erhalten.
Für die Wärmewende steht eine Vielzahl an unterschiedlichen technischen Lösungen zur Verfügung. Wir müssen alle nutzen, um die Klimaschutzziele zu erreichen.