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Billigkeit von Strompreisen

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Rückerstattung

...wenn sie zuviel bezahlen...
Verbraucher fordern Siemens-Gelder zurück

(26. Januar 2007) Jahrelang haben Stromverbraucher wegen überteuerter Schaltanlagen zuviel für ihren Strom gezahlt. Der Bund der Energieverbraucher fordert, das zuviel bezahlte Geld zurückzuklagen und an Verbraucher zurückzuzahlen.

Verbraucher fordern Siemens-Gelder zurück

(26. Januar 2007) Jahrelang haben Stromverbraucher wegen überteuerter Schaltanlagen zuviel für ihren Strom gezahlt. Die von der EU gegen Siemens verhängte Strafzahlung von 419 Millionen Euro zeigt, in welchem Ausmaß die Schaltanlagen überteuert waren. Die Stromversorger haben sich das Geld gestützt auf ihr Monopol und alles genehmigende Landesbehörden von den Kunden bezahlen lassen.

Der Bund der Energieverbraucher fordert von den Stromversorgern, das zuviel bezahlte Geld von den Herstellern zurückzuklagen und an die betroffenen Verbraucher zurückzuzahlen.

"Die Bundesnetzagentur darf die entsprechenden überhöhten Kosten bei Genehmigung der Netzentgelte nicht anerkennen", fordert der Vereinsvorsitzende Dr. Aribert Peters heute in Bonn. Es dürfte sich nach Peters Schätzung um mehrere Milliarden Euro handeln. Der hier betroffene Bereich der Stromnetze ist nach wie vor ein Monopolbereich und unterliegt der Regulierung durch die Bundesnetzagentur.

Die Verbraucher sollten sich, so Peters, am einfachsten selbst wehren und die Stromrechnung kürzen, bis der Versorger den Beweis erbracht habt, dass seine Preis fair kalkuliert sind. Dafür bietet der Verein einen Musterbrief auf der Internetseite energiepreise-runter.de an. Der Versorger muss auch Kunden beliefern, die nicht den verlangten überhöhten Preis bezahlen.

Die EU-Kommission verhängt über Siemens eine Strafe von 419 Mio Euro wegen illegaler Preisabsprachen für gasisolierte Schaltanlagen. Davon muss Siemens Deutschland 396,6 Mio Euro zahlen, Siemens Österreich für die vor kurzem übernommenen VA Tech 22,1 Mio Euro.

Insgesamt verhängte die EU-Kommission Strafgelder von 750,7 Mio Euro gegen elf Elektrokonzerne, neben Siemens und VA Tech auch ABB, Alstom, Areva, Fuji, Hitachi Japan AE Power Systems, Mitsubishi Electric Corporation, Schneider und Toshiba. Die Geldbuße gegen Siemens Deutschland sei die höchste, die bisher gegen ein Unternehmen für einen einzelnen Kartellrechtsverstoß verhängt worden sei, so die EU. Bei der gesamten Geldbuße handle es sich um die höchste in einem Kartellfall.

Das Kartell habe die öffentlichen Versorgungsunternehmen und die Verbraucher mehr als 16 Jahre lang betrogen, so EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Die Unternehmen seien zwischen 1988 und 2004 an Angebotsabsprachen bei Ausschreibungen, Preisabsprachen, Projekt- und Marktaufteilung sowie dem Austausch geschäftlich wertvoller und vertraulicher Informationen beteiligt gewesen, wobei Siemens eine führende Rolle gespielt habe. Mitsubishi Electric muss 118,6 Mio Euro zahlen, Toshiba 90,9 Mio Euro, Alstom 65 Mio Euro und Areva 53,6 Mio Euro. ABB sei die Buße von 215,2 Mio Euro erlassen worden, weil das Unternehmen die Anwendung der Kronzeugenregelung beantragt und der Kommission Informationen über das Kartell vorgelegt habe, so die EU-Behörde. Siemens will beim EuGH klagen, mit dem Argument, die Absprachen bei gasisolierten Hochspannungsschaltanlagen habe es nur von Oktober 2002 bis April 2004 bei einigen wenigen Projekten im europäischen Wirtschaftsraum gegeben.

Keine Informationen gibt es über mögliche Rückerstattungen an Stromversorger, die die überhöhten Rechnungen bezahlt hatten, oder an Stromkunden, die mit ihren Strompreisen dafür gerade standen.

Unbillig hohe Energiepreise nicht bezahlen!

Stromkunden sind bei zu hohen Strompreisen nicht rechtlos gestellt.

Unbillig hohe Energiepreise nicht bezahlen!

Stromkunden sind bei zu hohen Strompreisen nicht rechtlos gestellt. Sie sollten deshalb auch noch nachträglich versuchen, die Abrechnung wenigstens zu dem für sie günstigsten Tarif zu erreichen. Das gilt auch für Gas- und Fernwärmeabrechnungen.
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Thomas Fricke.

(26. August 2004) Tarife für Leistungen der Daseinsvorsorge wie Strom-, Gas oder Fernwärmetarife, auf deren Inanspruchnahme der andere Teil angewiesen ist, sind der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 BGB unterworfen, wenn sie nicht individuell vereinbart wurden. Dies gilt für Sonderabnehmer und für Tarifkunden auch nach der Liberalisierung des Strommarktes (vergleiche Held NZM 2004, 169).

 Download bgb315 held Überhöhte Preise auf dem Wärmemarkt? 

Das zu überprüfende Entgelt muss der Billigkeit entsprechen. Erfüllt es diese Anforderungen nicht, ist es unverbindlich. Das gilt selbst dann, wenn die Bestimmung mit behördlicher Genehmigung getroffen wurde. Solange der Nachweis nicht erbracht wurde, dass die geforderten Entgelte der Billigkeit entsprechen, ist der Anspruch gemäß § 315 Absatz 3 Satz 2 BGB, nicht fällig. Ein Zahlungsanspruch besteht also nicht. Der BGH hat entschieden, dass es dem Zweck dieser Regelung zuwider liefe, wenn das Energieversorgungsunternehmen (EVU) berechtigt wäre, eine ihm eventuell gar nicht geschuldete Zahlung zunächst zu vereinnahmen und den Abnehmer auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen und seine Forderungen mit Sperrandrohungen nach § 32 AVBEltV durchzusetzen (BGH NJW 1983, Seiten 1778, 1779).

EVU muss Billigkeit beweisen

Laut BGH trifft das EVU die volle Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der geforderten Strompreise (BGH, Urt. v. 05.02.2003, Az. VIII ZR 111/02, m. w. N.). Hierzu hat es seine Kalkulationsgrundlagen vollständig offen zu legen. Anders verhält es sich nur im Rückforderungsprozess des Kunden nach vorbehaltloser Zahlung, wo der BGH zunächst die Vorlage der behördliche Tarifpreisgenehmigung samt aller Antragsunterlagen einschließlich der Kostenträgerrechnungen durch das EVU als Nachweis genügen lässt (BGH, Urt. v. 05.02.2003, Az. VIII ZR 111/02).

Stromsperre darf nicht angedroht werden

Der Kunde kann bei zu hohen Strompreisen den entsprechenden Einwand nach § 315 BGB erheben und deshalb die Zahlung vollständig verweigern. Er muss nicht darlegen, weshalb er die Strompreise als zu hoch beanstandet. Gründe gäbe es indes viele. Das EVU kann ihn nur auf Zahlung verklagen und muss dabei die Billigkeit des Tarifs unter Offenlegung der gesamten Kalkulationsgrundlagen vor Gericht vollständig nachweisen. Erst mit dem Urteil wird die Zahlung fällig. Dem Kunden darf mangels Verzuges deshalb auch keine Versorgungseinstellung angedroht werden. Weil viele EVU wohl aus gutem Grund eine Offenlegung ihrer Kalkulationsgrundlagen (bestgehütetes Geschäftsgeheimnis) fürchten, werden sie auf eine Klage verzichten und auf ein Angebot des Kunden eingehen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht den Verbrauch rückwirkend zum günstigsten Tarif abzurechnen.

Überlegfrist für Verbraucher

Wenn der Kunde den Einwand der Unbilligkeit bereits vor oder während eine Prozesses erhebt, muss das EVU zum Nachweis der Billigkeit seine sämtlichen Kalkulationsgrundlagen wie aufgezeigt offen legen. Danach kann der Kunde diese prüfen und sich überlegen, ob er die Billigkeit weiter bestreiten will. Bleibt der Kunde bei seiner Meinung, kann das Gericht ein Sachverständigengutachten erstellen lassen. Die Kosten dafür muss das EVU zunächst vorstrecken. Am Ende zahlt alles der Unterlegene. Der Einwand aus § 315 BGB führt zur Nichtfälligkeit des gesamten Rechnungsbetrages, den das EVU wie aufgezeigt einklagen muss. Der Kunde kann aber auch ein von ihm als angemessen angesehenes Entgelt auf die Rechnung leisten und hierdurch das Prozesskostenrisiko (weit geringerer Streitwert) mindern. Gleichzeitig sinkt das Interesse des EVU an einem Prozess.

Bisherige Erfahrungen

Bisherige Erfahrungen zeigen, dass sich die EVU auf die rückwirkende Anwendung günstigerer Tarife einlassen und zudem "Kleinbeträge", die daraus resultieren, dass der Kunde unter Berufung auf die Unbilligkeit nur ein von ihm als angemessen angesehenes Entgelt bezahlt, wohl wegen der oben genannten hohen Darlegungs- und Beweislast auch nicht konsequent verfolgen.

Der Kunde muss aber darauf achten, dass er bei zukünftigen Zahlungen genau bestimmt, dass diese auf die Folgerechnung verrechnet werden, somit eine Verrechnung durch das EVU gemäß § 367 BGB auf die bisher verweigerte Zahlung ausgeschlossen wird. Der Anspruch auf den Differenzbetrag verjährt dann regelmäßig.

Chancen und Risiken

"Sieg" bedeutet für Verbraucher eine Preisminderung, ohne dass es ein Gerichtsurteil dazu gibt. Das Risiko für den Verbraucher ist ein verlorener Prozess. Wegen der geringen Streitwerte liegen die Kosten dafür jedoch gering. Auch Rechtsanwälte werden aus diesem Grund eher unfreudig solche Mandate übernehmen.

Der Bund der Energieverbraucher wird seine Mitglieder durch Rat und Tat nach Kräften unterstützen. Es bestehen gute Chancen, wie dargestellt, überhöhte Preise zu mindern.

Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts nach § 30 AVB

Nach herrschender Rechtsprechung ist der § 30 AVB beim Einwand der Unbilligkeit einer Preisbestimmung nach § 315 BGB nicht anwendbar.

Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts nach § 30 AVB

Nach herrschender Rechtsprechung ist der § 30 AVB beim Einwand der Unbilligkeit einer Preisbestimmung nach § 315 BGB nicht anwendbar.

(26. August 2004) Der BGH begründet die Unanwendbarkeit des § 30 AVBEltV mit dem Gesetzeszweck des § 315 III BGB: Die Frage der Billigkeit der Leistung ist untrennbar mit der Leistungspflicht der Bekl. verbunden. Ist der Einwand der Unan­gemessenheit berechtigt, so ist von Anfang an nur der vom Gericht bestimmte Preis geschuldet (§ 315 III BGB).

Nur auf diesen hat die Kl. einen Anspruch und es ist kein Grund ersicht­lich, der es rechtfertigen könnte, ihr die Befugnis zuzugestehen, zunächst eine - eventuell gar nicht geschuldete - Zahlung zu vereinnahmen und den Abnehmer auf einen Rückforderungspro-zess zu verweisen. Dies liefe dem Zweck des § 315 III 2 BGB zuwider. Durch die Regelung soll dem Betroffenen nicht nur,ein einfacher Weg' eröffnet werden, ,um zur gerichtlichen Bestim­mung der Leistung zu kommen' (Mot. II, 192), sondern man war sich schon bei der Formulierung des Gesetzestextes darin einig, daß ,die richterliche Entscheidung über die Frage, welche Leis­tung billig sei, regelmäßig in dem Rechtsstreit über die Leistungs­frage zu treffen sei' (Prot. I, 465)".

Darüber hinaus legt der BGH die Vorschrift unter Berücksichti­gung der typischen Interessenlage aus. Danach kommt hinzu, dass die Bekl., würde man ihr den fraglichen Einwand gegen­über dem Leistungsverlangen der Klägerin abschneiden, weiter­hin dadurch benachteiligt sein könnte, dass sie auf einen beson­deren Rückforderungsprozess angewiesen wäre, in dem es ihr obläge, nach der für Ansprüche aus § 812 BGB geltenden Be­weislastregel (vgl. hierzu BGH, NJW 1983, 626 = WM 1983, 14 ) die Zahlung auf eine Nichtschuld und damit der Klägerin zu beweisen, während sonst der die Leistung bestimmende die Beweislast für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung trägt (vgl. BGH, NJW 1969, 1809; 1981, 571)." Dieses Argument hat durch die jüngste Entscheidung des BGH 74 zur Beweislast im Rückforderungsprozess des Stromkunden an Bedeutung gewonnen.

Damit dürften die unterinstanzlichen Entscheidungen, die bisher eine An­wendbarkeit des § 30 AVB gerade unter Berufung auf die volle Darlegungs- und Beweislast des EVU auch im Rück­forderungsprozess vertreten haben, überholt sein.

letzte Änderung: 01.09.2010