EVB gräbt Kabel aus: Das ist eine "Trübe Funzel" wert
Der Bund der Energieverbraucher hat am 19. Januar 2004 die "Trübe Funzel" an die Energie- und Versorgungsgesellschaft EVB im oberhessischen Butzbach verliehen. Das Verhalten der EVB steht exemplarisch für Kundenunfreundlichkeit, die Verhinderung dezentraler Stromerzeugung und die Überteuerung der Netztarife.
(6. März 2004) - Weil er lieber Strom von seinem Nachbarn bezieht, hat die Energie- und Versorgungsgesellschaft Butzbach (EVB) das Stromkabel vor Uwe Kolschers Haus ausgraben. Würde Kolscher wieder zur EVB wechseln wollen, müsste er den kompletten Neuanschluss bezahlen. Das wären insgesamt rund 2.000 Euro.
Dabei hat er die Summe schon einmal bezahlt, als er ehemals Kunde des Energieversorgers wurde. "Und das ist der Grund, weshalb die EVB die Trübe Funzel erhält", sagt Dr. Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher. Auf einem Pressetermin überreichte er dem Geschäftsführer der EVB, Michael Weiß, die schwarze Lampe inklusive eines Zertifikats.
Verleihung der "Trüben Funzel".
Strom vom Nachbarn ist günstiger
Vor fünf Jahren baute sich Kolschers Nachbar Klaus Wagner ein eigenes, mit Erdgas betriebenes Blockheizkraftwerk in den Keller. Die beiden legten Leitungen zwischen ihren Häusern, die Kolscher vorerst nur für warmes Wasser nutzte.
Doch seit Mai 2003 bezieht er auch seinen Strom vom Nachbarn. Und zwar um zwei Cent je Kilowattstunde günstiger als von der EVB. Kolscher meldete sich bei der EVB, die neben Strom auch Gas und Wasser liefert, als Stromkunde ab. Was diese wiederum dazu veranlasste, Kolschers Anschluss abzuklemmen.
Absurd überteuerte Netztarife
Würde Klaus Wagner seinen Strom ins öffentliche Stromnetz einspeisen und sein Nachbar den Strom daraus entnehmen, dann wäre für den Stromtransport für wenige Meter ein Entgelt von genau 7,16 Cent je Kilowattstunde fällig - mehr als die Stromerzeugung kostet.
Das zeigt, wie kleine und damit private und kleingewerbliche Stromerzeuger in besonders krasser Weise durch überhöhte Netztarife benachteiligt werden. Das neue Energierecht muss diesbezüglich eine andere Regelung treffen. In Butzbach verlegte man einfach ein Kabel zwischen den Häusern.
Schildbürgerstreich: EVB lässt Kabel ausgraben.
Der Nachbar konnte sich einfach vom öffentlichen Stromnetz verabschieden und die Leitung kappen. Dazu brauchte man nur die Hauptsicherung herausdrehen. Das ist in wenigen Minuten möglich. Andere Stromversorger erledigen das ohne Aufheben und ohne dafür Kosten zu berechnen, so zum Beispiel die Stadtwerke Gießen.
Die EVB stellte sich aber erst einmal quer. Die Abschaltung wäre nur möglich, wenn das Kabel ausgegraben würde. Das wäre so teuer wie der erstmalige Anschluss ans Stromnetz, und man wollte für die Tiefbauarbeiten 1.287 Euro in Rechnung stellen. Erst auf eine Beschwerde hin verzichtete die EVB darauf, das Ausgraben des Kabels in Rechnung zu stellen.
Kunde bezahlt, wird aber nicht Eigentümer
Bundesweite Aktualität erlangt die Verleihung auch durch die derzeitige Novelle der Verordnung für die Versorgungsbedingungen. Denn dort ist festgelegt, dass der Kunde seinen Hausanschluss zwar komplett bezahlen muss, jedoch kein Eigentum an diesem Anschluss erlangt. Der Fall zeigt die absurden Konsequenzen dieser Regelung.
Anschluss muss wieder hergestellt werden
Das letzte Kapitel des Schildbürgerstreichs steht noch bevor: Kolscher will den Strom seiner Photovoltaikanlage ins öffentliche Stromnetz einspeisen. Der Stromversorger ist gesetzlich zu "unverzüglichem Ausbau" des Stromnetzes verpflichtet, um die Einspeisung zu ermöglichen.