ED 01/13 Die 1.000-Watt Lösung von Köln (S.17)
ED 04/13 Zählertausch: Großbritannien wird smart (S.23)

Kartellamtsverfahren gegen Stromversorger

Weitere Wechsel-Zwangsgelder?

(31. Dezember 2010) Die Bundesnetzagentur hat weiteren Stromversorgern und Netzbetreiber ein Zwangsgeld angedroht, sollten sie ihre Probleme bei der Umsetzung der Wechselprozesse nicht bis Ende Januar 2011 beheben. Betroffen sind E.ON Hanse und E.ON Bayern, die EGT Energie, die SWR Energie sowie die Stadtwerke Pinneberg, Haslach, Bad Neustadt an der Saale und Braunlingen.

Die Unternehmen hatten zuvor mitgeteilt, die Prozesse nicht fristgerecht zum 1. Oktober voll umsetzen zu können. Als erster Unternehmen muss E.ON Edis nach 650.000 Euro im September im Oktober ein Zwangsgeld von 1,3 Mio Euro zahlen. Der Versorger klagt dagegen beim OLG Düsseldorf.

Bundesnetzagentur verhängt Zwangsgeld

Strafe für E.ON edis

Strafe für E.ON edis

(17. Oktober 2010, geändert 13. Dezember 2010) 1.300.000 Euro Strafe wegen der Behinderung des Stromanbieterwechsels muss die E.on edis AG aus Fürstenwalde zahlen. Das geht aus einer Zwangsgeldfestsetzung der Bonner Bundesnetzagenturhervor. Das Dokument verweist darauf, dass E.on edis die Aufforderung, Missstände beim Stromanbieterwechsel und bei der Bereitstellung von Daten zu beseitigen, missachtet habe.

Hintergrund ist der Vorwurf von lekker Strom und der Hamburger LichtBlick AG, E.on behindere systematisch den Wettbewerb auf Regionalebene und stelle Abrechnungsdaten und Protokolle von abgeworbenen Kunden nicht oder nur verspätet bereit. E.on edis begründete die Verzögerungen mit der EDV-Umstellung. Viele Tausend Verbraucher sind betroffen, die über den Stand des Lieferantenwechsels im unklaren bleiben und verärgert und verunsichert sind.

Bis 20. Januar 2011 muss E.on edis nun Ordnung schaffen, sonst hat die Bundesnetzagentur bereits ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 1.300.000 Euro angedroht.

Entscheidung Zwangsgeldfestzungen der Bundesnetzagentur (BK6-10-124)

Ein Stück aus dem Tollhaus

Wie Energieversorger den öffentlich gepredigten Wettbewerb

Ein Stück aus dem Tollhaus

(03. April 2010) Von wegen soziale Marktwirtschaft: Vorstände und Geschäftsführungen der Energieversorger predigen zwar öffentlich den Wettbewerb, sorgen in der täglichen Realität aber genau dafür, dass sich dieser samt seinen positiven Wirkungen für Verbraucher praktisch nicht entfalten kann. Viele bewegen sich dabei am Rande der Legalität.

34_Tollhaus

Verfahren der EU gegen E.on Gas

In dieser Ausgabe geht es um die Behinderung des Wettbewerbs in den Gasfernleitungsnetzen durch E.on Gas. Die EU-Kommission hatte im Dezember 2009 eine entsprechende Untersuchung eingeleitet. Das betroffene Unternehmen einigte sich noch im gleichen Monat praktisch mit Überschallgeschwindigkeit mit der EU-Kommission: E.on reduziert seine eigenen Buchungen der festen Importkapazitäten um etwa die Hälfte bis Ende 2015. Brüssel verzichtet im Gegenzug auf eine Geldbuße. Möglicherweise spielte dabei eine Rolle, dass noch sehr hohe Strafen vom Juli 2009 im Raum standen.

E.on blockierte seine Leitungen für den Wettbewerb

Immerhin gelang so, was jahrelang angeblich unter keinen Umständen zu bewerkstelligen war. Doch der Verkauf der Gasnetze, den Brüssel dem Unternehmen eigentlich zur Auflage machen wollte, ist nun verhindert. Aber nicht nur an den deutschen Grenzen, auch im Inland schotten die Ferngasnetzbetreiber den Markt ab. Das Bundeskartellamt hat sich auch dieses Themas angenommen und dazu einen Abschlußbericht vorgelegt (B10-7/09), der die derzeitige wettbewerbsbehindernde Struktur bestätigt. Das Kartellamt fordert, die Probleme durch eine Novellierung der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) zu lösen.

Highlights aus 2009:
  • Januar: Geldbußen für Lustreisen korrupter Kommunalpolitiker auf Kosten von Gasversorgern; ca. 1.000 Verfahren wurden allein in Köln eingeleitet.
  • Februar: Der Bundesgerichtshof verbietet endgültig marktabschottende Gaslieferverträge.
  • März: Die EU-Kommission ermittelt gegen E.on Gas und GdF Suez wegen Marktabsprachen, Ermittlungen wegen Preismanipulationen.
  • April: Die EU-Kommission beschließt Untersuchung der Stromtarife.
  • Mai: Die Stadtwerke Traunstein bestätigen, daß es bei der Strompreisbildung nicht mit rechten Dingen zugeht.
  • Juni: Die EU-Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren wegen nicht umgesetzter Energiemarktregeln auch gegen Deutschland ein.
  • Juli: Die EU-Kommission verhängt Rekord-Kartellstrafen gegen E.on und GdF Suez in Höhe von je 500 Millionen Euro.
  • August: Das Bundeskartellamt eröffnet ein Missbrauchsverfahren wegen überhöhter Konzessionsabgaben.
  • September: Das Bundeskartellamt leitet eine Untersuchung wegen Missbrauchs marktbeherrschender Stellung im Fernwärme- und Heizstromsektor ein.
  • Oktober: Die Bundesnetzagentur bietet Lösung zur schnellen Beilegung von Hunderten Gerichtsverfahren wegen überhöhter Entgelte an.
  • November: Der Präsident des Bundeskartellamtes stellt fest, dass es keinen funktionierenden Wettbewerb im Energiesektor gibt.
  • Dezember: Die EU-Kommission leitet ein Verfahren gegen E.on Gas wegen der künstlichen Verknappung von Transportkapazitäten ein.
RWE will steuern

Hunderte Millionen Einsparungen

RWE will steuern

(21. Januar 2010) RWE will das gesamte deutsche Höchstspannungsnetz steuern. Schon 2008 hatte RWE einen Vorstoß zur Systemführerschaft für die deutschen Hochspannungsnetze gemacht. Den wiederholte nun die RWE-Netztochter Amprion. Dazu will sie die vier unabhängig geführten Netze von RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW zu einer landesweiten Zone für Stromtransport zusammenlegen und Kraftwerksleistungen sowie Transporte abwickeln.

Eine solche Zusammenlegung der Regelzonen könne unabhängig von den Eigentumsverhältnissen erfolgen, hieß es. Amprion argumentiert mit der Kostensenkung: Die Effizienzgewinne für alle Beteiligten lägen bei mehrere Hundert Mio Euro pro Jahr. Außerdem lasse sich mit einer landesweiten Regelzone das schwankende Windstromaufkommen besser austarieren. Auch die Bundesnetzagentur hatte sich für die Zusammenlegung der vier Teilnetze ausgesprochen.

Laufzeit für Kapazität

Kartellamt

Laufzeit für Kapazität

(21. Januar 2010) Der neue Präsident des Kartellamtspräsidents Andreas Mundt appellierte an die Politik, auch die Stadtwerke in die Diskussion über die Laufzeitverlängerung einzubeziehen, berichtet die Financial Times. Nach Auffassung der Wettbewerbshüter könnten die zur Verlängerung anstehenden Kapazitäten durchaus auch an andere Inhaber gehen. Alternativ wäre aus Sicht des Kartellamts denkbar, dass die vier Kernkraftwerksbetreiber zwar die Verlängerungskapazitäten selbst nutzen, dafür aber fossile Kraftwerkskapazitäten an andere abgeben. Auch eine Kombination aus der Weitergabe von Kapazitäten und finanziellem Ausgleich sei denkbar.

Damit spricht das Kartellamt den Kommunalversorgern aus der Seele. Die Stadtwerke fürchten um ihre Stellung im deutschen Strommarkt. Viele Stadtwerke hatten in den vergangenen Jahren Investitionen in neue Gas- und Kohlekraftwerke sowie Windparks in Angriff genommen. Sie wollen so die Marktmacht der vier Großkonzerne brechen, die bislang mehr als 80 Prozent der Stromerzeugung kontrollieren. Die Investitionen lohnen sich aber nur bei hohen Preisen im Stromhandel. Die Stadtwerke haben dabei ein stetig sinkendes Angebot von billigem Atomstrom einkalkuliert.

Das Thema habe eine "stark wettbewerbliche Komponente", sagt Mundt. Würde nämlich die derzeit geltende Regelung weiter Bestand haben, würden die vier großen Energiekonzerne mit dem Ausstieg aus der Kernenergie unter dem Strich etwa 22 Prozent der Erzeugungskapazitäten in Deutschland verlieren. "Das Auslaufen der Kernkraft hätte zu einem Entflechtungseffekt geführt", erklärt der neue Kartellamtspräsident. Kleinere Anbieter hätten die Chance gehabt, die Lücke zu füllen. Der Bund der Energieverbraucher e.V. begrüsste das Vorgehen des neuen Präsidenten des Bundeskartellamt Andreas Mundt. Endlich werde das Amt unter der neuen Leitung seiner Aufgabe wieder gerecht, sagte der Vereinsvorsitzende Aribert Peters.

Untersagungsverfügung des Kartellamts gegen RWE veröffentlicht

Die Verfügung enthält erstaunlich klare Einblicke, Daten und Argumente zur Funktion des Strommarkts in Deutschland.

Untersagungsverfügung des Kartellamts gegen RWE veröffentlicht

(25. Februar 2008) Die nichtöffentliche Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts gegen RWE wegen Einpreisung der CO2-Zertifikate ist von der Zeitschrift für neues Energierecht in anonymisiserter Fassung veröffentlicht worden. Die Verfügung enthält erstaunlich klare Einblicke, Daten und Argumente zur Funktion des Strommarkts in Deutschland.

Die Untersagungsverfügung hat keine Rechtskraft erlangt.

Download RWE Abmahnung Bundeskartellamt 18 Dez 06

Download Sachstandspapier Emissionshandel Bundeskartellamt

Kartellamt: Blamabel beigegeben

Die Versorgungswirtschaft lacht sich krank über ein solches Kartellamt

Kartellamt: Blamabel beigegeben

(29. Oktober 2007) Das Bundeskartellamt hat das Verfahren gegen RWE wegen überhöhter Strompreise mit einem Vergleich eingestellt. RWE wird in den kommenden vier Jahren 46 Millionen Megawattstunden Strom an Industriekunden versteigern. Die Modalitäten der Versteigerung sind in dem Vergleich genau festgelegt.

Die industriellen Stromverbraucher zeigten sich enttäuscht von der Verfahrenseinstellung. Der neue Präsident des Kartellamts Bernhard Heitzer wollte durch die Einstellung einem langwierigen Rechtstreit aus dem Weg gehen. Der vorige Präsident des Bundeskartellamtes Ulf Böge hatte dagegen seine Entscheidungen zum Beispiel gegen langfristige Gasbezugsverträge auch vor Gericht siegreich verteidigt.

Der Bund der Energieverbraucher bezeichnete das Einknicken des Bundeskartellamtes vor der Versorgungswirtschaft als blamabel: "Die Versorgungswirtschaft lacht sich krank über ein solches Kartellamt, das gut begründete Vorwürfe schlussendlich nicht durchsetzt. Eine Mitschuld trägt allerdings auch die Bundesregierung, die dem Kartellamt die notwendige personelle Ausstattung verweigert. Das Kartellamt hat eine wichtige Schutzfunktion auch für private Verbraucher, die offenbar derzeit nicht wahrgenommen wird", kritisiert der Verband. Download Sachstandspapier Emissionshandel Bundeskartellamt

Dr. Carsten Becker, Direktor des Bundeskartellamts, fand deutliche Worte für die Kräfteverhältnisse: "Wir werden mit Messern in eine Panzerschlacht geschickt".

Die durch den Vergleich versteigerte Strommenge von rund zehn Millionen Megawattstunden macht noch nicht einmal drei Prozent des gesamten Stromverbrauchs aus und eventuelle Preisnachlässe kommen privaten Verbrauchern in keinster Weise zugute.

Auch die geplante Verschärfung des Kartellrechts wird hieran nichts ändern. Zum Gesetz (BT16/5847) wird am 5. November 2007 vom federführenden Wirtschaftsausschuss eine öffentliche Anhörung durchgeführt, am 14.11.07 berät der Ausschuss abschließen und am 16.11. ist im Plenum des Bundestags die zweite und dritte Lesung geplant. Die Regierungskoalition hat diesen Gesetzentwurf auf Wunsch der Versorgungswirtschaft ein weiteres mal entschärft: Nun sollen betroffene Verbrauche selbst unrechtmäßig überhöhte Preise zunächst zahlen und müssen dieses Geld dann in einem Rückforderungsprozess zurückklagen.

Der Bund der Energieverbraucher e.V. hat es als peinlich bezeichnet, dass der Bundestag ein weiteres Mal vor der Energielobby eingeknickt ist.

Bundeskartellamt mahnt RWE ab

Überwälzung von mehr als 25 % der CO2-Zertifikatskosten missbräuchlich

Bundeskartellamt mahnt RWE ab

Überwälzung von mehr als 25 % der CO2-Zertifikatskosten missbräuchlich

(11. Januar 2007) Das Bundeskartellamt in Bonn hat den RWE-Konzern wegen missbräuchlich hoher Strompreise für Industriekunden abgemahnt. Nach vorläufiger Beurteilung der Behörde waren die Industriestrompreise des Konzerns im fahr 2005 insoweit missbräuchlich, "als in den Preisen mehr als 25 % des im Preis anteilig enthaltenen CO2-Zertifikatswerts überwälzt wurde".

RWE widerspricht der Auffassung des Bundeskartellamts nachdrücklich. Das Amt ignoriere die Grundlagen der Preisbildung auf dem wettbewerblich organisierten Strommarkt und berücksichtige den grundlegenden Marktmechanismus nicht, der für die erfolgreiche Klimaschutzpolitik in Europa notwendig sei.

Unter Heranziehung eines brennstoffübergreifenden Umrechnungsfaktors und eines "Erheblichkeitszuschlags" beanstande das Bundeskartellamt in seiner vorläufigen Verfügung eine Überwälzung von bis zu 25 % des im Strompreis anteilig enthaltenen Zertifikatswertes nicht. Bei einem für 2005 ermittelten Zertifikate-Preis von 12€ könnten also anteilig 3€ eingerechnet werden. Jede darüber hinaus stattfindende Überwälzung sei aber als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung anzusehen. RWE und die anderen Verfahrensbeteiligten hätten nun Gelegenheit, bis zum 22. Feb. zur Abmahnung Stellung zu nehmen.

Kaum alternative Verwendung

Das Bundeskartellamt sei dabei von der wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnis ausgegangen, dass Opportunitätskosten im Prinzip in die betriebswirtschaftliche Kalkulation einfließen. Das setze allerdings voraus, dass die zur Stromerzeugung unentgeltlich zugeteilten Emissionsberechtigungen auch tatsächlich zum Verkauf zur Verfügung stehen. Eine Vergleichsbetrachtung mit anderen am europäischen Emissionshandel teilnehmenden Industrien habe ergeben, dass die Wettbewerbsbedingungen auf anderen Märkten eine Überwälzung der kostenlos zugeteilten Emissionsberechtigungen nicht erlauben, teilt die Behörde mit. Dies gelte nicht nur für Branchen, die im weltweiten Wettbewerb mit nicht am Emissionshandel teilnehmenden Wettbewerbern stehen, sondern auch für Branchen wie beispielsweise den Mineralöl-, Zement-, Kalk- oder Zucker- markt, in denen deutsche Unternehmen mit ebenfalls am Zertifikatehandel beteiligten nationalen oder europäischen Wettbewerbern konkurrieren.

Unabhängig von der Vergleichsbetrachtung mit anderen Industrien habe die Prüfung ergeben, dass aus stromwirtschaftlichen und emissionsrechtlichen Gründen lediglich für eine geringe Zahl der den Kraftwerksbetreibern zugeteilten Emissionsberechtigungen tatsächlich alternative Verwendungen für die Zertifikate bestanden. Nur insoweit wäre ein monetärer Nutzen entgangen, wenn der Wert dieser Zertifikate nicht einkalkuliert worden wäre.

Zahlreiche Unternehmen der stromintensiven Industrie hatten sich nach Angaben des Bundeskartellamts u.a. über den VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft und die Wirtschaftsvereinigung Metalle (WVM) über das Verhalten der Stromkonzerne in Bezug auf den Emissionshandel beschwert. Die Behörde hatte daher Verfahren gegen RWE und Eon Energie eingeleitet. Das parallel laufende Verfahren gegen Eon werde sich unter Berücksichtigung der im RWE-Verfahren gewonnenen Erkenntnisse unmittelbar anschließen.

Der Zertifikatehandel könne nur funktionieren, wenn sich die Preise für die Emissionsberechtigungen in den wirtschaftlichen Entscheidungen zum Einsatz der unterschiedlichen Kraftwerke niederschlagen, heißt es beim RWE. Der Emissionshandel impliziere damit auch politisch gewollte Strompreiseffekte. Nur so könne über Energieeinsparungen und Investitionen in emissionsärmere Produktionskapazitäten gezielt Klimaschutz betrieben werden. Wie auf dem Strommarkt bilde sich der Preis auf dem Zertifikatemarkt nach Angebot und Nachfrage. Europaweit gebe es einen Börsenpreis für die Zertifikate. Auf allen europäischen Strommärkten werde der Zertifikatepreis im Strompreis berücksichtigt. Nach Auffassung von RWE ist es nicht nachvollziehbar, dass diese in Europa einheitlichen Marktmechanismen einen Verstoß gegen deutsches Kartellrecht bedeuten sollen.

RWE verweist auf renommierte Ökonomen wie den Leibniz-Preisträger Prof. Dr. Axel Ockenfels und den ehemaligen Vorsitzenden der Monopolkommission, Prof. Martin Hellwig, die bestätigen, dass die Kosten für Zertifikate zu Recht in die Strompreisbildung einfließen - unabhängig davon, ob diese zugeteilt, gekauft oder im Wege einer Auktion erworben wurden. Unterstützung erhält RWE vom Verband der Verbundunternehmen und Regionalen Energieversorger in Deutschland (VRE) aus Bonn, der Interessenvertretung der privat-wirtschaftlich ausgerichteten Versorgungsunternehmen. Die Auffassung des Kartellamts schade dem Strommarkt und dem Klimaschutz gleichermaßen. Noch vor wenigen Tagen habe etwa der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium die Berücksichtigung von CO2-Kosten in den Strompreisen für zulässig erachtet. Vor der endgültigen Entscheidung werde sich die Kartellbehörde ernsthaft mit den Argumenten der Fachleute auseinandersetzen müssen. Sollte sie bei ihrer Auffassung bleiben, fordere dies geradezu eine gerichtliche Prüfung heraus, erklärte VRE-Geschäftsführer Wolf-Ingo Kunze.

Verweis auf Fachleute

Dagegen begrüßten VIK und WVM die Entscheidung des Bundeskartellamts. Keine andere vom Emissionshandel erfasste Branche sei in der Lage gewesen, die CO2-Kosten weiterzuwälzen, heißt es bei der WVM. Dies zeige, dass der angeblich liberalisierte Strommarkt in wesentlichen Teilen nicht funktioniere und einer strengen kartellrechtlichen Aufsicht bedürfe. Nach Ansicht des VIK gefährdet die Strompreispolitik der Versorger den Standort Deutschland. Die Behörde habe die außerordentlich starken Belastungen der industriellen Stromkunden durch die Einpreisung der Zertifikate bestätigt und unterstrichen, dass auch eine zukünftige Versteigerung von Teilen der CO2-Zertifikate oder die weitere Verknappung der Zertifikate die Situation der Stromkunden nicht verbessern bzw. noch weiter verschlechtern würde.

Der hessische Wirtschaftsminister Dr. Alois Rhiel kritisierte, die Abmahnung könne private und gewerbliche Stromverbraucher nicht dauerhaft entlasten. Die Bundesregierung müsse handeln, damit auch private Verbraucher geschützt werden. Der Bund solle die Zertifikate versteigern. Mit den Einnahmen sollte die Stromsteuer gesenkt werden. Eine vollständige Versteigerung würde laut Rhiel gut 5 Mrd. € jährlich einbringen. (aus ZfK, 1, 2007)

Versteigern statt verschenken

Verbraucher kritisieren Milliardengeschenk an Energiewirtschaft

Versteigern statt verschenken

Verbraucher kritisieren Milliardengeschenk an Energiewirtschaft

(25. Juni 2006) Der Bund der Energieverbraucher kritisiert ein Milliardengeschenk der Bundesregierung an die Stromwirtschaft. Der Vorsitzende Dr. Aribert Peters: "Die Stromkonzerne haben den Preis der Emissionszertifikate auf den Strompreis aufgeschlagen, obwohl sie diese Zertifikate bisher vom Staat geschenkt bekamen. Deshalb muss der Staat künftig die Zertifikate verkaufen oder versteigern.

Wenn das Bundeskabinett am Mittwoch auf die Versteigerung verzichtet, schenkt der Bund der Stromwirtschaft jährlich mindestens sechs Milliarden Euro. Dieses Geld holt er sich von der Verbrauchern wieder über höhere Steuern. Das ist Wahnsinn mit System, das darf einfach nicht wahr sein": Einen besonders üblen Beigeschmack bekommt das Milliardengeschenk angesichts der Millionenspenden der Energiewirtschaft an die politischen Parteien". Peters: "Ich appeliere an die veranwortlichen Politiker, allen voran Frau Merkel, Herrn Gabriel, Herrn Glos und Herrn Steinbrück, diesen beispielosen Skandal nicht zuzulassen. Der sog. nationale Allokationsplan II darf vom Bundeskabinett am Mittwoch keinesfalls wie geplant verabschiedet werden".

Greenpeace kritisiert Doppelmoral

SPD-Politik 2006: Kein Geld für Kinder, Kranke, Rentner, aber 10 Mrd Euro für RWE, Vattenfall & Co.

Greenpeace kritisiert Doppelmoral

(30. Mai 2006) "SPD-Politik 2006: Kein Geld für Kinder, Kranke, Rentner, aber 10 Mrd Euro für RWE, Vattenfall & Co." heißt es auf einem sechs mal acht Meter großen Banner, den Greenpeace-Aktivisten an der Berliner SPD-Zentrale befestigt haben.

Während die Bürger die größte Steuererhöhung seit Gründung der Bundesrepublik hinnehmen müssten, werde die Wirtschaft nach dem Willen von Umweltminister Gabriel bis 2012 per kostenlos abgegeben Emissionszertifikaten bei geschätzten 20 Euro pro t mit jährlich bis zu 10 Mrd Euro beschenkt, so Greenpeace. Überall werde gekürzt, den Energieriesen würden aber Jahr für Jahr Milliarden Euro geschenkt, so Greenpeace.

Auch führende Wirtschaftsinstitute plädierten für eine, im Rahmen geltenden EU-Rechts mögliche, Versteigerung von 10% der auszugebenden Zertifikate im nächsten Handelszeitraum 2008 bis 2012.

Kartellamt untersucht überhöhte Strompreise

Obwohl die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom nur rund 2,4 Cent kostet (lt. Angaben von RWE), wird dieser Strom derzeit für rund 5,5 Cent gehandelt.

Kartellamt untersucht überhöhte Strompreise

(31. März 2006, aktualisiert 5. Juni 2006) Obwohl die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom nur rund 2,4 Cent kostet (lt. Angaben von RWE), wird dieser Strom derzeit für rund 5,5 Cent gehandelt. Die Stromerzeuger verdienen daran jährlich etwa fünf Milliarden Euro zusätzlich. Die Stromerzeuger kalkulieren dabei nach eigenen Angaben auch den Wert der ihnen kostenlos zugeteilten Emissionszertifikate in ihre Preise ein.

Das Bundeskartellamt hat auf Beschwerde von industriellen Stromkunden ein Missbrauchsverfahren gegen E.ON und RWE eingeleitet (Geschz. B8 88/05). Am 30. März 2006 fand in Bonn eine öffentliche Anhörung des Bundeskartellamtes zu diesem Verfahren statt.

887 Preisentwicklung für Strom an der Strombörse EEX 2002 - 2006

E.ON und RWE rechtfertigen sich auf der Anhörung damit, dass sie die zugeteilten Zertifikate an der Börse verkaufen oder selbst verwenden könnten. Die eigene Verwendung bedeutet also einen Verzicht auf die Veräußerung und damit entgangenen Gewinn. Die eigene Verwendung z.B. für die Stromerzeugung verteuert sich also um den entgangenen Veräußerungsgewinn - auch wenn die Zuteilung kostenlos war. Der Börsenpreis für Strom sei ein reiner Marktpreis, der sich durch Angebot und Nachfrage ergebe. Im übrigen habe man keine marktbeherrschende Stellung.

Die Beschwerdeführer beklagen, dass die Einpreisung nur möglich sei, weil es an der Börse keinen wirksamen Wettbewerb gebe. Auffallend sei eine Strompreissteigerung um 60% seit Beginn des Emissionshandels im März 2005: Von 3,3 Ct/kWh auf 5,5 Ct/kWh. Das sei Ergebnis gewinnmaximierenden Handelns marktbeherrschender Unternehmen.

Der Industrieverband VIK führte in seinem Statement zahlreiche Indizien dafür auf, dass der Stromwettbewerb nicht funktioniert:

 Download Folien Richmann zur Kartellamts-Anh (1,37 MB)

  • 90% der Stromerzeugungskapazität wird von den vier Großen kontrolliert. Vergleichbare Unternehmen in anderen Branchen können die CO2-Zertifikate nicht einpreisen.
  • Der Strompreis verändert sich völlig losgelöst von den Brennstoffkosten.
  • Die Strombörse EEX bestimmt trotz einem relativ kleinen Marktanteil von ca. 15 % den gesamten Marktpreis.
  • Strompreis ist durch die großen Vier beeinflussbar, die auf den Anbieter und Nachfragerseite tätig sind.
  • Die Preisbildung an der EEX-Spotmarkt ist sehr unvollkommen: Der Marktpreis reagiert auf geringste Schwankungen von Angebot oder Nachfrage sehr heftig.
  • Trotz hoher Spotpreise bestehen große ungenutzte Erzeugungskapazitäten: Durch Kapazitätszurückhaltung treibt man die Preise nach oben.
  • Die zurückgehaltenen Kapazitäten bringen auf dem Regelenergiemarkt zusätzliches Geld.

887_Preisbildungsmechanismus-web

Die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten entspricht einer staatlichen Subvention von 13 Milliarden Euro (500 Mio. Zertifikate zu je 26 Euro je t CO2). Allerdings war eine solche Subvention nicht beabsichtigt. Und die Einpreisung der Emissionszertifikate verhindert die beabsichtigte Emissionsvermeidung. Denn der Handelswert der Zertifikate liegt fast dreimal höher als die Kosten der Emissionsvermeidung.

Die für die Stromversorger sprechenden beiden Professoren Ockenfels (EWI Köln) und Ströbele (Uni Oldenburg) rechtfertigten die Einpreisung mit der Theorie der Grenzpreise. Die Preise des jeweils teuersten Kraftwerks bestimmten den Gesamtpreis und dort seien die Emissionzertifikate reale Kosten, weil diese Zertifikaten auf dem Markt einen Wert hätten. Für den VIK waren das keine überzeugenden Argumente, weil die Preisbildung aufgrund der Monopolsituation ohnehin nicht der Grenzkostentheorie folgten. Aus seien für Wind- und Kernkraftwerke überhaupt keine Zertifikate notwendig.

Das Bundeskartellamt hat zu der Anhörung ein ausführliches Sachstandspapier vorgelegt Download Sachstandspapier Emissionshandel Bundeskartellamt. Wenn das Kartellamt beweisen kann, dass durch Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung die Strompreise über den Marktpreis getrieben wurden, dann kann es dagegen eine Missbrauchsverfügung erlassen. Dabei handelt es sich auch um das juristische Problem einer unwiderlegbaren Beweisführung. Allein die Tatsache eines Missbrauchsverfahrens hat eine Fülle von Tatsachen bekannt werden lassen, die von den betroffenen Unternehmen nicht widerlegt werden konnten. Der grobe Missbrauch von Marktmacht zum Vorteil der Versorgungskonzerne wurde ebenso deutlich wie die verheerende Wirkung überhöhter Strompreise auf die deutsche Wirtschaft. Am stärksten geschädigt sind jedoch die privaten Verbraucher.

Diagramm Stromkostenbelastung durch den Emissionshandel

Das Verfahren des Bundeskartellamtes ist deshalb von grundlegender Bedeutung, weil die Stromerzeugungspreise keinerlei staatlicher Kontrolle unterliegen und deren steiler Anstieg wegen der Monopolsituation nicht durch den Markt sondern nur durch die Kartellbehörden zu bremsen ist. Die Diskrepanz zwischen privater Vorteilsabschöpfung und volkswirtschaftlichen Verlusten ist politisch nicht mehr tragbar. Sie ist, wie die Anhörung gezeigt hat, auch rechtlich unhaltbar.

Argumente im Überblick
  • Wirksamer Wettbewerb kann bei der Stromerzeugung nur entstehen, wenn Dritte zu gleichen Bedingungen wie die etablierten Stromerzeuger Kraftwerke bauen und betreiben können.
  • Dem stehen folgende Hindernisse entgegen:
  • Dritte haben Nachteile beim Brennstoffzugang, Netzanschluss und Kraftwerksstandort (RWE Facts & Figures).
  • Die großen etablierten Stromerzeuger verfügen über einen Kraftwerkspark, mit dem sie bereits jetzt ihre künftigen Investitionen verdienen (was dem Wesen einer Investition widerspricht).
  • Bei Fertigstellung neuer Kraftwerke müssen etablierte Betreiber nur noch die variablen Kosten verdienen. Drittanbieter haben deswegen weitgehend keine Chancen.
  • "Der Wettbewerb im Strommarkt funktioniert wie ein Pferderennen, in dem nur die Hälfte der Jockeys Pferde hat." Helmut Jantos, Independent Power.
  • Im Strom- und Zertifikate-Markt sind Insidergeschäfte an der Tagesordnung.
  • Rechtliche Lage:
  • § 2 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) i. d. F. vom 22. Mai 2005 zählt Stromderivate und CO2-Zertifikate zu den so genannten Insiderpapieren
  • §14 WpHG verbietet Insidergeschäfte
  • Beispiele für Insiderinformationen: Kraftwerksausfälle, Revisionen von Kraftwerken, Leitungskapazitäten
  • Derartige Informationen stehen Dritten generell nicht zur Verfügung
  • Durch die Einpreisung zum jeweiligen "so genannten" Marktpreis in Form der Opportunitätskosten entfällt jeglicher Anreiz, die Preise für CO2 Zertifikate zu senken und den Ausstoß von CO2 zu reduzieren. Begründung:
    1. Jeder Emittent erhält mehr Zertifikate kostenfrei, als er zukaufen muss.
    2. Damit profitiert jeder Emittent von hohen Zertifikatspreisen, da auch seine kostenfrei zugeteilten Zertifikate zum "Marktpreis" einkalkuliert werden.
    3. Sollten tatsächlich CO2-Reduktionsmaßnahmen zu einem Überschuss an Zertifikaten führen, würde der Marktpreis für CO2-Zertifikate drastisch sinken und somit jeder Emittent Erträge verlieren, die weit über den Erlösen aus dem Verkauf seiner eingesparten Teilmengen liegen.

letzte Änderung: 16.06.2015