Abschlagszahlung
Stimmen die Abschläge?
Die Abschlagshöhe für Gas, Strom und Fernwärme muss zum prognostizierten Verbrauch und zum derzeit gültigen Preis passen. Zu hohe Abschläge belasten Energieverbraucher nicht nur finanziell. Im Falle der Insolvenz eines Energieversorgers sind Guthaben meist verloren.
Von Michael Herte
(5. September 2024) Die monatliche Abschlagshöhe lässt sich nachrechnen, indem der voraussichtliche Jahresverbrauch mit dem vertraglich vereinbarten Arbeitspreis multipliziert, der Jahresgrundpreis addiert und der Gesamtbetrag durch die Anzahl aller zu zahlenden Abschläge pro Jahr geteilt wird. Ein Bonus, der gegebenenfalls gewährt wird, senkt in der Regel nicht die monatlichen Abschläge, da er erst zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgezahlt wird. Er kann daher nicht vom Gesamtbetrag abgezogen werden. Als voraussichtlichen Jahresverbrauch setzen Energieversorger den Vorjahresverbrauch an. Liegt so einer nicht vor, weil man vielleicht mit einem Partner in eine erste gemeinsame Wohnung zieht, muss geschätzt werden. Andere Kriterien wie ein „Schutz vor hohen Nachzahlungen“ oder ein „Puffer“ für zukünftige Preiserhöhungen sind nicht statthaft. Für die Grundversorgung sind Abschläge in § 13 Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV), für Gas in § 13 Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) geregelt.
Bei Sonderverträgen außerhalb der Grundversorgung regeln die meisten Energielieferanten in ihren AGB individuelle Vorgaben zu Höhe, Anzahl und Fälligkeit ihrer Abschläge. Allerdings ist auch hier keine Willkür möglich. Gestiegene Beschaffungspreise des Anbieters berechtigen beispielsweise nicht zur Erhöhung der monatlichen Abschläge (LG Hamburg, 30.03.2023, Az. 312 O 61/22; LG Berlin, 01.09.2022, Az. 52 O 117/22). Sollte ein Energieversorger in seinen AGB die Möglichkeit einer unterjährigen Abschlagsanpassung geregelt haben, so kann diese Geschäftsbedingung ihm nach Ansicht der Verbraucherzentralen keine weiteren Rechte geben als die Vorschriften der StromGVV oder GasGVV. Unterjährige Abschlagsanpassungen sind daher ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden oder wirksame Preiserhöhung rechtswidrig.
- Der eigene Abschlag lässt sich mit dem Abschlagsrechner der Verbraucherzentralen nachrechnen: www.bdev.de/abschlagsrechner
- Einen Musterbrief, in dem der Energieanbieter aufgefordert werden kann, zurückbehaltene Guthaben auszuzahlen, bieten die Verbraucherzentralen: www.bdev.de/abschlag
Tipps für Energieverbraucher:
- Sind Ihre Abschlagszahlungen zu hoch, fordern Sie Ihren Anbieter schriftlich zur Korrektur des Abschlags auf. Eine eigenmächtige Kürzung ist nicht zu empfehlen.
- Auch eine Zahlung unter Vorbehalt schützt nicht vor dem Insolvenzrisiko. Die Chancen auf eine Erstattung des Guthabens im Insolvenzfall sind gering.
OLG Düsseldorf: Abschlagszahlungen und Erstattung von Guthaben aus Energierechnungen
(09. Januar 2015) Energieversorger müssen Abschlagszahlungen für die Lieferung von Strom oder Gas am mutmaßlichen Verbrauch des Kunden orientieren. Zudem sind Guthaben aus Energierechnungen unverzüglich zu erstatten. So hat das OLG Düsseldorf (Urteil vom 16.12.2014) in einem Verfahren der Verbraucherzentrale NRW gegen die ExtraEnergie in zweiter Instanz entschieden.
Die Verbraucherzentrale NRW hatte gegen die ExtraEnergie geklagt, weil der Versorger seinen Kunden Abrechnungsguthaben erst nach und nach mit den Monatsabschlägen erstattete. Dies befanden die Richter des OLG Düsseldorf als unzulässig und erklärten, dass Guthaben unverzüglich und vollständig auszuzahlen seien.
Klage hatte die Verbraucherzentrale NRW auch gegen überhöhte Abschlagsforderungen geführt. Der Versorger hatte hohe Abschläge des vorherigen Lieferjahres beibehalten, obwohl sich aus der Abrechnung ein geringerer Verbrauch ergeben hatte. Das OLG Düsseldorf entschied, künftige Abschläge dürften nur in einer angemessenen Höhe verlangt werden und müssten sich am mutmaßlichen Verbrauch des Kunden ausrichten. Würden von Anfang an überhöhte Abschlagszahlungen verlangt, stellten diese in wirtschaftlicher Hinsicht versteckte Vorauszahlungen dar. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die eine derartige Praxis legitimierten, wären daher rechtswidrig.
Am Vorjahresverbrauch orientieren
(25. September 2014) Stromanbieter dürfen gegenüber ihren privaten Endkunden keine Abschlagszahlungen festsetzen, die sich nicht am Vorjahresverbrauch orientieren. Ebenfalls darf ein Guthaben aus dem Vorjahr nicht mit laufenden Abschlagszahlungen des Folgejahrs verrechnet werden. Diese Entscheidung hat das OLG Düsseldorf am 1. August 2014 verkündet.
Geklagt hatte der Energieversorger Stromio gegen einen Mitbewerber, die Firma ExtraEnergie, wegen irreführender geschäftlicher Handlungen nach § 5 UWG sowie Verstoß gegen § 41 Abs. 2 EnWG. Das OLG Düsseldorf bestätigte damit im Rahmen der Berufung das zuvor ergangene Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 24. September 2013. Das OLG Düsseldorf in der Urteilsbegründung: „Die von der Antragsgegnerin praktizierte Verrechnung mit späteren Abschlagszahlungen bedeutet die Erzwingung einer Kreditgewährung. Sie kann, wie der Fall des Kunden zeigt, eine durchaus nicht unerhebliche Belastung bedeuten“.