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Dem Stromverbrauch auf die Schliche kommen

Wissen Sie, wie viel Strom Sie heute schon verbraucht haben und wofür genau? Louis-F. Stahl hat für Sie drei Energiekostenmonitore getestet, mit denen der eigene Stromverbrauch einfach durchleuchtet werden kann.

(9. April 2015) Ein beiläufiger Blick aus dem Fenster vermittelt mir einen guten Eindruck, wie das Wetter ist und welche Kleidung passen würde. Beim Stromverbrauch hingegen befinde ich mich – wie die meisten Verbraucher – im Blindflug. Einmal im Jahr wird der Zähler abgelesen und eine zumeist überraschende Nachzahlung oder Rückerstattung wird ermittelt. Umsichtige Zeitgenossen lesen ihren Stromzähler monatlich ab oder prüfen den Stromverbrauch einzelner Geräte mit einem zwischensteckbaren Messgerät – zumindest die Richtung, in die der Blindflug geht, wird damit deutlich.

100 Jahre alte Technik

Bereits seit 2006 sollen laut der EU-Richtlinie 2006/32/EG Smart Meter zum Einsatz kommen, die „den tatsächlichen Energieverbrauch des Endkunden und die tatsächliche Nutzungszeit anzeigen“. Getan hat sich seitdem wenig: Ich selbst habe von meinem Netzbetreiber kürzlich einen neuen Ferraris-Zähler mit Drehscheibe und Rollenzählwerk erhalten, also Technik von vor 100 Jahren. Aufgrund der Liberalisierung des Messwesens könnte ich mir zwar ein Smart Meter von Yello oder Discovergy installieren lassen (Bericht in ED 2/2013), neben Installationskosten von 70 bis 80 Euro kämen aber jährlich Messgebühren in Höhe von 60 bis 100 Euro hinzu, die sich mit Stromsparen niemals wieder hereinholen lassen – und nicht jeder Stromanbieter beliefert Kunden mit einem Smart Meter.

Eigenes Monitoring

Während Netzbetreiber und Stromzählerhersteller mit dem „Messsystem 2020“ einen neuen Anlauf für den „Smart Meter Rollout“ in ferner und ungewisser Zukunft vorbereiten, können sich findige Verbraucher schon heute für kleines Geld selbst mit smarter Messtechnik ausrüsten. Der abrechnungsrelevante Stromzähler des Netzbetreibers bleibt dabei bestehen. Grundsätzlich lassen sich die frei erhältlichen Energiekostenmonitore in zwei Gruppen einteilen: Entweder wird der bestehende Zähler optisch ausgelesen, oder die Monitore messen den Strom selbst.

Für eine optische Auslesung des bestehenden Stromzählers muss dieser zugänglich sein, damit eine Art „Kamera“ beziehungsweise ein „Auslesekopf“ auf die Glasscheibe des Stromzählers geklebt werden kann. Befindet sich der Stromzähler in einem abgeschlossenen Schrank oder ist der Stromzähler mehrere Stockwerke entfernt und damit außerhalb der Funkreichweite der Monitoringsysteme, scheidet die optische Stromzählerauslesung aus.

Selbstmessende Energiekostenmonitore arbeiten hingegen vollkommen unabhängig vom Stromzähler und setzen auf sogenannte „Stromzangen“ oder „Stromschellen“. Diese Schellen werden einfach um die Hauptstromleitung geklemmt und messen den Strom induktiv. Als Installationsort eignet sich in der Regel der Sicherungskasten, der aus Sicherheitsgründen vor der Installation unbedingt durch Ausschalten der Hauptsicherungen am Zähler spannungsfrei geschaltet werden muss.

Wattcher

Als erster Testkandidat durfte sich der „Wattcher“ beweisen, der sowohl Ferraris-Zähler mit Drehscheibe als auch elektronische Stromzähler mit einer blinkenden LED auslesen kann. Dank eines funktionalen Designs in Verbindung mit einer bebilderten und einfach nachvollziehbaren Installationsanleitung dauert die Inbetriebnahme nur etwa 30 Minuten. Der Auslesekopf wird direkt auf den Stromzähler geklebt und per Kabel mit dem batteriebetriebenen Sender verbunden. Im Wohnraum muss lediglich das Display in eine beliebige Steckdose gesteckt werden und anschließend die „Zählerkonstante“ vom Typenschild des Stromzählers ausgewählt werden. Im Basisset für 94 Euro ist neben dem Auslesekopf und einem Funksender ein Display für den Wohnraum enthalten, das Auskunft über den momentanen Stromverbrauch, aber auch den aktuellen Tagesverbrauch, den durchschnittlichen Tagesverbrauch und prozentuale Einsparungen oder Mehrverbräuche gibt. Das Display des Wattchers ist jedoch nur einzeilig und mit einem Knopf zum Wechseln der Anzeige ausgestattet. Es gibt keinerlei Aufschluss über Verbrauchsverläufe, den sogenannten Lastgang. Erst das größte Wattcher-Set mit Datenlogger für 159 Euro zeichnet alle Daten auf und ermöglicht eine Auswertung am Computer über ein Webportal des Herstellers. Vertrieben werden die aus den Niederlanden stammenden Wattcher in verschiedenen Farben und Sets vom deutschen Distributor „Grünspar“.

Testvideo: https://youtu.be/VF5ZS9xEN9I

1779 Wattcher

Der Wattcher ist den Lesern aus früheren Heften bekannt. Wenn Stromzähler in Zählerschränken verschlossen sind, kann der Wattcher nicht montiert werden.

GEO Ensemble

Eine deutlich aufschlussreichere Verbrauchsanzeige am Display für den Wohnraum verspricht das „GEO Ensemble“ für 100 Euro vom Händler „Stromgraf“. Als Zubehör werden ein Web-Pack zur Auswertung über das Web-Portal „Energynote“ für 40 Euro sowie schaltbare Funksteckdosen mit eingebauter Verbrauchsmessung zum Preis von je 40 Euro angeboten. Erhältlich sind zwei Varianten für die Auslesung von Zählern mit einer blinkenden LED und für eine Messung über Stromschellen. Als Anleitung liegen dem Ensemble lediglich zwei A4-Seiten mit allgemeinen Hinweisen bei. Versteckt auf der Webseite des Herstellers findet sich ein PDF-Handbuch, das jedoch essenzielle Schritte der Einrichtung, wie die Kopplung von Display und Sensor, nicht hinreichend beschreibt. Eine dritte Anleitung fand sich auf dem Auswertungsportal „Energynote“. Doch auch bei dieser Anleitung waren einige Schritte falsch erklärt. Mit viel Tüftelei ist es uns schließlich gelungen, alle Komponenten zu koppeln. Dann versagte jedoch das Webportal unserem Testmuster die Verbindung wegen einem fehlerhaften „SecureCode“. Nach über vier Stunden haben wir den Inbetriebnahmeversuch des GEO Ensemble frustriert abgebrochen.

Testvideo: https://youtu.be/WJlMmTNJHvk

1779 GEO Ensemble

Installation der Stromschellen am spannungsfreien und geöffneten Sicherungskasten. Links unten eine große Stromschelle vom „GEO Ensemble“, rechts daneben eine viel kompaktere Stromschelle vom „Smappee“.

Smappee

Anders als beim Wattcher und GEO Ensemble gibt es beim „Smappee“ für 200 Euro kein Display für den Wohnraum. Dafür setzt Smappee zwingend ein Smartphone mit iOS oder Android voraus und kommt ab Werk mit einem eingebauten WLAN-Modul sowie einer Funksteckdose.

Zur Installation müssen die Stromschellen in der richtigen Richtung über die Stromleitung geklippt und die Smappee-Box mit Strom versorgt werden, wozu am Installationsort eine Steckdose erforderlich ist. Da die Stromschellen des Smappee sehr kompakt sind, war die Installation in einem kleinen Sicherungskasten problemlos möglich. Die gesamte Inbetriebnahme mit Herunterladen der Smappee-App dauerte keine 20 Minuten. Passende Funksteckdosen sind in Sets mit drei Steckdosen und einer Fernbedienung für 35 Euro oder sechs Steckdosen und zwei Fernbedienungen für 60 Euro erhältlich. Die Funksteckdosen lassen sich auch aus der Ferne über die App, zeitgesteuert oder ereignisorientiert schalten. Als besonderes Bonbon vermag der Smappee Geräte anhand ihres Verbrauchsverhaltens zu erkennen und kann nicht nur den Gesamtverbrauch anzeigen, sondern auch den Verbrauch und die Stromkosten der einzelnen Geräte. Bei kleinen Verbrauchern wie Radios oder Lampen funktioniert dies zwar nur leidlich, bei Verbrauchern mit klarer Struktur wie einer Heizdecke, dem Kühlschrank oder dem Backofen ist eine klare Zuordnung jedoch problemlos möglich. Durch diese Funktion können spielend Stromfresser und Standby-Sünder im Haushalt aufgespürt werden.

Bezugsquelle: Smappee Energiemonitor bei amazon.de

Testvideo: https://youtu.be/pE61NQRQ0d4

1779 Smappee-App

Grafische Auswertung des Gesamtverbrauchs durch Darstellung eines Lastgangs (grau) mit eingeblendeter Grundlast (blau) in der Smappee-App.Auch die Auswertung einzelner Geräte ist möglich, wenn diese vom Smappee erkannt wurden.

Autofahren ohne Tacho?

Während ein Tachometer im Auto zwingend vorgeschrieben ist, liegt es am Stromverbraucher selbst, sich einen Tacho zu besorgen. Im Ergebnis haben sich der Wattcher als einfacher Verbrauchstacho zum kleinen Einstiegspreis sowie der Smappee als Hightech-Bordcomputer mit genauen Analysefunktionen und smarten Hinweisen zur Verbrauchsoptimierung als empfehlenswerte Produkte erwiesen. Wer lieber lötet, bastelt und programmiert, findet mit dem Projekt www.volkszaehler.org auch Anregungen zum Selbstbau eines eigenen Smart Meter.

letzte Änderung: 23.12.2018