ED 01/13 Die 1.000-Watt Lösung von Köln (S.17)
ED 04/13 Zählertausch: Großbritannien wird smart (S.23)

Monopolkommission

Energiemärkte mit Licht und Schatten

(14. September 2011) Die Monopolkommission hat gestern ihr drittes Sondergutachten zum Energiebereich vorgelegt mit dem Titel "Wettbewerbsentwicklung mit Licht und Schatten".

Bei Strom und Gas gäbe es weiterhin Wettbewerbsdefizite. Bei Gas haben einzelne Unternehmen erhebliche Marktmacht. Bei Stromhandelsgroßmärkten gibt es weiterhin wettbewerbliche Defizite. Die Sektoruntersuchung der Stromhandelsgroßmärkte durch das Bundeskartellamt wird kritisch kommentiert.

Die gesetzliche Verschärfung der Missbrauchsaufsicht lehnt die Monopolkommission ab und liegt mit diesem Votum nach Ansicht des Bund der Energieverbraucher e.V. falsch. Der Verein hatte durch Stellungnahmen und Teilnahme an Anhörungen zum Gutachten beigetragen.

Downloads: Volltext des Gutachtens (PDF, 273 S.,5,67 MB) und Pressemitteilung (PDF)

Monopolkommission

Kein funktionsfähiger Wettbewerb

Monopolkommission: Kein funktionsfähiger Wettbewerb

(4. September 2009) In ihrem zweiten Sondergutachten zu den Energiemärkten äußert sich die Monopolkommission sehr unzufrieden: Es gebe immer noch keinen funktionsfähigen Wettbewerb.

Beim Strom sei die Marktmacht der vier großen Unternehmen E.on, RWE, EnBW und Vattenfall Europe nach wie vor zu groß, so die Kommission. Sie produzierten rund 85 Prozent des Stroms. Das könne sich in den Großhandelspreisen niederschlagen, Erzeugungskapazitäten könnten ohne Sanktionen auf dem Großhandelsmarkt zurückgehalten werden. Nötig sei eine unabhängige Überwachungsstelle für den Großhandel an den Börsen.

Insgesamt sei es wichtig, die Anbieterstruktur aufzubrechen, zum Beispiel durch eine stärkere Öffnung des Stromnetzes für ausländische Anbieter. Mehr Grenzkuppelstellen könnten es attraktiver machen, Kraftwerke außerhalb Deutschlands zu bauen. Kapazitäten an Eng- und Grenzübergangsstellen sollen versteigert werden und die Erlöse  zum Ausbau der Nadelöhre verwandt werden.

Längere Laufzeiten für Kernkraftwerke schadeten dem Wettbewerb und zögerten den Neubau neuer Kraftwerke hinaus, so die Kommission. Damit werde indirekt das derzeitige Oligopol der vier Erzeuger gestärkt und Newcomern der Einstieg erschwert. Es brauche klare Rahmenbedingungen für Investitionen in Kohle- und Gaskraftwerke. Wenig wirkungsvoll sei die Novelle des Wettbewerbsrechts, weil sie nicht an die Wurzeln des fehlenden Wettbewerbs gehe, so die Kommission.

Nach Ansicht der Monopolkommission leisten EEG und KWKG unterm Dach des europaweiten CO2-Zertifikatehandels keinen Beitrag zur Verringerung des europäischen CO2-Ausstoßes, verteuern aber die Stromproduktion, halten andere Anbieter aus dem Markt und verengen den Spielraum der Politik für weitere Klimaziele (siehe dazu "Ist Stromsparen wirklich sinnlos").

Beim Gas gebe es in Deutschland zu wenige und gleichzeitig zu mächtige Anbieter, so die Monopolkommission. Der Handel sei nicht ausreichend liquide und es gebe immer noch zu viele unterschiedliche Marktgebiete. Es reichten zwei Gebiete für die beiden unterschiedlichen Gasqualitäten in Deutschland. Das vereinfache den Gastransport, erleichtere neuen Anbietern den Eintritt in den Markt und mache den Transport preiswerter. Außerdem müsse die Politik das Verfahren erleichtern, den Gasanbieter zu wechseln. Bislang hätten nur ein Prozent der Verbraucher diesen Schritt gewagt.

478 Strommast

Die Monopolkommission kritisiert in dem Gutachten, dass in keinem Missbrauchsverfahren des Bundeskartellamts gegen Gasversorger ein rechtskräftiger Bescheid ergangen ist. Das Mißbrauchsverfahren der EU gegen E.on wird heftig attackiert: Das politische Ziel einer adäquaten Gestaltung der Marktstruktur sei in sachwidriger Weise mit Missbrauchsverfahren verknüpft worden.

Der Bund der Energieverbraucher e.V. hatte in zwei Anhörungen gegenüber der Kommission die Position der Energieverbraucher dargestellt.

Download Pressemitteilung der Monopolkommission vom 04.08.2009

Download Sondergutachten 54 Volltext (04.08.2009) (2,69 MB)

Sondergutachten Strom der Monopolkommission

Anhörung am 12. Dezember 2008

Sondergutachten Strom der Monopolkommission

(14. April 2009) Die Monopolkommission wird ihr zweites Sondergutachten zum Strombereich nach § 62 Abs. 1. EnWG voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2009 abschließen. Zur Vorbereitung des Gutachtens hat sich die Kommission am 12. Dezember 2008 mit Marktteilnehmern und Interessenvertretern ausgetauscht. Der Bund der Energieverbraucher e.V. war zu diesem Gespräch eingeladen.

Download BDE Stellungnahme Monopolkomm Strom Dez 2008

Bestandteil der Stellungnahme des Vereins war ein Manuskript von Dr. Peter Becker für die Zeitschrift für neues Energierecht

Download Kartellrechtliche Kontrolle von Strompreisen Becker ZNER

Monopolkommission, Sondergutachten Strom und Gas 2007

Auswahl, Hervorhebungen und Zwischenüberschriften von Aribert Peters

Monopolkommission, Sondergutachten Strom und Gas 2007

(07. November 2007) Die Monopolkommission hat am 6. November 2007 ein Sondergutachten (49) zum Strom- und Gasmarkt veröffentlicht. Die Monopolkommission stellt darin fest, dass auf den Märkten der leitungsgebundenen Energieversorgung kein funktionsfähiger Wettbewerb besteht. Die Netzentgelte sind insgesamt überhöht und die auch Erzeugerpreise sind aufgrund verfestigt-vermachteten Marktstrukturen überhöht. Es folgen Auszüge aus dem Text des Gutachtens. Auswahl, Hervorhebungen und Zwischenüberschriften von Aribert Peters

10.* Aus Sicht der Monopolkommission weist jedoch der momentane Entwurf einer Anreizregulierungsverordnung erhebliche Mängel auf, die es noch zu beseitigen gilt. Die Anreize, Effizienzgewinne an die Verbraucher weiterzugeben, sind als gering einzuschätzen.

26. Neben den staatlichen Steuern und Abgaben wird der Endkundenpreis maßgeblich von der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbes auf den der Netzebene vor- und nachgelagerten Märkten beeinflusst.

29. Den Folgen der vermachteten Marktstrukturen auf den Märkten, die der Netzebene vor- oder nachgelagert sind, versucht der Gesetzgeber mit einem eigens dafür geschaffenen Energieparagraphen in der Missbrauchsaufsicht (§ 29 GWB) im Rahmen der jüngsten GWB-Novelle zu begegnen.

(Stromerzeugungskosten)

71. So lagen die fixen Stromgestehungskosten eines durchschnittlichen Braunkohlekraftwerkes mit einer installierten Leistung von 1.100 MW und mit einer typischen Benutzungsdauer von 7.500 Stunden im Jahr 2005 bei 19,48 EUR/MWh. Die variablen Kosten betrugen 16,07 EUR/MWh.69

74. Die spezifischen Stromgestehungskosten eines bereits abgeschriebenen Kernkraftwerkes mit einer installierten Leistung von 1.316 MW und einer typischen Benutzungsdauer von 7.500 Stunden/Jahr lagen im Jahr 2005 bei etwa 20 EUR/MWh.

(Wettbewerb durch die Strombörse?)

135. Das Bundeskartellamt vertritt die Auffassung, dass der Distributionsstufe keine maßgebliche kompetitive Bedeutung zukommt. Sie erfülle vielmehr eine intermediäre Aufgabe. Diese Aufgabe ergebe sich aufgrund der Nichtspeicherbarkeit von Strom, wodurch die nachgefragte Menge immer exakt der angebotenen Menge an Elektrizität entsprechen müsse.

147. Die Monopolkommission misst der wettbewerblich organisierten Distributionsstufe im Gegensatz zum Bundeskartellamt durchaus eine beschränkte positive Wettbewerbswirkung auf den Endkundenmarkt bei.

218. Offensichtlich gelingt es z.B. den Händlern und unabhängigen Weiterverteilern auf den nachgelagerten Stufen sowie den Endverbrauchern nicht, den überhöhten Erzeugerpreisen entgegenzuwirken. Den Händlern und Weiterverteilern fehlt - aufgrund der Nichtspeicherbarkeit des Gutes Strom - die Möglichkeit, durch einen gezielten Kauf von überschüssigen Mengen in Niedrigpreisphasen und das Verbrauchen bzw. Weiterverteilen dieser überschüssigen Mengen in Hochpreisphasen disziplinierend auf die Erzeuger einzuwirken.

224. Die Monopolkommission vertritt die Auffassung, dass die Hauptursache der Marktmachtausübung nicht in den spezifischen Verhaltensweisen der Verbundunternehmen begründet ist, sondern in der verfestigt-vermachteten Marktstruktur auf der Erzeugerebene.

(Entflechtung unabdingbar)

245. Selbst wenn die Vorgaben formal weitgehend erfüllt sein sollten, bezweifelt die Monopolkommission, dass sich die Anreize zur Bevorzugung von Erzeugungs- und Vertriebsschwestern durch die Entflechtungsvorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes in ihrer Gänze beseitigen lassen, da unter anderem die Informationsweitergabe nie in vollem Umfang kontrolliert werden kann. Eine vollständige Beseitigung dieser Anreize ließe sich nur durch eine eigentumsrechtliche Entflechtung erreichen.

259. Generell bewertet die Monopolkommission es als positiv, dass die Haftungsbestimmungen zugunsten des Letztverbrauchers verschärft wurden. Hierdurch wird die privatrechtliche Durchsetzbarkeit entsprechender Schadensersatzansprüche gefördert.

268. In der Vergangenheit wurden von den Netzbetreibern vermehrt Netzanschlussbegehren mit der Begründung abgelehnt, es bestehe oder drohe ein Netzengpass. Hierdurch wurden insbesondere Wettbewerber von der Realisierung geplanter größerer Kraftwerksprojekte abgeschreckt, wodurch sich die enge oligopolistische Marktstruktur auf der Erzeugerstufe weiter verfestigte.

341. Die Kraftwerksbetreiber als Konzernschwestern können aber gleichzeitig durch hohe Regelenergiepreise beachtliche Gewinne erzielen, wodurch auch dem Ziel der Gesamtgewinnmaximierung der Konzernmutter Rechnung getragen wird. Vor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass sich auf dem Regelenergiemarkt Preise einstellen, die deutlich über dem Wettbewerbspreisniveau liegen. Auch wenn diese Preise bisher nicht von der Regulierungsbehörde beanstandet werden, ist anzunehmen, dass das sich so ergebende Ausbeutungspotential von den Übertragungsnetzbetreibern auch tatsächlich genutzt wird.

(Kostenspreizung bei Stromnetzentgelten)

257. Besonders große Kostenunterschiede wiesen die Hochspannungsnetze der Strukturklasse West, Absatzdichte mittel auf. Hier lag der Minimalwert bei 7.040 EUR/km Leitungslänge, während der Maximalwert bei 233.830 EUR/km Leitungslänge lag.

(Volumen der Stromnetzentgelte)

362. Die Bundesnetzagentur hatte insgesamt über ein Kostenvolumen von etwa 18,2 Mrd. EUR zu entscheiden. Hinzu kamen etwa 6 Mrd. EUR, die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz an zusätzlichen Netzkosten als durchlaufende Posten anfielen. Insgesamt hatte das Kostenvolumen, über das die Bundesnetzagentur zu befinden hatte, einen etwa 80 %igen Anteil an den gesamten Netzkosten aller Netzbetreiber in der Bundesrepublik Deutschland. Im Durchschnitt betrugen die Netzentgeltkürzungen der Bundesnetzagentur 13 % des beantragten Entgelts, was im Strombereich zu einer Kürzungssumme von etwa 2 Mrd. EUR führte.

(Steigende Strompreise trotz sinkender Netzentgelte)

365. Die Spalte 3 in Tabelle 3.12 macht deutlich, dass die Netzkosten bei den Haushaltskunden sowohl anteilig als auch absolut am höchsten sind. Innerhalb dieser Kategorie sind die Netzkosten von 7,3 ct/kWh auf 6,34 ct/kWh gesunken. Insgesamt ist der durchschnittliche mengengewichtete Stromeinzelhandelspreis jedoch von 18,89 ct/kWh auf 20,12 ct/kWh (allgemeiner Tarif) bzw. 19,94 ct/kWh gestiegen.

369. Abgesehen von den Gefahren ökonomischer Ineffizienzen, die eine Kostenregulierung mit sich bringt, sieht die Monopolkommission besonders kritisch, dass die Kalkulationsprinzipien der Entgeltbestimmung in der Stromnetzentgeltverordnung im Wesentlichen auf den Kalkulationsprinzipien der Verbändevereinbarung zur Elektrizität beruhen. So lehnt sich § 24 StromNEV an die Strukturklassen und das darauf aufbauende Vergleichsmarktkonzept an, das in der 3. Verbändevereinbarung (VV II plus) eingeführt wurde. Darüber hinaus wurde der Gleichzeitigkeitsgrad (§ 16 StromNEV) als Faktor der Netzentgeltermittlung bereits aus der ersten Verbändevereinbarung des Jahres 1998 übernommen. Da bei der Verbändevereinbarung keine Vertreter der Haushaltskunden anwesend waren, liegt die Vermutung nahe, dass neben den Interessen industrieller Verbraucher insbesondere die Interessen der Elektrizitätsversorger vertreten wurden. Diese Vermutung wird dadurch verstärkt, dass die Verbändevereinbarung auf die tatsächlichen Kosten des Netzbetreibers abstellte.

370. Zwar ist die Maßgabe des § 21 Abs. 2 EnWG generell zu begrüßen, durch den die Entgeltbildung auf Grundlage der Kosten der Betriebsführung eines effizienten und vergleichbaren Netzbetreibers zu erfolgen hat. Diesem Effizienzgedanken widerspricht jedoch die Festlegung der Eigenkapitalzinssätze in der Stromnetzentgeltverordnung. Die Monopolkommission hatte bereits in ihrem letzten Hauptgutachten angemahnt, dass diese Festlegung mit der Setzung von Anreizen für eine effiziente Leistungserstellung nicht vereinbar ist.

293. Auch die Erfahrungen der ersten Entgeltregulierungsrunde machen deutlich, dass sich der angestrebte Effizienzmaßstab in der praktischen Regulierung nur schwer umsetzen lässt. So gelang es den Regulierungsbehörden aufgrund des Personalmangels und des damit in Verbindung stehenden Zeitdrucks bei der Kostenprüfung nicht einmal, alle Kostenstrukturparameter zu prüfen.

Vielmehr konzentrierten sich die Behörden auf bestimmte Prüfungsschwerpunkte wie die Abweichungen zwischen den geltend gemachten Plan- und Istwerten, die kalkulatorische Bewertung des Sachanlagevermögens, die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung und die kalkulatorische Gewerbesteuer.

Darüber hinaus bestand auch keine Möglichkeit, sich bei den jeweiligen Unternehmen vor Ort ein Bild von der angegebenen Kosten- und Erlöslage zu machen. Ökonomischen Ineffizienzen und der Gefahr der Ausbeutung kann mit der bisher praktizierten Entgeltgenehmigung nicht in hinreichendem Maße begegnet werden. Bei der bisherigen Kostenregulierung wurde ein Effizienzvergleich nur in rudimentären Ansätzen vorgenommen. Die Gefahr der Ausbeutung entsteht vor allem durch die Anerkennung der Kosten für Ausgleichsenergie im Rahmen der Netzentgelte, wie bereits in Abschnitt 3.5.4.4 diskutiert.

(Investitionen in Stromnetze)

387. Zusätzlich ist die Netzqualität davon abhängig, in welchem Ausmaß Investitionen für den Erhalt, die Erneuerung und den Ausbau der Netze getätigt werden. Die deutschen Netzbetreiber investierten im Jahr 2006 mehr als 2 Mrd. EUR für Netzausbau- und Netzerhaltungsmaßnahmen.303 Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden für Ausbau/Erweiterung, Erneuerung und Instandhaltung der Übertragungsnetze 922 Mio. EUR investiert. Dabei entfielen 203 Mio. EUR auf den Ausbau bzw. die Erweiterung und etwa 207 Mio. EUR auf die Erneuerung der Netze. Der größte Anteil der Investitionen - 512 Mio. EUR - entfiel auf die Instandhaltung der Netze.

(Wie die Stromversorger ihren gesetzlichen Berichtspflichten nachkamen)

391. Über 25 % der Verteilnetzbetreiber mit mehr als 10.000 angeschlossenen Kunden kamen ihren gesetzlichen Verpflichtungen zum Abfassen eines Netzausbau- und eines Netzzustandberichts nicht nach. Die geforderte Schwachstellenanalyse wurde von nur 40 % der betroffenen Verteilnetzbetreiber durchgeführt. Die Bundesnetzagentur weist zu Recht darauf hin, dass diese unzureichenden Analysen zu Fehleinschätzungen des Netzzustandes führen und somit eine Gefährdung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Elektrizitätsversorgungssysteme zur Folge haben können.

394. Der Einfluss auf eine Belebung des Wettbewerbs im gesamten Energiesektor, der von einer Erhöhung der Wechselbereitschaft der Haushaltskunden ausgeht, ist jedoch eingeschränkt. So hat die Vertriebsmarge der Grundversorger mit etwa 4 % einen vergleichsweise geringen Anteil an den Einzelhandelspreisen von Haushaltskunden der "Kundenkategorie Dc"

305. Neben den Netzkosten werden die Einzelhandelspreise maßgeblich von den Strombezugskosten beeinflusst. Deshalb kann aus dem Vorhandensein von unterschiedlichen Angeboten auf dem Endkundenmarkt nicht abgeleitet werden, dass die zur Wahl stehenden Strompreise nicht generell überhöht wären. Selbst bei einer hinreichenden Wettbewerbsintensität auf den Endkundenmärkten würde ein überhöhter Strombezugspreis, der sich auf dem Markt für den erstmaligen Stromabsatz bildet, an die Endverbraucher weitergegeben. Ähnliches gilt für überhöhte Regelenergiepreise, von denen ein großer Teil über die Netzentgelte auf die Endkunden überwälzt werden kann.

398. Obwohl sich die Tarifgenehmigung an den Kosten einer "betriebswirtschaftlich rationellen Betriebsführung" orientieren sollte, fand eine wirksame Effizienzkontrolle in der Praxis nicht statt.

(Zivilrechtliche Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB)

415. Auffällig ist, dass die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in den beiden Urteilen zu § 315 BGB aufgestellt hat, nicht mit der Marktabgrenzung übereinstimmen, die das Bundeskartellamt bei der Anwendung der GWB-Bestimmungen im Energiesektor nach wie vor zugrunde legt und die von der Rechtsprechung in der Vergangenheit bestätigt wurden.

416. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs weichen ferner von der sachlichen Marktabgrenzung ab, die bislang im Wärmesektor anwendet wird. Das Bundeskartellamt grenzt bisher den Gasmarkt als eigenständigen Markt im Wärmesektor ab.

417. Die Monopolkommission beurteilt es generell positiv, dass sich Endverbraucher gegen missbräuchlich überhöhte Preise im Energiesektor zivilrechtlich zur Wehr setzen können. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kartellbehörden bei Zuwiderhandlungen nicht zum Einschreiten verpflichtet sind, sondern vielmehr über ein Ermessen verfügen. Generell sollten Endverbraucher auf überhöhte Preise ihres gegenwärtigen Energieversorgers jedoch durch einen Wechsel zu einem günstigeren Anbieter reagieren.

418. Falls es keine echte Alternative zum Tarif des etablierten Anbieters geben sollte, ist die private Rechtsdurchsetzung die letzte Zuflucht. Sie stellt jedoch derzeit kein effektives Mittel gegen missbräuchlich überhöhte Energiepreise dar. Sie kann im Einzelfall zu einer Verbesserung des klagenden Endverbrauchers führen.

424. Nachdem Tariferhöhungen der Grundversorger in Deutschland Hunderte oder sogar Tausende von Zivilklagen der betroffenen Endkunden ausgelöst haben, zeigt sich, dass das vorhandene Instrumentarium des Zivilprozessrechts diesem Problem nicht gewachsen ist. Ähnlich wie im Bereich des Anlegerschutzes, aber auch des Verbraucherrechts empfiehlt sich ein Ausbau des kollektiven Rechtsschutzes.

(Gasmarkt)

505. Die Mehrzahl der Speicheranlagen wird von weniger als drei Unternehmen genutzt.

520. Die Ergebnisse des Vergleichsverfahrens zeigen, dass innerhalb einer Strukturklasse große Kostenunterschiede zwischen den Betreibern von Gasversorgungsnetzen bestehen. So liegen z.B. in der Kategorie "Belegenheit West/Absatzdichte niedrig" die Kosten pro Kilometer Leitungslänge in einem Intervall von 1.773 bis 27.711 EUR, bei einem Median von 5.519 EUR. Die Spannbreite der erhobenen Kosten liegt hier bei 1.560 %.

528. Die Netznutzungsentgelte für Gas liegen auch aufgrund erheblicher Investitionen in eine hohe Versorgungsqualität über dem EU-Durchschnitt im oberen Drittel.

(Anreizregulierung)

595. Die Monopolkommission sieht die im Verordnungsentwurf enthaltene Qualitätsregulierung als ein sinnvolles, aber auch notwendiges Instrument an. Aufgrund der Bedeutung der Versorgungszuverlässigkeit für die Öffentlichkeit steht die Kommission den im Verordnungsentwurf getroffenen Regelungen zur Ausgestaltung und zum Zeitpunkt der Einführung des Qualitätselements in die Anreizregulierungsformel jedoch kritisch gegenüber. So wurde gegenüber dem Eckpunktepapier auf die Zahlung von Pönalen an Kunden bei Versorgungsstörungen und Servicemängeln verzichtet. Nach Auffassung der Monopolkommission wäre es nur sachgerecht, das Kriterium "Servicequalität" explizit als Qualitätskriterium, etwa anhand der Vorgaben der "Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE)", mit aufzunehmen, wie es auch international üblich ist. Hierdurch würde der Dienstleistungscharakter eines Netzbetreibers betont werden, womit einer verbraucherfreundlichen Energieversorgung im Sinne des § 1 Abs. 1 EnWG Rechnung getragen würde. Die Monopolkommission sieht es zudem als geboten an, dass das vorgeschlagene Qualitätsicherungsystem entgegen dem derzeitigen Vorschlag bereits in der ersten Regulierungsperiode auf Elektrizitäts- und Gasnetzbetreiber Anwendung findet. Durch die verschobene Einführung der Anreizregulierung scheint dies auch angemessen. ....Zusätzlich ist ein kontinuierliches Monitoring des Qualitätsmanagementsystems der Netzbetreiber durch die Regulierungsbehörden angezeigt. Entgegen den Vorgaben des § 21 ARegV-E sollten die Netzbetreiber hierzu verpflichtend und bereits zur ersten Regulierungsperiode einen Bericht über ihr Investitionsverhalten erstellen.

598. Die Monopolkommission sieht die in dieser Form vorgeschlagene Ausnahmeregelung mit Sorge. Da drei Viertel aller Elektrizitäts- und Gasnetzbetreiber von der Ausnahmeregelung betroffen wären und davon auszugehen ist, dass auch diese Netzbetreiber in ihrem Versorgungsgebiet Erweiterungsinvestitionen zu tätigen haben, wird der Sinn der Härtefallklausel gleichsam konterkariert. Kritisch zu sehen ist auch, dass in der ersten Regulierungsperiode kein Effizienzvergleich durchgeführt wird. Bestehende Effizienzsteigerungspotentiale der vermeintlich ineffizient kleinen und in öffentlicher Trägerschaft stehenden Stadtwerke werden so nicht ausgeschöpft. Hinzu kommt der Umstand, dass durch die Ausnahmeregelung mehrere hundert Stadtwerke keinem Qualitätsmanagement unterliegen würden. Eine hinreichende Sicherstellung der Versorgungszuverlässigkeit auf Endverteilerebene kann damit nicht gewährleistet werden.

5.Abschließende Bemerkungen

599. Wie oben schon angesprochen wurde, müssen die individuellen und allgemeinen Effizienzvorgaben für die Netzbetreiber unter Nutzung möglicher und zumutbarer Maßnahmen erreichbar und übertreffbar sein. Im Entwurf der Verordnung wird dem Grundsatz der Anreizregulierung an mehreren Stellen durch zum Teil großzügige Regelungen Rechnung getragen. Gegenüber dem Referentenentwurf vom 4. April 2007 wurde der Verordnungsentwurf vom 13. Juni 2007 weiter "nachgebessert". Aus Sicht der Monopolkommission weist das vom Bundeswirtschaftsministerium verfolgte Konzept der Anreizregulierung erhebliche Mängel auf, die es noch vor Aufnahme der anreizorientierten Regulierung zu beseitigen gilt. Die gegebenen Anreize zu einer effizienten Bewirtschaftung des Leitungsnetzes sind als gering einzuschätzen. So ist der Abbau der Ineffizienzen über die individuellen Effizienzvorgaben zu Beginn der Anreizregulierung über die Dauer von zwei statt einer Regulierungsperiode zu erbringen. Daraus ergibt sich eine wesentlich geringere jährlich Effizienzvorgabe für die Netzbetreiber. Weiterhin fällt die allgemeine Produktivitätskennziffer mit 1,25 % bzw. 1,5 % gering aus und bewegt sich unterhalb bzw. nur am unteren Rand der von der Bundesnetzagentur vorgeschlagenen und international üblichen Bandbreite. Die individuelle Effizienzvorgabe erfolgt dagegen anhand einer Best-Abrechnung, wonach das aus Sicht eines Netzbetreibers günstigere Ergebnis aus den zwei Vergleichsmethoden gewählt wird. Hinzu kommt der Umstand, dass Netzbetreiber im Effizienzvergleich schlechtestenfalls einen Effizienzwert von 60 % (vormals 50 %) erhalten können.

590. Besonders ineffizient wirtschaftende Unternehmen sollen wohl durch die pauschale Anhebung des Effizienzwertes nicht überbelastet werden. Hinzu kommen die weitgehenden Regelungen zum vereinfachten Verfahren, an dem bis zu 75 % aller Netzbetreiber teilnehmen könnten. Das Ziel, die bestehenden Ineffizienzen zwischen den Netzbetreibern innerhalb von zwei Regulierungsperioden abzubauen, wird somit nicht erreicht werden können. Der Übergang zum reinen Vergleichswettbewerb wird sich daher aller Voraussicht nach weiter verzögern. Weiterhin soll das Qualitätselement erst in der zweiten Regulierungsperiode Eingang in die Regulierungsformel finden. Auch der pauschalierte Investitionszuschlag und das vereinfachte Verfahren kommt einem Zugeständnis an die Netzbetreiber gleich. Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass die Effizienzvorgaben für die 2009 beginnende erste Regulierungsperiode auf Basis der für das Geschäftsjahr 2006 anrechbaren und geprüften Kosten festgelegt werden. Die Netznutzer erhalten somit die Gelegenheit bereits in den Jahren 2007 und 2008 eigene Effizienzmaßnahmen zu ergreifen. Die Vorteile der Kostenreduktion werden erst zu Beginn der zweiten Regulierungsperiode an die Netznutzer weitergegeben. Die erste Regulierungsperiode dauert daher faktisch nicht fünf, sondern sieben Jahre.

600. Unabhängig von den im Entwurf der Anreizregulierungsverordnung gemachten Effizienzvorgaben sind die Anreize der Unternehmen zur Weitergabe von Effizienzsteigerungen in Form niedrigerer Netzentgelte gering. Nach Meinung der Monopolkommission ist es auch aus anderen Gründen verfehlt zu glauben, dass mit der zukünftigen anreizorientierten Regulierung der Netzentgelte eine wesentliche Senkung der Energiepreise insbesondere für HuK-Kunden einhergehen wird. Zum einen beträgt der Anteil der Netzentgelte am Endverbraucherpreis bei Elektrizität im Durchschnitt nur etwa ein Drittel und bei Gas nur etwa ein Fünftel. Zum anderen beziehen sich die (individuellen) Effizienzvorgaben nicht auf den gesamten Kostenblock eines Netzbetreibers, sondern nur auf die von ihm beeinflussbaren, ineffizienten Kostenanteile.

Weiterhin fallen die im Entwurf gemachten Anreizeffekte für eine effiziente Leistungsbereitstellung moderat aus. Ein konzeptionelles Problem stellt das insgesamt überhöhte Niveau der Netzentgelte dar, welches sich mit der Anreizregulierung nur bedingt lösen lässt. Der große Teil der Endverbraucherpreise für Elektrizität und Gas wird auf den den Netzen vor- und nachgelagerten Märkten bestimmt. So sind die Erzeugungskapazitäten von Elektrizität immer noch in der Hand von wenigen großen Energieunternehmen, so dass die Großhandels- und Regelenergiemärkte anfällig für strategisches Verhalten der Anbieter sind. Im Gasmarkt ist die Preisbildung weiterhin geprägt durch die hohe Konzentration der langfristigen Bezugsverträge auf wenige Importgesellschaften und die mehrheitliche Bindung des Gaspreises an Öl.

Eine wesentliche Verbesserung der Preissituation ist daher nur durch eine erhebliche Wettbewerbsbelebung auf den den Netzen vor- und nachgelagerten Märkten möglich. Gleichwohl sind niedrige Netzentgelte und ein diskriminierungsfreier Zugang zu den Leitungsnetzen unabdingbare Voraussetzungen für einen Wettbewerb auf diesen Wirtschaftsstufen. Das Konzept der Anreizregulierung ist in diesem Zusammenhang als ein wichtiger Baustein anzusehen.

616. Auch wenn heute noch von keinem hinreichenden Durchleitungswettbewerb gesprochen werden kann, so wurden seit Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes im Juli 2005 nicht unerhebliche Fortschritte erzielt. So sind die mit der Netzregulierung bisher gemachten Erfahrungen durchaus als positiv zu bewerten. Es bleibt anzumerken, dass insbesondere der Endverbraucher, ob Industrie- oder HuK-Kunde, durch sein Informations- und Verbrauchsverhalten sowie seine Wechselbereitschaft maßgeblich dazu beitragen kann, wie sich der Wettbewerb auf dem Energiemarkt entwickelt. Der Verbraucher muss erst für die freie Anbieterwahl sensibilisiert werden.

Verbraucher fordern vor der Monopolkommission Änderung der Energiepolitik

Stellungnahme des Bundes der Energieverbraucher

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Verbraucher fordern vor der Monopolkommission Änderung der Energiepolitik

(19. Dezember 2006) Der Bund der Energieverbraucher hat auf einer Anhörung vor der Monopolkommission heute eine Änderung der Energiepolitik angemahnt. Wettbewerb könne kein Selbstzweck sein.

Die derzeitig stark überhöhten Strompreise sind keine Folge des Wettbewerbs sondern eine Folge fehlenden Wettbewerbs. Statt wie für den Wettbewerb unabdingbar das natürliche Netzmonopol aufzulösen, haben sich auf allen drei Marktstufen monopolistische Tendenzen durchgesetzt.

 Der ausführliche Text der Stellungnahme kann hier nachgelesen werden:

 Download Stellungnahme zur Anhörung der Monopolkommission am 19. Dezember 2006  

Monopolkommission kritisiert Energiewettbewerb

Die Monopolkommission hat der Bundesregierung überreichten 16. Hauptgutachten Stellung bezogen.

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Monopolkommission kritisiert Energiewettbewerb

(6. Juli 2006) Die Monopolkommission hat in ihrem gestern der Bundesregierung überreichten 16. Hauptgutachten kritisch zu den gesetzlichen Regelungen des Strom- und Gasmarktes Stellung bezogen. 

Der Bund der Energieverbraucher hat die Stellungnahme begrüßt. Die deutlichen Schwächen des neuen Energierechts unterstreichen die Bedeutung einer zivilrechtlich begründeten Begrenzung von Energiepreisen, wie sie erfolgreich von einer zunehmenden Zahl von Verbrauchern praktiziert wird.

Das Gutachten führt aus: "Die Monopolkommission betrachtet die Wettbewerbsentwicklung auf den Strom- und Gasmärkten in Deutschland mit großer Sorge. In beiden Sektoren spielt Wettbewerb bisher nur eine äußerst geringe Rolle. Im Stromsektor ist der Wettbewerb nach einer dynamischen Anfangsphase ...nahezu vollständig zum Stillstand gekommen. Im Gasbereich hat sich Wettbewerb überhaupt noch nicht etablieren können.

Die Bemühungen des Bundeskartellamtes, überhöhte Netznutzungsentgelte mit den Mitteln des allgemeinen Wettbewerbsrechts in den Griff zu bekommen, sind an materiellen und verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten gescheitert. .. Im Strombereich haben Zusammenschlüsse die horizontale Konzentration auf der Verbundebene beträchtlich erhöht und die implizite Verhaltenskoordination zwischen den vier verbliebenen Unternehmen vereinfacht. Mit der Zunahme der Konzentration haben sich auch die Spielräume zur manipulativen Beeinflussung der Stromhandelsgroßmärkte ...drastisch erhöht.

Die Netze stellen ..natürliche Monopole dar. ..Die Mißbrauchsproblematik weist dabei zwei Dimensionen auf. Zum einen hat der Netzbetreiber aufgrund seiner Monopolstellung die Möglichkeit, durch missbräuchlich hohe Netzzugangsentgelte Monopolgewinne zu erzielen. Im Strom- und Gasbereich ist dieses Verhalten aufgrund der geringen Substitutionsmöglichkeiten und der geringen Elastizität der Endverbrauchernachfrage besonders profitabel. ..Darüber hinaus stellt sich das Problem der Diskriminierung von Wettbewerbern auf den den Netzen vor- und nachgelagerten Märkten. ..Selbst wenn die Durchleitungsentgelte der konzerneigenen Vertriebsgesellschaft in gleicher Höhe in Rechnung gestellt werden wie den Wettbewerbern, führt dies aus Sicht des Gesamtkonzerns nur zu internen Transfers. Für die Wettbewerber stellen die Netznutzungsentgelte dagegen echte Kosten dar. ..Die Anreize für eine diskriminierende Behandlung von Wettbewerbern beim Netzzugang werden auch durch eine gesellschaftsrechtliche Ausgliederung des Netzbetriebs nicht beseitigt. Hierfür wäre eine weitergehende eigentumsrechtliche Entflechtung des Netzbetriebs notwendig.

Die Maßstäbe des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sind für den Nachweis eines Preishöhenmißbrauchs im Bereich der Strom- und Gasnetze nicht praktikabel. Ein insgesamt überhöhtes Niveau der Netzentgelte ist mit dem Vergleichsmarktverfahren nicht nachzuweisen. ..Da die Aufsichtsbehörde immer nur begrenzt beurteilen kann, ob der Netzbetreiber bestehende Rationalisierungspotenziale ausgeschöpft hat, können hohe Kosten als betriebsnotwendig dargestellt und über höhere Kosten auf die Netznutzer abgewälzt werden.

Nach Ansicht der Monopolkommisssion ist eine intensivierte Wettbewerbsaufsicht über die Großhandels- und Regelenergiemärkte notwendig. Hier zeigt sich angesichts der internationalen Erfahrung mit der Manipulationsanfälligkeit dieser Märkte ein unverständliches Versäumnis des deutschen Gesetzgebers. Aufgrund der speziellen Angebots- und Nachfragekonstellation kann ein Stromanbieter, der Kapazitäten vom Markt nimmt, mit erheblichen Preisreaktionen rechnen. ..Vor diesem Hintergrund sind die zunehmenden horizontalen und vertikalen Verflechtungen in der deutschen Stromwirtschaft besonders kritisch zu beurteilen. Die Regulierungsbehörde sollte insbesondere die Kompetenz erhalten, der Ursache von Preisschwankungen auf den Großhandelsmärkten nachzugehen und manipulatives Verhalten zu ahnden. Alle Marktteilnehmer müssen in gleichem Maße Zugang zu preisrelevanten Informationen erhalten. ..

Ob mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz ..die Voraussetzungen für einen diskriminierungsfreien Netzzugang und eine wirkungsvolle Kontrolle der Netzentgelte geschaffen wurden, bleibt angesichts der andererseits erheblichen Schwächen des neuen energiewirtschaftlichen Regulierungsrahmens abzuwarten. Problematisch sind die...unklaren und zum Teil widersprüchlichen gesetzlichen Maßstäbe...für die Kalkulation der Netzentgelte. ...Wie die langjährigen Erfahrungen aus dem Bereich der Telekommunikation und der Post in aller Deutlichkeit zeigen, wirken Rechtsunsicherheiten vor allem als Nachteil für die neuen Marktteilnehmer. Nicht ausgeschlossen ist vor dem Hintergrund der hochkonzentrierten Marktstrukturen, dass der Wettbewerb in der Strom- und Gaswirtschaft auch durch einen funktionsfähigen Durchleitungswettbewerb kaum noch wiederbelebt werden kann.

Schließlich ist nach Ansicht der Monopolkommission § 111 Abs. 3 EnWG nicht mit dem Vorrang europäischen Gemeinschaftsrechts vereinbar. § 111 EnWG schließt das Kartellrecht aus, soweit die Netzentgelte von der Regulierungsbehörde genehmigt wurden. Da aber die Anwendung der europäischen Wettbewerbskontrolle nach Art. 82 EGV durch das Bundeskartellamt nicht durch nationale Gesetzgebung eingeschränkt werden kann, darf es dem Bundeskartellamt auch nicht verwehrt sein, die Rechtmäßigkeit der genehmigten Entgelte nach Art. 82 EGV zu prüfen.

Die gesetzlichen Vorgaben sind nach Ansicht der Monopolkommission kaum geeignet, in kurzer Frist ein wettbewerbs- und massengeschäftstaugliches Netzzugangsmodell im Gassektor zu etablieren. Die Ausnahme der Gasfernleitungsnetze von der kostenorientierten Entgeltregulierung ...stellt nach Ansicht der Monopolkommission einen wettbewerbspolitischen Fehler dar. Das Bundeskartellamt sollte von seinen Befugnissen zur Anwendung europäischen Wettbewerbsrechts Gebrauch machen, um Wettbewerbsbehinderungen durch missbräuchlich überhöhte Netzentgelte auf der Ebene der Gasfernleitungen zu beseitigen.

Monopolkommission übt harte Kritik

Entwurf des Energiewirtschaftsgesetzes und Urteile des OLG Düsseldorf werden hart kritisiert

Monopolkommission übt harte Kritik am Entwurf des Energiewirtschaftsgesetzes und Urteilen des OLG Düsseldorf.

(14. Juli 2004) In ihrem 15. Hauptgutachten geht die Monopolkommission hart ins Gericht mit dem vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Entwurf des Energiewirtschaftsgesetzes. Er trage den Erfordernissen einer effizienzorientierten Netzentgeltregulierung nicht Rechnung und vermag die regulatorischen Rahmenbedingungen für den Netzzugang nicht substanziell zu verbessern.

478 2004 Prof. Dr. Martin Hellwig

Prof. Martin Hellwig, Vorsitzender der Monopolkommission

Auch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf gegen Beschlüsse des Bundeskartellamtes werden kritisiert, sie führten die Kartellaufsicht ad adsurdum.

Sehr deutlich werden die Wettbewerbsbehinderung durch die überteuerte Bereitstellung von Regelenergie bemängelt. Die Monopolkommission fordert die Einführung einer deutschlandweiten Regelzone unter Führung eines nicht konzernverbundenen Systembetreibers.

Um den Marktmachtproblemen auf dem Stromgroßhandelsmarkt Rechnung zu tragen, sei eine intensivierte wettbewerbliche Aufsicht über diese Märkte notwendig. Sie sollte ebenfalls der künftigen Regulierungsbehörde übertragen werden.

In Deutschland sollte man in der Energiegesetznovelle zumindest vom Begriff der "elektrizitätswirtschaftlich rationellen Betriebsführung" Abschied nehmen; er sei durch den auch im Bereich der Telekommunikationsregulierung verwendeten Begriff der "effizienten Leistungsbereitstellung " zu ersetzen. Weiter sollte das Gesetz eine explizite Verpflichtung der Regulierungsbehörde zur Entwicklung anreizorientierter Preisregulierungsverfahren enthalten.

Der Bund der Energieverbraucher begrüßte die deutlichen Worte der unabhängigen Kommission als wichtige Basis für die Entwicklung von mehr Wettbewerb im Strommarkt zum Nutzen der Verbraucher.

Download Monopolkom. 15 HG Kurzfassung

Download Monopolkom. 15 HG Langfassung Kap VI

Wichtige Zitate aus dem 15. Hauptgutachten der Monopolkommission:

Die mit * versehenen Teilziffern stellen Zitate aus der Kurzfassung des Gutachtens dar, die Teilziffern ohne Stern zitieren aus der Langfassung.

Strompreise und Netznutzungsentgelte

"Auf die Stromerzeugung entfällt ein Drittel bis knapp die Hälfte der Wertschöpfung in der Elektrizitätswirtschaft" (Tz 1114).

"Die Stromverteilung, auf die ca. 30-50 % der Wertschöpfung in der Stromwirtschaft entfallen, umfasst den regionalen und lokalen Stromtransport über Hoch-, Mittel- und Nieder­spannungsnetze vom Übergabepunkt des Übertragungsnetzes bis zum Endverbraucher. Wäh­rend große Industriekunden direkt an das 110-kV-Hochspannungsnetz oder an das Mittelspan­nungsnetz angeschlossen sind, erfolgt die Belieferung von Haushalts- und Kleingewerbekun­den aus dem Niederspannungsnetz. Sie stellen aber ebenso wie die Über­tragungsnetze natürliche Monopole dar und machen eine entsprechende Preisaufsicht erfor­derlich" (Tz 1122).

"Das Haupthindernis für den Durchleitungswettbewerb in der Stromwirtschaft stellt derzeit das generell hohe Niveau der Netznutzungsentgelte in Deutschland dar. Im Rahmen der Verbändevereinbarung Strom II plus lässt sich das Problem missbräuchlich überhöhter Netznutzungsentgelte jedoch nicht in den Griff bekommen" (Tz 1132).

"Im europäischen Vergleich liegen die Nettostrompreise, d.h. inklusive der Netznut­zungsentgelte aber vor Steuern, für Industriekunden inzwischen wieder an der Spitze. Insbe­sondere kleine Unternehmen haben nach den Erhebungen von Eurostat in Deutschland die eu­ropaweit höchsten Strompreise zu bezahlen.27 Dies liegt vor allem an den außerordentlich ho­hen Netznutzungsentgelten. Bei den anderen von Eurostat verwendeten Unternehmenskatego­rien liegen die Preise in der Regel weit über dem europäischen Durchschnitt. Für Haushalts­kunden haben die Strompreise nach Schätzungen des VDEW mittlerweile wieder das Niveau vor der Marktöffnung erreicht.28 Wie aus der Beispielrechnung des VDEW für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 3.550 kWh hervorgeht, ist allerdings entgegen der häufig vorgebrachten Argumentation nur ca. 50 % des Preisan­stiegs auf höhere Belastungen durch Umlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz undauf die Stromsteuer zurückzuführen. Rund die Hälfte der Preiserhöhung geht auf den Bereich Erzeugung, Transport und Vertrieb zurück" (Tz 1157).

"Die empirischen Befunde belegen nicht nur die im internationalen Vergleich beträchtlich überhöhten Netznutzungsentgelte in Deutschland, sondern auch den signifikant höheren Anteil der Netznutzungsentgelte an den Endkundenpreisen beispielsweise im Vergleich mit den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich. Die damit einhergehenden niedrigen Ge­winnspannen auf der Erzeugungs- und der Verteilebene stellen, wie die Marktentwicklung zeigt, offensichtlich eine wirksame Marktzutrittsbarriere für neue Anbieter dar" (Tz 1167).

Marktmacht und Beteiligungen

"Durch zahlreiche Beteiligungen der Verbundunternehmen bzw. ihrer regionalen Toch­tergesellschaften an kommunalen Energieversorgungsunternehmen schreitet der Konzentrati-onsprozess in der Energiewirtschaft auch auf vertikaler Ebene rasch voran. Nach Angaben des Bundeskartellamtes haben die Verbundunternehmen zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2002 zusammen 82 neue Beteiligungen von mehr als 10 % an lokalen Strom­verteilungsunternehmen erworben. Von diesen entfielen allein 70 auf die beiden Marktfüh­rer RWE und E.ON. Die Beteiligungspolitik der beiden Verbundunternehmen konzentrierte sich dabei auf ihre traditionellen Netzgebiete. …Insge­samt halten die vier Verbundunternehmen an über 300 Regionalversorgern und Stadtwerken Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen. Von den etwa 900 Stadtwerken in Deutschland ha­ben bisher 194 den beiden großen Verbundunternehmen E.ON und RWE eine Minderheitsbe­teiligung von mehr als 10 % eingeräumt, auf E.ON allein entfallen 135…." (Tz 1146).

Wettbewerbsintensität auf dem deutschen Strommarkt

"Nach einer Phase in­tensiven Wettbewerbs in den ersten beiden Jahren nach der Liberalisierung ist mittlerweile je­doch eine deutliche Verringerung der Wettbewerbsintensität auf den Strommärkten festzustel­len, deren Ursache sowohl in marktstrukturellen Fehlentwicklungen als auch in einer wenig wettbewerbskonformen Ausgestaltung des elektrizitätswirtschaftlichen Ordnungsrahmens liegt" (Tz 237*).

"Die Monopolkommission betrachtet die Entwicklung der Marktstrukturen in der Elek­trizitätswirtschaft mit großer Sorge. Auf der Großhandelsebene haben die horizontalen Kon­zentrationsprozesse die oligopolistische Marktstruktur zementiert. Wettbewerbliches Verhal­ten ist nach Auffassung der Monopolkommission von den Verbundunternehmen nicht zu er­warten. Vielmehr begünstigen die spezifischen Eigenschaften des Strommarktes, wie die Ho­mogenität des Gutes Strom, die begrenzten Möglichkeiten zur Produktdifferenzierung und zum Qualitätswettbewerb, die Transparenz von Erzeugungskosten und Preisen sowie die ge­ringe Preiselastizität der Nachfrage gleichgerichtetes Verhalten der Oligopolmitglieder. Die Einschätzung, dass Wettbewerbsvorstöße in das traditionelle Liefergebiet eines anderen Ver­bundunternehmens praktisch zum Erliegen gekommen sind, wird durch Aussagen von Markt­teilnehmern bestätigt. Danach haben es selbst Großunternehmen mit beträchtlichen Stromab­nahmemengen mittlerweile schwer, wettbewerbliche Angebote zu erhalten. Angebote zur Be­lieferung werden häufig erst nach mehrfacher Aufforderung unterbreitet und unterscheiden sich im Hinblick auf die wesentlichen Vertragskonditionen nur wenig" (Tz. 1148).

"Der annähernd gleichzeitig zu beobachtende Anstieg der Strompreise in Verbindung mit der Stilllegung von Erzeugungskapazitäten seit dem Jahr 2001 lässt vielmehr darauf schliessen, dass die Phase kurzfristigen Preiswettbewerbs beendet und einem abgestimmten Verhalten zwischen den Oligopolmitgliedern gewichen ist. Für diese Einschätzung spricht auch, dass sich die Verbundunternehmen darauf beschränken, ihre traditionellen Absatzgebiete zu beliefern, und auf Wettbewerbsvorstöße in das Lieferge­biet der jeweils anderen Verbundunternehmen verzichten. … Im Ergebnis führt die Beteiligungspolitik der Verbundunternehmen zu Marktstrukturen, die den rechtlich abgeschotteten Gebietsmonopolen vor der Liberalisierung ähneln" (Tz 245*).

"Obwohl durch die mehrfach modifizierten Verbändevereinbarungen wettbewerbsbehin­dernde Regelungen für den Netzzugang und die grundsätzliche Struktur der Netzzugangsent­gelte abgebaut wurden, sind weiterhin erhebliche Behinderungen beim Netzzugang in der Elektrizitätswirtschaft festzustellen, die auf das außerordentlich hohe Niveau der Netznut­zungsentgelte in Deutschland zurückzuführen sind. Behinderungen des Netzzugangs können im Rahmen der Verbändevereinbarungen, die keine konkreten Preisvorgaben für den Netzzugang, sondern lediglich allgemeine Kalkulationsprinzipien enthalten, nicht gelöst werden. Die Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung Strom II plus belässt den Netzbetreibern vielmehr erhebliche Spielräume bei der Festsetzung der Netzpreise. Daher kommt der Miss­brauchsaufsicht des Bundeskartellamtes eine entscheidende Rolle für die Durchsetzung ange­messener Netznutzungsentgelte zu" (Tz 240*).

Kartellaufsicht und die Urteile des Oberlandesgerichts Düsseldorf

"Das Bundeskartellamt hatte sich in den letzten beiden Jahren vor allem mit Wettbe­werbsbehinderungen durch überhöhte Netznutzungsentgelte auseinanderzusetzen. Zwei Miss­brauchsverfahren, denen im Hinblick auf die Effektivität der im Rahmen des allgemeinen Wettbewerbsrechts erfolgenden Aufsicht über Netzmonopole in der Stromwirtschaft Modell­charakter zukommt, wurden mit einer förmlichen Verfügung abgeschlossen. … Das Oberlandes­gericht hat die Verfügungen in beiden Fällen aufgehoben und dies unter anderem damit be­gründet, dass für die in Frage stehenden Netznutzungsentgelte, die nach den Preisfindungskri­terien der Verbändevereinbarung Strom II plus kalkuliert wurden, die Vermutung "guter fach­licher Praxis" streite. Der Vermutungstatbestand der "guten fachlichen Praxis" bei Kalkulati­on der Netzentgelte nach den Preisfindungskriterien der Verbändevereinbarung war mit der Novellierung vom Mai 2003 in das Energiewirtschaftsgesetz eingefügt worden. … (Tz 241*).

"Die Monopolkommission hat bereits in ihrem letzten Hauptgutachten die Befürchtung geäußert, das Kartellgericht könne aufgrund der Gesetzesnovellierung zu der Auffassung gelangen, dass nahezu jede vertragliche Regelung, die mit der Ver­bändevereinbarung Strom in Einklang steht, der Missbrauchsaufsicht durch das Bundeskar­tellamt entzogen sein könne. Für besonders bedenklich hält sie dies im Hinblick auf eine Verrechtlichung der allgemeinen Kalkulationsmaßstäbe zur Preisfindung. Es ist an dieser Stelle noch einmal zu betonen, dass in der Verbändevereinbarung Strom II plus die Höhe der Netznutzungsentgelte nicht festgelegt ist und die allgemein formulierten Preisfindungsprinzipien erhebliche Spielräume für eine missbräuchliche Preissetzung lassen. Aufgrund dieser konzeptionellen Mängel der Verbändevereinbarung in Bezug auf die Bestimmung der Netz­preise ist gerade in diesem Bereich eine wirksame Missbrauchsaufsicht durch das Bundeskar­tellamt unentbehrlich. Die Netzpreisaufsicht im Rahmen des allgemeinen Wettbewerbsrechts wird jedoch durch die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts geradezu ad absurdum ge­führt" (Tz. 1138).

Regelenergie

"In hohem Maße wettbewerbsbehindernd ist nach Auffassung der Monopolkommission darü­ber hinaus die sich aus dem vertikalen Verbund von Stromerzeugung/Stromhandel ergebende Interessenlage der Übertragungsnetzbetreiber. In ihrer Funktion als Systembetreiber erhalten die Verbundunternehmen notwendigerweise eine Fülle wettbewerbsrelevanter Informationen über die aktuelle Netzlast, Netzengpässe, die Verfügbarkeit von Erzeugungskapazitäten sowie die Angebotspreise der einzelnen Kraftwerksblöcke, die ihnen erhebliche strategische Vortei­le gegenüber ihren Wettbewerbern im Erzeugungsbereich und im Stromhandel verschaffen. Das mit diesem Informationsmonopol verbundene Diskriminierungspotential kann nach Auf­fassung der Monopolkommission nur durch einen von Erzeugungs- und Handelsinteressen unabhängigen Systembetreiber wirksam beseitigt werden. Sie empfiehlt daher, die Führung einer deutschlandweiten Regelzone einem unabhängigen Systembetreiber zu übertragen, der weder direkt noch über konzernverbundene Gesellschaften im Erzeugungs- oder Handelsbe­reich tätig ist. Eine in Deutschland verfassungsrechtlich problematische Eigentumsübertra­gung wäre damit nicht verbunden, da das Netzeigentum bei den bisherigen Verbundunterneh­men verbleiben könnte" (Tz 254*).

"Die wettbewerbliche Entwicklung auf den Beschaffungsmärkten für Regelenergie ver­läuft bisher wenig zufrieden stellend. Die Regelenergiekosten sind insbesondere für die Pri­mär- und Sekundärreserve in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen und waren nach Anga­ben der Übertragungsnetzbetreiber die Ursache für die mehrfach signifikant angehobenen Netznutzungsentgelte auf der Höchstspannungsebene. Das Bundeskartellamt hat auf Be­schwerden von Marktteilnehmern hin Missbrauchsverfahren gegen verschiedene Kraftwerks­gesellschaften des RWE- und des E.ON-Konzerns eingeleitet. Es besteht der Verdacht, dass die betroffenen Unternehmen ihre marktbeherrschende Stellung als Anbieter von Regelener­gie missbrauchen, um überhöhte Regelenergiepreise zu fordern. Einen Hinweis auf die bisher wenig effiziente Funktionsweise der Regelenergiemärkte für Minutenreserve liefern die deut­lich höheren Preise für Regelenergie im Vergleich mit den Preisen des auf dem Spotmarkt ge­handelten Stroms. Beide Märkte stehen in einem engen ökonomischen Zusammenhang. Hohe Differenzen zwischen Regelenergie- und Spotmarktpreisen würden bei wettbewerblich funk­tionierenden Regelenergiemärkten zu einer Verlagerung des Angebots auf die Regelenergie­märkte und damit zu einer Annäherung der Regelenergiepreise an die Spotmarktpreise führen" (Tz. 1201).

Manipulationen an der Strombörse

"Auf dem deutschen Stromgroßhan­delmarkt besteht eine strukturelle Informationsasymmetrie, da die Verbundunternehmen sehr viel besser über geplante und tatsächliche Lastflüsse, die Verfügbarkeit eigener und fremder Kraftwerke sowie die grenzüberschreitenden Stromflüsse informiert sind als andere Marktteil­nehmer. Um die daraus resultierenden Missbrauchsmöglichkeiten zu verringern, sollten die Verbundunternehmen verpflichtet werden, preisrelevante Informationen über die prognosti­zierte und aktuelle Netzlast, die Belegung der Kuppelkapazitäten ins Ausland sowie über geplante Revisionen von Netzen und Kraftwerken öffentlich zugänglich zu machen. Im europäi­schen Ausland, beispielsweise in England oder Skandinavien werden diesbezügliche Daten vorab bzw. in Echtzeit für alle Marktteilnehmer zur Verfügung gestellt. Um Manipulationen durch marktmächtige Erzeugungsunternehmen zu verhindern und einen wettbewerblichen Preisbildungsprozess sicherzustellen, ist nach Auffassung der Monopol­kommission außerdem eine intensivierte wettbewerbliche Aufsicht über die Preisentwicklung auf den Stromgroßhandelsmärkten notwendig. Diese sollte der zukünftigen Regulierungsbe­hörde, die aufgrund ihrer netzwirtschaftlichen Regulierungsbefugnisse über die umfangreichs­ten stromwirtschaftlichen Kenntnisse verfügen dürfte, übertragen werden" (Tz 1210).

Der Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums

"Die Monopolkommission vermag in dem vorgelegten Gesetzesentwurf insbesondere im Hinblick auf das vorgesehene System der Netzentgeltregulierung keine substanzielle Verbes­serung der regulatorischen Rahmenbedingungen für den Elektrizitätssektor zu erkennen. Der als zentraler Maßstab für die Angemessenheit der Netzzungsentgelte herangezogene Begriff der energiewirtschaftlich rationellen Betriebsführung entstammt der Tarifpreisaufsicht der Länder, durch die in der Vergangenheit die Endkundenpreise für Stromtarifabnehmer präven­tiv genehmigt wurden. Im Rahmen der von den Länderaufsichtsbehörden durchgeführten Preisgenehmigungsverfahren wurden bei der Preisermittlung die von den Monopolunterneh­men nachgewiesenen Kosten einschliesslich einer angemessenen Verzinsung des Eigen- und Fremdkapitals zugrunde gelegt. Eine Prüfung, inwieweit die von den Unternehmen geltend gemachten Kosten bei einer effizienten Leistungsbereitstellung notwendig gewesen wären, hat dabei nicht stattgefunden. Der Begriff der energiewirtschaftlich rationellen Betriebsfüh­rung steht damit in der Tradition einer kostenzuschlagsorientierten Preisregulierung auf der Basis vergangenheitsbezogener Ist-Kosten der Monopolunternehmen, die keinerlei Anreize für Effizienzverbesserungen beinhaltet. Als Maßstab für die Ermittlung wettbewerbsgerechter Netznutzungsentgelte in einem liberalisierten stromwirtschaftlichen Umfeld ist der Begriff der energiewirtschaftlich rationellen Betriebsführung nach Auffassung der Monopolkommission daher ungeeignet. Die Orientierung an den tatsächlichen Kosten birgt die Gefahr, dass das aus Monopolzeiten stammende überhöhte Kostenniveau auch in Zukunft nicht abgebaut wird, zu­mal der vorliegende Referentenentwurf keine darüber hinaus gehenden Hinweise auf anreiz­orientierte Regulierungsinstrumente wie das Vergleichsmarktprinzip oder Benchmarkingver­fahren zur Beurteilung der Angemessenheit von Netznutzungsentgelten enthält. Um den Er­fordernissen einer effizienzorientierten Netzentgeltregulierung, die Anreize für zukünftige Produktivitätsfortschritte beim Betrieb der Stromnetze bietet, Rechnung zu tragen, schlägt die Monopolkommission vor, den Begriff der Kosten einer elektrizitätswirtschaftlich rationellen Betriebsführung durch den auch im Bereich der Telekommunikationsregulierung verwendeten Begriff der Kosten einer effizienten Leistungsbereitstellung zu ersetzen. Damit wäre zumin­dest begrifflich die Effizienzorientierung bei der Ermittlung angemessener Netzpreise klarge­stellt.
Vor dem Hintergrund der in Abschnitt 5.1.2 dargestellten konzeptionellen und verfahrens­rechtlichen Mängel der derzeitigen Ausgestaltung der Netzpreisaufsicht hält es die Monopol­kommission darüber hinaus für außerordentlich wichtig, dass mit der Novellierung des Ener­giewirtschaftsgesetzes ein Rechtsrahmen für die Entwicklung angemessener, anreizorientier­ter Verfahren zur Regulierung der Netznutzungsentgelte im Stromsektor geschaffen wird. Dem trägt der vorliegende Referentenentwurf nicht Rechnung, da er ausschliesslich auf eine kostenorientierte Prüfung der Netzentgelte abstellt. Die Anwendung von Benchmarking ver­fahren zur Überprüfung der Effizienz der einzelnen Netzbetreiber wird in dem Entwurf dage­gen an keiner Stelle erwähnt. Es genügt aber nach Auffassung der Monopolkommission nicht, die Anwendung von Vergleichsverfahren zur Überprüfung von Netzentgelten, wie vorgese­hen, nur verordnungsrechtlich zu normieren, da dann die Gefahr besteht, dass die kostenorien­tierte Regulierung des der Rechtsverordnung übergeordneten Gesetzes bestenfalls eine nach-rangige Anwendung von Vergleichsverfahren zulässt. Die Monopolkommission schlägt daher vor, in das Energiewirtschaftsgesetz eine explizite Verpflichtung der Bundesregulierungsbe­hörde zur Entwicklung anreizorientierter Benchmarking verfahren für die Kontrolle von Netz­entgelten aufzunehmen. Damit nicht vereinbar ist eine allzu starke Einschränkung der Hand­lungsspielräume der Bundesregulierungsbehörde durch die vorgesehene detaillierte verord­nungsrechtliche Festlegung von Kalkulationsprinzipien zur Berechnung von Netzzugangsent­gelten. Die Entwicklung ökonomisch und wettbewerblich sachgerechter Preisregulierungsver­fahren benötigt erfahrungsgemäß Zeit. Voraussetzung für eine effiziente Regulierung der Netzpreise ist daher ein Regulierungsrahmen, der es der Bundesregulierungsbehörde ermög­licht, Erfahrungen zu sammeln und die Entgeltregulierung im Sinne eines Lernprozesses in flexibler Weise an dynamische Marktentwicklungen anzupassen" (Tz 1247).

"Als zentraler Prüfmaßstab zur Beurteilung der Angemessenheit der Netzent­gelte ist der Begriff der elektrizitätswirtschaftlich rationellen Betriebsführung, der in einer Tradition kostenzuschlagsorientierter Preisregulierung auf der Basis vergangenheitsbezogener Ist-Kosten steht, aus Sicht der Monopolkommission wenig geeignet, den Erfordernissen einer effizienzorientierten Netzentgeltregulierung Rechnung zu tragen. Insofern vermag die Mono­polkommission in dem vorgelegten Gesetzesentwurf keine substantielle Verbesserung der re­gulatorischen Rahmenbedingungen für den Elektrizitätssektor zu erkennen. Sie schlägt daher vor, zumindest den Begriff der elektrizitätswirtschaftlich rationellen Betriebsführung durch den auch im Bereich der Telekommunikationsregulierung verwendeten Begriff der effizienten Leistungsbereitstellung zu ersetzen sowie eine explizite Verpflichtung der Regulierungsbe­hörde zur Entwicklung anreizorientierter Preisregulierungsverfahren in das Gesetz aufzuneh­men" (Tz 260*).

Machtwirtschaft statt Marktwirtschaft

Am 16. Januar 2003 diskutierte der Deutsche Bundestag über das 14. Hauptgutachten der Monopolkommission.

Machtwirtschaft statt Marktwirtschaft

(16. Oktober 2003) Am 16. Januar 2003 diskutierte der Deutsche Bundestag über das 14. Hauptgutachten der Monopolkommission. Dabei sagte der Bundestagsabgeordnete Hartmut Schauerte folgendes:

"Wirtschaftsminister Müller war ein Monopolminister. Übrigens, es ist erstaunlich, wie wenig man noch von ihm hört. Er ist im Nebel der Ruhrschiene verschwunden....Die Liberalisierung der Energiemärkte. Es ist doch ein Jammer, was wir da erleben. Die Konzentration nimmt zu, die "Machtwirtschaft" explodiert und die Verbraucher zahlen hohe Zechen. ...Das muss man sich einmal vorstellen: Aufgrund der Politik nimmt der Wettbewerbsdruck ab. Als Reaktion machen die Unternehmen natürlich das, was möglich ist: Sie erhöhen die Preise. Obwohl die Unternehmen dies öffentlich sagen, ist von der Regierung kein Wort dazu zu hören....Wir erleben im Moment eine "Vermachtung" der Energiemärkte, die unterträglich ist. (zur Regierung) Nichts davon können Sie bestreiten, nicht davon können Sie erklären, nichts davon wollen Sie ändern. ...Was machen wir im Hinblick auf die Fusion von Eon und Ruhrgas?...Einem Unternehmen mit einem Marktanteil von 60 Prozent bescheinigt man zu Beginn der Debatte über die Liberalisierung des Gasmarkts, es sei zu klein. ...So, wie es läuft, mit den negativen Ergebnissen, die es zeitigt, mit den Verzögerungen und den Behinderungen beim Netzzugang, kann es nicht weitergehen. ...Es steht schlecht um den Wettbewerb und gut um die Monopole in unserem Land."

Monopolkommission gegen verhandelten Netzzugang und Verbändevereinbarung

Der Wettbewerb im Energiebereich ist gescheitert, weil Deutschland als einziges EU-Land den Zugang zu Strom- und Gasnetzen nicht geregelt hat, sondern der Verhandlung anheimstellt, der sog. "verhandelteNetzzugang", und der Vereinbarung von Verbänden ("Verbändevereinbarung"). In ihrem 14. Hauptgutachten hat dies die vom Bundeswirtschaftsministerium eingesetzte Monopolkommission deutlich kritisiert. Wir zitieren aus dem Gutachten.

"Nach Auffassung der Monopolkommission ist der Weg des "verhandeltenNetzzugangs" abzulehnen. In beiden energiewirtschaftlichen Branchen (Strom und Gas d. R.) wäre einem regulierten Netzzugang eindeutig der Vorzug zu geben, umgesetzt durch eine allgemeine Regulierungsbehörde für Netzsektoren. Die Ablehnung des Konzepts des verhandelten Netzzugangs als geeignetes Lösungskonzept beruht darauf, dass dieser Ansatz auch trotz dieser vergleichsweise großen Anzahl von Netzbetreibern grundsätzlich nicht in der Lage ist, das Problem überhöhter Netzzugangspreise in einer adäquaten Weise zu lösen.

Folglich ist eine Kostenprüfung unumgänglich; diese Auffassung hat sich inzwischen auch im Bundeskartellamt durchgesetzt. Eine solche Prüfung sollte nach Ansicht der Monopolkommission aber in eine generelle ex-ante Lösung á la Telekommunikationsregulierung münden, da sie in diesem Rahmen effektiver und mit besseren Ergebnissen verwirklicht werden kann.

Der Vorteil einer ex-ante Regulierung liegt in eindeutigen und transparenten kostenorientierten Standards für die Netzzugangspreissetzung sowie einer schnelleren Durchsetzbarkeit der Netzzugangswünsche und somit in einer besseren Planbarkeit entsprechen der Investitionen.

Hinzu kommt die Möglichkeit, den im Ausland verbreiteten Ansatz einer Anreizregulierung umzusetzen, welcher eine effiziente Preissetzung von Betreibern wesentlicher Einrichtungen fördert. Dieser fortschrittliche Ansatz ist im Rahmen einer Missbrauchsaufsicht nicht realisierbar. Schließlich ist die Monopolkommission der Auffassung, dass sich aus einer Kosten-Nutzen-Betrachtung die Einrichtung einer Regulierungsinstitution eindeutig rechtfertigt."

Meinungswechsel

"Bei diesen Empfehlungen ist sich die Monopolkommission eines Meinungswechsels gegenüber früheren Stellungnahmen bewusst. Die zwischenzeitlich gewonnenen Erfahrungen mit der Zugangsproblematik in den leitungsgebundenen Industrien belegen aber das massive Missbrauchspotential der Netzmonopolisten. Die mangelhafte Kontrollierbarkeit der Missbräuche ex post spricht eindeutig für eine Ex-ante Regulierung.

Dem Argument der politischen Beeinflussbarkeit der Regulierung trägt die Monopolkommission dadurch Rechnung, dass sied ie Schaffung einer sektorübergreifenden Regulierungsinstanz fordern."

Diese grundsätzlichen Empfehlungen werden noch mit folgenden zusätzlichen Argumenten begründet, mit denen die grundsätzliche Eignung des gegenwärtigen Konzepts der Kartellaufsicht kritisch beleuchtet werden:

Verbändevereinbarung?

"Schließlich führt auch die Festlegung von Branchentarifen, wie beispielsweise in den Verbändevereinbarungen Strom und Gas, nicht zu einer wettbewerbskonformen Lösung. Die jeweils an den Verhandlungenbeteiligten Verbände haben einen Anreiz, sich zu Lasten Dritter, d.h. nicht verbandszugehöriger Unternehmen, speziell auch aus dem Ausland,u nd der (Klein-) Kunden zu einigen. Verbändevereinbarungen tendieren dazu, an zentralen Stellen unvollständig zu sein, auch wenn der Staat moderierend eingreift." "Bei einer unkritischen Verrechtlichung derartiger Vereinbarungen droht ein zusätzliches Hemmnis gegen die Umsetzung angemessener Netzzugangskonditionen."

Mehr zu diesem Thema: www.monopolkommission.de

letzte Änderung: 31.05.2018