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EEG 2021: Novelle mit positiven Aspekten

Der Regierungsentwurf zur EEG-Novelle 2021 sah viele neue Hemmnisse für Hausbesitzer mit einer kleinen Stromerzeugungsanlage vor. Der Bundestag hat in letzter Minute sämtliche Knüppel, die die Bundesregierung der Bürgerenergiewende zwischen die Beine werfen wollte, gestrichen und sogar zahlreiche Erleichterungen beschlossen.
Von Louis-F. Stahl

(9. Februar 2021) Das Jahr 2020 war geprägt vom großen Bangen um die EEG-Novelle 2021. Energiewendegegner in der Bundesnetzagentur hatten in Vorbereitung der Novelle sogar schon im Jahr 2019 mit dem sogenannten „Prosumermodell“ ein Papier vorgelegt, wie die Energiewende in Bürgerhand mit Vermarktungskosten, Messkosten und Bürokratie zum Erliegen gebracht werden könnte. Diesem Vorschlag zu Folge hätten Energieverbraucher mit einer kleinen PV-Anlage ihren Strom entweder für fast keine Vergütung volleinspeisen müssen, oder eine hohe Gebühr für die Eigenstromnutzung entrichten müssen. Und natürlich hätte auch eine Anlage mit nur einem Kilowatt Leistung ein Smart-Meter mit mindestens 100 Euro Messkosten pro Jahr verpasst bekommen. Die Bundesregierung hatte nicht alle, aber viele dieser Ideen mit der EEG-Novelle 2021 umsetzen wollen. Bis Anfang Dezember 2020 sah es sehr düster für kleine Erzeuger aus – nicht nur für neue Anlagen, sondern insbesondere auch für die 20 Jahre alten ausgeförderten PV-Anlagen, die wegen Unwirtschaftlichkeit zum Jahreswechsel größtenteils hätten abgeschaltet werden müssen.

510 Collage Wasserkraft Stromnetz Photovoltaik Windkraft / Foto: Mike Fouque / stock.adobe.com

Vergütung für PV-Anlagen auf Gebäuden in Cent pro kWh
Inbetriebnahme bis 10 kWp größer
10 bis 40
kWp
größer
40 bis 100
kWp
ab 1. Januar 2021 8,16 7,93 6,22
ab 1. Februar 2021 8,12 7,9 6,2
ab 1. März 2021 8,09 7,87 6,17
ab 1. April 2021 8,06 7,84 6,15

Berechnung: Energieagentur.NRW

Bundestag reißt am Ruder

In den letzten Tagen vor der Verabschiedung der EEG-Novelle am 17. Dezember 2020 setzte jedoch beim Gesetzgeber ein plötzlicher Sinneswandel ein. Alle Knüppel für die Bürgerenergiewende, die man sich in der Bundesnetzagentur und dem Wirtschaftsministerium fein säuberlich zurechtgelegt hatte, um der Bürgerenergiewende den Rest zu geben, wurden über Nacht aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Mehr noch: Bestehende Hemmnisse, wie die EEG-Umlage auf Eigenstrom bereits ab 10 kW Anlagenleistung, wurden aufgeweicht und das gefloppte Mieterstrommodell wurde nachgebessert. Wie es zu diesem unerwarteten Sinneswandel kam, ist kaum nachzuvollziehen. Es könnte aber unter anderem daran gelegen haben, dass nicht wenige wütende Wähler die Abgeordneten aus ihrem Wahlkreis mit deutlichen Worten geerdet haben. Gleichwohl traf selbst das in letzter Minute für Verbraucher deutlich verbesserte Gesetz in einer lebhaften Debatte auf ein geteiltes Echo im Plenarsaal. Während die Linke indirekt lobte, dass die Kritik von Bürgern und Verbänden ernst genommen wurde, beschwerten sich die Grünen zu Recht darüber, dass das Gesetz der Energiewende insgesamt nicht gerecht werde, da keine deutlichen Ausbauziele und auch keine deutlichen Vergütungsverbesserungen für einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren beschlossen wurden.

Smart-Meter für Kleinanlagen

Wie bisher bleibt es dabei, dass die im Gesetz trotz fehlender Intelligenz als „intelligente Messsysteme“ bezeichneten Smart-Meter grundsätzlich nur für Anlagenbetreiber ab 7 Kilowatt Peakleistung (kWp) verpflichtend sind. Im Entwurf zum EEG 2021 war eine Streichung dieser Bagatellgrenze und damit die Pflicht zur Ausstattung auch aller Kleinanlagen mit den teuren Zählern vorgesehen. Die „intelligenten“ Zähler mit Internetanbindung kosten entsprechend der Preisobergrenzen des Messstellenbetriebsgesetzes 100 bis 200 Euro pro Jahr, wohingegen die als „moderne Messeinrichtung“ bezeichneten einfachen elektronischen Zähler ohne Internetzugang nur 20 Euro pro Jahr kosten dürfen. Für kleine Anlagen bis 7 kWp bleiben nun auch weiterhin die einfachen Zähler für 20 Euro ausreichend.

EEG-Umlagen-Bagatellgrenze

Auch bei einer anderen Bagatellgrenze gibt es Erfreuliches zu berichten: Seit dem 1. Januar 2021 ist der Eigenverbrauch von Strom im Umfang von bis zu 30.000 kWh aus erneuerbaren Anlagen mit bis zu 30 kWp möglich. Somit können zukünftig „die Dächer vollgemacht“ werden. Bisher waren nur Anlagen bis 10 kWp von der EEG-Umlage auf Eigenstrom befreit, was dazu führte, dass viele Hausdächer nur mit kleinen PV-Anlagen ausgestattet wurden und ein erhebliches Ausbaupotenzial nicht genutzt wurde.

Erleichterte Anlagenanmeldung

Die Anmeldung neuer Anlagen beim örtlichen Netzbetreiber ist häufig ein zähes Unterfangen. Nicht wenige Mitglieder im Bund der Energieverbraucher beschwerten sich im letzten Jahr beim Verein, dass der örtliche Netzbetreiber die Inbetriebnahme über Wochen und Monate verschleppt. Eine neue Regelung in § 8 EEG 2021 beendet diese Trödelei: Wer seinem Netzbetreiber ein Anschlussbegehren für eine Anlage bis 10,8 kWp zustellt und nicht binnen eines Monats eine Antwort erhält, darf seine Anlage nun selbst in Betrieb setzen.

Verbesserung beim Mieterstrom

Für das im Jahr 2017 eingeführte und mit einer Zielerreichung von nur rund einem Prozent bisher vollkommen gefloppte Mieterstromgesetz (siehe „Mieterstrom: Durchbruch per Gesetz?“ und „Rohrkrepierer Mieterstromgesetz“) unternimmt der Gesetzgeber einen Reanimationsversuch: Mieterstromprojekte bis 10 kWp erhalten mit dem neuen EEG 3,78 Cent/kWh Mieterstromzuschuss. Projekte bis 40 kWp erhalten 3,52 Cent/kWh und Projekte bis 750 kWp 2,37 Cent/kWh. Gleichwohl wird Mieterstrom im Gegensatz zum „personenidentischen Stromeigenverbrauch“ aus Kleinanlagen auch weiterhin mit der vollen EEG-Umlage in Höhe von derzeit 6,5 Cent/kWh belastet. Insgesamt ist angesichts der hohen Belastung durch die EEG-Umlage und der nur etwa halb so hohen Entlastung durch den Mieterstromzuschuss nicht davon auszugehen, dass dem Mieterstrom mit der EEG-Novelle 2021 neues Leben eingehaucht wird.

Kein neuer Ausbaupfad

Eine weitere entscheidende offene Frage für das Gelingen der Energiewende im Stromsektor wurde im Dezember 2020 ebenfalls nicht geklärt: Mit welchem Tempo sollen Windkraft und Photovoltaik zukünftig ausgebaut werden, um die ambitionierten Klimaziele sowie Vorgaben der EU zum Offshore-Windausbau (siehe „EU und USA forcieren Klimaschutz“) einhalten zu können? Diese Frage soll nachträglich im ersten Halbjahr dieses Jahres geklärt werden. Somit ist festzustellen, dass das EEG 2021 insbesondere für Kleinanlagenbetreiber viele Detailverbesserungen enthält, aber die grundlegenden Probleme der Energiewende in Deutschland, wie beispielsweise den zum Erliegen gekommenen Windkraftausbau (siehe ED 01/2021 Seite 6), nicht im Ansatz löst.

EEG-Umlagebremse

Theoretisch hätte die EEG-Umlage auf Stromlieferungen zum 1. Januar 2021 von bisher 6,756 auf 9,651 Cent pro Kilowattstunde steigen müssen – diese Umlagehöhe hatten die für die EEG-Umlage verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber im Oktober 2020 bekannt gegeben. Eine solche Umlagesteigerung hätte einen Privathaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.500 kWh rund 85 Euro pro Jahr an Mehrkosten beschert. Im Juni 2020 hatte der Gesetzgeber jedoch bereits beschlossen, die EEG-Umlage auf 6,5 Cent/kWh zu deckeln (siehe „EEG-Umlage gedeckelt“), sodass Verbraucher mit einem Stromverbrauch von 2.500 kWh im Ergebnis dieses Jahr nicht nur die 85 Euro Mehrkosten nicht zahlen müssen, sondern verglichen mit dem Vorjahr sogar noch 6,50 Euro sparen. In Summe lässt sich der Staat die Deckelung der EEG-Umlage rund 10,8 Milliarden Euro aus dem Steuertopf kosten. Finanziert wird die Entlastung über die neue CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe (siehe „CO2-Steuer verteuert Brennstoffe“).

Die zu erwartenden Einnahmen aus dieser neuen Steuer werden jedoch auf gut 40 Milliarden Euro geschätzt, sodass sich der Finanzminister trotz Entlastung der Stromkunden noch über ein Plus im Staatshaushalt von rund 29 Milliarden Euro freuen dürfte.

letzte Änderung: 18.11.2021