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Strombörsen


Strombezug zum Börsenpreis

Dynamische Stromtarife

Strombezug zum Börsenpreis: Dynamische Stromtarife

Von Matthias Moeschler

(26. April 2023) Während der Energiekrise waren Preiserhöhungen auf 50 Ct/kWh und mehr keine Seltenheit. Seit Anfang 2023 fielen die Strompreise an der Börse und Neukunden zahlten im Februar durchschnittlich nur noch 37 Ct/kWh (Quelle: Verivox). Ein Wechsel des Anbieters lohnt sich somit wieder.

366 Symbolbild Stromtarife / Foto: Coloures-Pic / stock.adobe.com

Zu den günstigsten Anbietern gehören derzeit die Start-ups Tibber und Rabot Charge mit ihren dynamischen Stromtarifen, bei denen der Verbrauch stündlich zu den aktuellen Börsenpreisen abgerechnet wird. Das kann Geld sparen: Wenn der Wind stark weht und die Sonne scheint, ist Strom an der Börse besonders günstig. Es gibt jedoch auch Zeiten mit sehr hohen Börsenpreisen, wo der Kunde dann mehr zahlen muss. Hinzu kommen noch Steuern und Abgaben auf den Preis. Um am Vertrag zu verdienen, stellt Tibber außerdem eine monatliche Grundgebühr von 3,99 Euro in Rechnung – wohingegen Rabot Charge an der Einsparung gegenüber der Grundversorgung 20 % verdient. Ob diese Anbieter korrekt abrechnen, lässt sich vom Verbraucher nicht nachvollziehen oder überprüfen.

Stundengenaue Übermittlung

Voraussetzung für dynamische Tarife ist ein intelligentes Messsystem (moderne Messeinrichtung und ein Gateway mit Verbindung zum Netzbetreiber), die den Verbrauch stundengenau übermittelt. Im Jahr 2022 verfügte nur knapp jeder achtzigste Haushalt über so eine Messanlage. Mit dem batteriebetriebenen Strom-Tracker Pulse macht Tibber jedoch den dynamischen Tarif auch für Kunden mit modernen Messeinrichtungen zugänglich. Das Gerät wird auf den digitalen Zähler angeschlossen und ist für Tibber-Kunden vergünstigt für 100 Euro zu haben. Durch dynamische Tarife können Kunden Stromkosten sparen, indem sie ihren Verbrauch in Zeiten mit geringen Börsenpreisen verlagern. Das lohnt sich insbesondere für Haushalte, die über eine Wärmepumpe und E-Autos verfügen.

Die Anbieter Tibber und Rabot Charge treten seriös auf. Bei Tibber liegen teilweise negative Kundenbewertungen auf Trustpilot und Verivox vor, die auf Missverständnisse zurückzuführen sein dürften. Anscheinend war den Kritikern nicht bewusst, dass schwankende Börsenpreise auch zu deutlich höheren Stromkosten führen können und dass nicht nur die Strombörsenpreise zu bezahlen sind.

Matthias Moeschler betreibt das Portal verbraucherhilfe-stromanbieter.de

Strom zum Börsenpreis

Energieversorger kaufen den Strom an der Börse für rund drei Cent je Kilowattstunde. Der Verbraucher muss für dieselbe Kilowattstunde jedoch etwa 30 Cent zahlen.

Strom zum Börsenpreis

(22. März 2018) Energieversorger kaufen den Strom an der Börse für rund drei Cent je Kilowattstunde. Der Verbraucher muss für dieselbe Kilowattstunde jedoch etwa 30 Cent zahlen. Ursächlich hierfür sind staatlich festgelegte Steuern und Abgaben sowie Umlagen und Netzentgelte.

366 Strommast / Foto: MonikaP (CC0)

Obwohl also die Herstellung des Stroms nur einen verschwindend geringen Anteil am gesamten Strompreis ausmacht, ist genau dieser Preis entscheidend für die regelbare Erzeugung von Strom mit konventionellen Kraftwerken. Die private Verbraucherseite wird dabei jedoch bisher ausgeblendet. Und das obwohl Energieversorger und Industrie seit Jahren für Smart Meter auch mit verbrauchszeitabhängigen Tarifen argumentieren.

Derzeit gibt es für Energieverbraucher jedoch schlicht keine Tarife, mit denen es sich lohnt, seinen Verbrauch nach dem Börsenpreis auszurichten und damit als Verbraucher netzdienliches Verhalten zu organisieren. Börsenpreisabhängige Tarife werden hingegen aktuell nur auf Monatspreisbasis beispielsweise von Vivi-power und Enercity angeboten. Verbraucher erfahren bei diesen Tarifen vorab den Strompreis und müssen monatlich ihren Zählerstand ablesen.

Verbraucher erhalten bisher folglich nur sehr indirekt einen Zugang zum Börsenpreis.

Millionenstrafe für Stromkartell

Die EU-Kommission hat gegen die beiden führenden europäischen Spot-Strombörsen EPEX Spot und Nord Pool Spot (NPS) Geldbußen verhängt.

Millionenstrafe für Stromkartell

(7. März 2014) Die EU-Kommission hat gegen die beiden führenden europäischen Spot-Strombörsen EPEX Spot und Nord Pool Spot (NPS) Geldbußen von insgesamt 5,98 Mio Euro verhängt. Die EPEX müsse 3,65 Mio Euro, NPS 2,33 Mio Euro zahlen, so die EU-Kommission. Die Börsen hätten vereinbart, im Europäischen Währungsraum (EWR) hinsichtlich ihrer Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem kurzfristigen Stromhandel nicht miteinander zu konkurrieren. Beiden Börsen gewährte die Kommission eine Ermäßigung von 10%, da sie einem kartellrechtlichen Vergleichsverfahren zugestimmt hatten.

Ohne Strombörsen könnten die Elektrizitätsmärkte nicht effizient funktionieren, so Joaquin Almunia, der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission. In einer Zeit, in der die europäischen Verbraucher besorgt seien über immer höhere Stromrechnungen, sei er besonders zufrieden darüber, dass der von EPEX und NPS abgesprochenen Marktaufteilung ein Ende gesetzt worden sei. Die NPS ist norwegisch, die EPEX Spot mit Hauptsitz Paris gehört zur Hälfte der Leipziger EEX.

Europa kontrolliert Energiegroßhandelsmärkte: REMIT

Die Delegationen des Europaparlaments und der Kommission einigten sich auf ein Kompromisspaket zur Überwachung der Energiegroßhandelsmärkte.

Europa kontrolliert Energiegroßhandelsmärkte: REMIT

(14. Juli 2011) Die Delegationen des Europaparlaments und der Kommission einigten sich auf ein Kompromisspaket zur Überwachung der Energiegroßhandelsmärkte.

Die Verordnung verbietet missbräuchliche Praktiken auf Energiegroßhandelsmärkten, die denen der Finanzmärkte entsprechen. Insbesondere geht es darum, Marktmanipulationen und Insiderhandel zu unterbinden. Es soll eine zentrale europäische Marktüberwachungsstelle neu eingerichtet werden. Sie wird angesiedelt werden bei der Agentur für die Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden im Energiebereich (ACER) mit Sitz in Ljubjana.

Der Bund der Energieverbraucher e.V. hat die Verordnung begrüßt. Es sei höchste Zeit, dass hier auf Europäischer Ebene Marktmissbräuche wirksam bekämpft werden.

Verordnungsentwurf (PDF)

Übersicht über die weitere Beratung im EU Parlament (Englisch)

Schummel beim Stromhandel

Die Energieriesen missbrauchen die Strombörse: Durch strategische Käufe treiben sie den Börsenpreis nach oben.

Schummel beim Stromhandel

Die Energieriesen missbrauchen die Strombörse: Durch strategische Käufe treiben sie den Börsenpreis nach oben. Anschließend verkaufen sie den weit überwiegenden Teil ihres Stroms zu den so überhöhten Preisen am freien Markt. Zusatzgewinne jährlich: mindestens zwölf Milliarden Euro.

(9. März 2008) - Zu welchem Anbieter man als Verbraucher auch wechselt: Den Börsenpreis für die Strombeschaffung muss man auf jeden Fall berappen, weil sich alle Versorger zu diesem Preis mit Strom eindecken müssen. Dieser Preis ist damit dem Endkunden-Wettbewerb entzogen.

Der Strommarkt in Deutschland

Angesichts der gewaltigen Übermacht der Energieriesen in der Stromerzeugung, Transport und Vertrieb wundert es nicht, dass diese Firmen auch die Strombörse unterwandert haben und mit ihrem strategischen Verhalten die Börsenpreise beeinflussen.

Der Stromhandel in Deutschland vollzieht sich auf drei Märkten:

An der Strombörse gibt es Termingeschäfte, die für Stromlieferungen in der Zukunft abgeschlossen werden, in der Regel für ein oder zwei Jahre im Voraus. Das Volumen der Termingeschäfte an der Strombörse übersteigt das des gesamten Stromverbrauchs Deutschlands, denn oft wird der gleiche Strom gleich mehrfach gehandelt.

Der sogenannte Spotmarkt umfasst zwischen 15 und 20 Prozent des Stromverbrauchs. Angebot und Nachfrage legen die Strompreise für jede Stunde des nächsten Tags fest.

Darüber hinaus gibt es einen außerbörslichen Stromhandel, den sogenannten OTC-Markt (Over the counter). Dort wird noch einmal fast die dreifache Menge des physikalischen Stromverbrauchs Deutschlands gehandelt.

Anspruch und Wirklichkeit der Strombörse

Die Neutralität und Anonymität der Strombörse und die staatliche Aufsicht über die Börse verleihen den Börsenpreisen den Anschein der Überparteilichkeit. Die Theorie, dass der Börsenpreis die Grenzkosten der Erzeugung wieder spiegelt ("merit order"), untermauert diesen Anspruch. Doch dieses hehre Bild hat mit der Wirklichkeit der Leipziger Strombörse und des deutschen Stromhandels wenig zu tun:

  • Strom ist vom Grundsatz her überhaupt nicht börsenfähig, weil die physikalischen Prinzipien des Stroms mit den ökonomischen Prinzipien der Börse unvereinbar sind. Die Ware Strom kann man nicht "besitzen" wie eine andere Ware. An der Börse lässt sich bestenfalls die Berechtigung erwerben, den Strom eines Kraftwerks nutzen zu dürfen. Allerdings ist die Zuordnung eines Kraftwerks zu einer Stromlieferung physikalisch gar nicht möglich. Die Kraftwerkseinsatzplanung und die Stabilisierung des Stromnetzes folgen elektrotechnischen Notwendigkeiten. Mit dem Börsengeschehen hat dies nicht das Geringste zu tun. Voraussetzung für eine Preisfindung an der Börse ist auch, dass die Nachfrage vom Preis abhängt. Das ist beim Strom jedoch kaum der Fall, denn der Strombedarf lässt sich nur bedingt steuern. Der wettbewerbliche Charakter der Börse kann das Oligopol der Stromerzeuger nicht aufwiegen. Im Gegenteil verstärkt die Börse sogar bestehende Marktungleichgewichte (siehe unten). Das Bundeskartellamt und das Oberlandesgericht Düsseldorf drücken das so aus: "Der Strombörse kommt keine eigenständige wettbewerbliche Funktion zu". Es ist nur bedingt möglich, Strom zu speichern. Deshalb müssen sich Angebot und Erzeugung stets die Waage halten. Andernfalls würde die gesamte Stromversorgung zusammenbrechen. Aus diesem Grund können die Kraftwerksbesitzer den Strompreis einseitig festlegen.
  • Die Strompreise im außerbörslichen Stromhandel basieren faktisch auf den an der Börse festgelegten Preisen. Der Börsenpreis hat sogar eine Leitfunktion für den Stromhandel in anderen europäischen Ländern. Dadurch ist es den großen Playern möglich, mit gezielten Käufen an der Börse die Preise nach oben zu treiben und ihren Strom außerbörslich zu diesen überhöhten Preisen zu verkaufen. Nur wenn der gesamte Strom über die Börse gehandelt würde, würden die mikroökonomischen Theorien optimaler Wettbewerbspreise auch gelten. In Skandinavien beispielsweise erfolgt der Stromhandel zu rund 75 Prozent über die Börse. In Deutschland lädt der relative kleine Anteil des an der Börse gehandelte Stroms geradezu dazu ein, die Preise durch gezielte Käufe zu beeinflussen. Die Kraftwerksbetreiber haben ein Interesse an möglichst hohen Börsenpreisen - was gezielte Käufe nahelegt.

Die Stromriesen zeigen an der Strombörse tatsächlich ein solches strategisches Verhalten: RWE und EnBW verfügen gemeinsam über rund 40 Prozent der deutschen Kraftwerkskapazitäten. Sie treten aber an der Börse im großen Umfang als Käufer auf und treiben so den Börsenpreis nach oben. Da RWE und EnBW auch in großem Umfang im außerbörslichen Stromhandel aktiv sind und dort ihren Strom verkaufen, profitieren sie besonders stark von den hohen Börsenpreisen, die sie selbst durch gezielte Käufe an der Börse nach oben getrieben haben. Die Börsenpreise wären deutlich niedriger, wenn die großen Stromerzeuger an der Börse die Position einnehmen würden, die sie auch im Gesamtmarkt haben.

Dies führt dazu, dass die Börsenpreise um zwei bis vier Cent je Kilowattstunde über den Stromerzeugungskosten liegen. Dies bringt den Kraftwerksbetreibern einen zusätzlichen Ertrag und beschert den Stromverbrauchern zusätzliche Kosten. Die Größenordnung ist beachtlich: Zwei Cent x 600 TWh = Zwölf Milliarden Euro jährlich und liegt damit höher, als die jährlichen Investitionen der gesamten Branche.

Diagramm Größte Strom-Einkäufer und -Verkäufer am EEX-Spotmarkt 2006

Börse kein Abbild des Strommarkts

Der Handel an der Strombörse ist also kein verkleinertes Abbild des gesamten Strommarkts. Wäre das der Fall, dann würden die Kraftwerksbetreiber an der Börse ihren Strom verkaufen. Faktisch ist es aber so, dass zumindest RWE und EnBW im großen Ausmaß als Käufer auftreten. Das Marktverhalten an der EEX weicht also zum Vorteil der Stromkonzerne von deren Marktverhalten außerhalb der Börse signifikant und dauerhaft ab.

Der Börsenpreis kann aus diesem Grund nicht repräsentativ für den deutschen Strommarkt sein. Er ist als Referenzpreis ungeeignet.

Die vier größten Netto-Stromverkäufer an der Strombörse kommen oft aus dem Ausland. Ausländischen Firmen fehlt die Vertriebsstruktur in Deutschland, deshalb treten sie an der Börse als Verkäufer auf. Ohne die ausländischen Stromverkäufer gäbe es an der Börse keine Referenzpreise.

Zwar gibt es an der Börse über 190 zugelassene Marktteilnehmer. Tatsächlich dominieren jedoch wenige Firmen das Börsengeschehen. RWE tätigte 2006 28 Prozent des gesamten Netto-Stromeinkaufs an der Börse. Auf Vattenfall entfielen 51 Prozent aller Netto-Stromverkäufe. Das belegen Auswertungen der Handelsdaten der EEX, deren Verlässlichkeit verbürgt sind.

RWE und die Strombörse sind eng verflochten
  • Der Börsengeschäftsführer und ehemalige Leiter der Marktsteuerung der EEX, Oliver Maibaum sowie der derzeitige Leiter der Marktsteuerung Toralf Michaelsen waren nach glaubwürdigen Informationen früher im RWE-Bereich tätig und haben dorthin noch beste Kontakte. Nach EEX-Angaben waren sie niemals RWE-Mitarbeiter.
  • Der Preis- und Gebührenkatalog der Börse gilt zwar für alle Börsenteilnehmer. Er begünstigt jedoch traditionell RWE in besonderer Weise. RWE zahlt aufgrund verschiedener Regelungen praktisch kaum Gebühren an der EEX (Befreiung von Handelsgebühren für Market Maker sowie geminderte Gebühren für die physische Erfüllung von Terminkontrakten am Spotmarkt).
  • Die Pensionskassenversorgung der EEX-Mitarbeiter läuft seit mehreren Jahren über die zur RWE-Gruppe gehördende RWE Rhenas. Ein entsprechender Beleg liegt der Redaktion vor. Die EEX behauptet, dass kein EEX Mitarbeiter in einer RWE Pensionskasse versichert ist.
Der Stromhandel muss umstrukturiert werden

Die aufgeführten Kritikpunkte richten sich nicht gegen die Strombörse als Institution. Es wird nicht unterstellt, dass die Regeln der Strombörse falsch sind oder nicht eingehalten werden. Die Kritik richtet sich vielmehr gegen das gesamte System des Stromhandels, das deshalb zu überhöhten Preisen führt,

  • weil die vier großen Kraftwerksbetreiber rund 90 Prozent der Erzeugung kontrollieren und gleichzeitig 70 Prozent des Absatzmarkts dominieren,
  • weil nur ein geringer Teil des Stroms über die Börse gehandelt wird,
  • weil anonyme Börsengeschäfte preistreibende Strategien verbergen und
  • weil die Börsenpreise auch die Preise für den außerbörslichen Handel bestimmen.

Zudem ist die Strombörse viel zu eng mit der Stromwirtschaft, insbesondere RWE, verflochten.

EEX Geschäftshaus Strombörse in Leipzig

Das verschärfte Kartellrecht (GWB § 29) bietet den Kartellbehörden zwar zusätzliche Möglichkeiten, gegen missbräuchlich überhöhte Preise vorzugehen. Im Stromhandel greift dieses Gesetz jedoch kaum.

Es gilt, den Stromhandel durch gesetzliche Vorgaben grundlegend umzugestalten, um einen Missbrauch der Marktmacht der Stromkonzerne nachhaltig zu unterbinden. Dabei handelt es sich um eine Aufgabe bundesstaatlicher Ordnungspolitik. Zu diskutieren sind:

  • Offenlegungspflicht der Handelsdaten von Börsenteilnehmern
  • Eindämmung des Stromhandels außerhalb der Börse
  • Verbot von Insidergeschäften

Konkrete Vorschläge werden in einem Bericht der Wirtschaftsministerkonferenz entwickelt und diskutiert. Die verantwortlichen Politiker und Beamte könnten durch entschiedenes Handeln den Strompreis dauerhaft um zwei bis vier Cent je Kilowattstunde senken.

 Download Bericht EEX-Markttransparenz der Wiminkonf 17.Nov 2007

 

EU-Studie: Strom-Großhandelspreise um 37% überhöht

Eine neue EU-Studie zum Funktionieren der Stromgroßhandelsmärkte in der EU bestätigt die Zweifel am angemessenen und wettbewerblich begründeten Strompreisniveau in Deutschland.

EU-Studie: Strom-Großhandelspreise um 37% überhöht

(27. Juni 2007) Eine neue EU-Studie zum Funktionieren der Stromgroßhandelsmärkte in der EU bestätigt - nunmehr auch auf der Grundlage der konkreten Daten der Erzeugungsunternehmen zu Kostenstruktur und Kraftwerksfahrweise - die Zweifel am angemessenen und wettbewerblich begründeten Strompreisniveau in Deutschland.

Mehr noch: sie zeigt, dass im europäischen Vergleich die Preisaufschläge in Deutschland besonders hoch ausfallen. Dabei brächte - so kann die Studie zeigen - auch das wettbewerbliche Preisniveau ohne diese Aufschläge für die untersuchten Unternehmen ganz wesentliche Deckungsbeiträge für ihre Fixkosten und könnte auch die Finanzierung neuer Kraftwerke rechtfertigen und sicherstellen.

Als wesentlicher Hebel, die Preise über das wettbewerbliche Niveau hinaus anzuheben, untersucht die Studie zudem den Auslastungsgrad der Kraftwerke und kann dabei zeigen, dass einige Kraftwerksbetreiber ihre Erzeugungskapazitäten weit unterhalb eines wettbewerblich geprägten Grades nutzen. Dem deutschen Strommarkt wurden danach in den Jahren 2003 bis 2005 in jeder Stunde durchschnittlich ca. 1800 MW an preisgünstigen Erzeugungskapazitäten (Kohle, Kernkraft, Pumpspeicher) der vier großen Erzeuger vorenthalten.

Zusammenfassung

Die Studie von London Economics macht einmal mehr das Ausmaß dessen deutlich, was den Verbraucher insbesondere auch in Deutschland die konzentrierte Struktur des Strommarktes kostet. Die ermittelten Preisaufschlägen von 37 Prozent im Jahr 2003 etwa bedeuten grob geschätzt mehr als 5 Mrd. € Mehrkosten1 für die Verbraucher sogar bei einem damals noch weit niedrigeren Strompreisniveau als heute. Für das Jahr 2005 führt der ermittelte Aufschlag für die Verbraucher zu Mehrkosten in Höhe von ca. 3 Mrd. € zusätzlich zu den CO2-Aufschlägen, die für die Erzeuger in etwa noch einmal 6,5 Mrd. € Mitnahmeeffekte gebracht haben. Die Studie stellt einen klaren Zusammenhang her zwischen Marktkonzentration und der sich daraus ergebenden Möglichkeit zur Ausübung von Marktmacht mit dem Ergebnis erhöhter Preise. Bei der Suche nach dem Hebel, den die Unternehmen dabei anwenden können, verweisen die Zahlen zur Kapazitätsnutzung wohl in die entscheidende Richtung. Die EU-Kommission hat mehrfach angekündigt, dass es als Ergebnis der Sektoruntersuchung zu kartellrechtlichen Verfahren gegen einige Unternehmen kommen wird. Diese Studie kann dafür sicher wichtiges Material liefern.

Die gesamte Studie finden Sie unter dem Internet-Link: http://ec.europa.eu/comm/competition/sectors/energy/inquiry/index.html

 

Quelle: Annette Loske, VIK

 Komplette Zusammenfassung der Studie hier. VIK_MitgliederRS_36_2007_EU_Studie_Stromgrosshandelsmaerkte.pdf (54.49 kB)

Industrielle Stromverbraucher: Börsenpreise handgemacht

Die Preisexplosion an der Leipziger EEX, o der Alfred Richmann, Geschäftsführer des VIK, durch sachliche Gründe nicht zu rechtfertigen

Industrielle Stromverbraucher: Börsenpreise handgemacht

(12. September 2005) - Die Preisexplosion an der Leipziger EEX von 32 Euro pro MWh im Vorjahr auf jetzt rund 43 Euro am Terminmarkt seien, so der Alfred Richmann, Geschäftsführer des Verbandes Industrielle Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), durch sachliche Gründe nicht zu rechtfertigen, sondern das Resultat des Oligopols in der Stromwirtschaft.

Argumente wie höhere Öl- und Gaspreise seien nur vorgeschoben. In Deutschland würden nicht einmal elf Prozent des Stroms aus Gas und Öl gewonnen. Und bei einem Anteil der Kernkraft von 30 Prozent, Braunkohle von 27 Prozent und den durch langfristige Lieferverträge abgesicherten Steinkohlekraftwerken mit 22 Prozent Anteil gebe es keine nennenswerten Kostensteigerungen.

Es sei völlig inakzeptabel, so der Verband der industriellen Kraftwirtschaft, VIK, dass Stromunternehmen trotz kostenloser Emissionszertifikate deren hohen Börsenpreis als Windfallprofits in den Strompreis einkalkulieren könnten. Nur solche Zertifikate dürften bei der Strompreiskalkulation eine Rolle spielen, die auch für die Produktion zugekauft werden müssten. Der Verband rät allen industriellen und gewerblichen Stromkunden, bei Preisverhandlungen auf einen Nachweis der enthaltenden CO2-Kosten zu bestehen. Das Bundeskartellamt ermittelt nun in dieser Sache.

Manipulation an der Strombörse? Preise sachlich nicht zu rechtfertigen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sieht keine sachlichen Gründe für die stetig steigenden Strompreise an der Leipziger Strombörse und befürchtet neue ungerechtfertigte Preisaufschläge für die Haushaltskunden.

Manipulation an der Strombörse? Preise sachlich nicht zu rechtfertigen

(6. Juli 2005) Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sieht keine sachlichen Gründe für die stetig steigenden Strompreise an der Leipziger Strombörse und befürchtet neue ungerechtfertigte Preisaufschläge für die Haushaltskunden. "Es hat den Eindruck, als ob die Stromkonzerne Einnahmeausfälle durch die Regulierung der Netzentgelte durch künstlich erhöhte Erzeugerpreise vorbeugen wollen", so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller.

Der vzbv hat die Aufsichtsbehörde des Leipziger Börsenplatzes aufgefordert zu untersuchen, ob gezielte Handlungen marktmächtiger Unternehmen den Preisschub an der Börse ausgelöst haben könnten.

Von rund 32 Euro pro Megawattstunde im März stiegen die Strompreise an der Leipziger Strombörse auf rund 43 Euro. "Die Erhöhung des Strompreises an der Handelsbörse kann nicht mit steigenden Gas- und Ölpreisen gerechtfertigt werden," Edda Müller. Lediglich rund elf Prozent des Stroms in Deutschland wird aus Gas und Öl erzeugt.

VIK übt Kritik

Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), Essen, kritisiert, dass sich immer mehr Stromanbieter bei der Angebotsabgabe für Vollversorgungsverträge an den EEX-Großhandelspreisen orientieren.

VIK übt Kritik

(17. September 2004) - Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), Essen, kritisiert, dass sich immer mehr Stromanbieter bei der Angebotsabgabe für Vollversorgungsverträge an den EEX-Großhandelspreisen orientieren, obwohl diese häufig nur wenig mit den realen Beschaffungskosten der EVU zu tun hätten.

Nur ein Teil des Strombezugs der Versorger würde tatsächlich über den Großhandel abgedeckt. Mehr als fraglich sei es deshalb, den Börsenpreis als alleinige repräsentative Referenz für Stromangebote zu nutzen. Die Stromnachfrage am EEX-Markt sei relativ begrenzt. Würden EVU tatsächlich versuchen, nennenswerte zusätzliche Strommengen über die EEX zu verkaufen, würden wegen der begrenzten Nachfrage dort die Preise sofort sinken.

Mit 126,49 Punkten liegt der VIK-Strompreisindex für Mittelspannungskunden in der Industrie im September auf seinem absoluten Höchststand, so der VIK. Er liege nun 1,24% über dem Vormonatsniveau und sei in den zurückliegenden fünf Monaten um fast 9% gestiegen.

Neues Marktdesign für Strom

Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ gestartet

Neues Marktdesign für Strom: Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ gestartet

(11. April 2023)  Die 2021 im Ampelkoalitionsvertrag angekündigte Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ (PKNS) ist an den Start gegangen. Sie soll ein neues Marktdesign schaffen für eine Stromwelt, die aus erneuerbaren Energien besteht. Verantwortlich zeichnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft wird im Rahmen der Plattform diskutiert, wie der Strommarkt für das Stromsystem der Zukunft, das weitgehend auf erneuerbaren Energien beruht, fit gemacht werden kann. Der Bund der Energieverbraucher ist über den Dachverband Verbraucherzentrale Bundesverband beteiligt.

1900 Puzzle Klimaneutralität / Foto: Naiyana / stock.adobe.com

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verglich in seinem Eröffnungsstatement die Arbeit am Strommarktdesign mit einer Operation am offenen Herzen des Energiesystems. Beim Ausbau der Hardware für neue Energien sei man erfolgreich gewesen. Jetzt gehe es um die Entwicklung der Software für die Funktion der Energiemärkte. Die Verbraucher sollten in den Genuss der günstigen Preise der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien kommen. Die Versorgungssicherheit solle gewährleistet sein und auch die Finanzierung erneuerbarer Erzeugungskapazitäten.

Es ist zu hoffen, dass die derzeitige Blockade der gemeinschaftlichen Versorgung von Verbraucherinnen und Verbrauchern einer gezielten Förderung weicht.

Hinweis zum Video Energy Sharing: bdev.de/energysharing

letzte Änderung: 26.04.2023