Stromnetze neutralisieren

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Die Regeln des Strommarktes

Nach welchen Regeln funktioniert der Strommarkt? Wolf von Fabeck hat dazu eine gut lesbare Einführung verfasst, die wir mit seiner freundlichen Genehmigung hier nachdrucken.
Wir ehren damit sein erfolgreiches Engagement für die Energiewende und gratulieren unserem langjährigen Mitglied zum 80. Geburtstag.

1680 Wolf von Fabeck und Dr. Aribert Peters

Wolf von Fabeck zu Besuch in der Bundesgeschäftstelle in Unkel

(8. Mai 2015, ergänzt am 24. Juni 2015)

Haben Sie sich schon einmal vergegenwärtigt, dass das europäische Stromverbundnetz eine riesige Maschine ist, an deren „Schalthebeln“ fast 500 Millionen Menschen Einstellungen vornehmen können? Es handelt sich um eine der größten Maschinen dieser Welt; eine Energieverteilungs-Maschine!

Schon kleine Kinder dürfen diese Maschine bedienen. Sie dürfen das Licht oder den Staubsauger einschalten und siehe da, die Maschine funktioniert wie gewünscht. Eine besondere Ausbildung brauchen die Millionen Bediener nicht und trotzdem funktioniert sie (fast) immer richtig. Eine beeindruckende Angelegenheit!

Kaum jemand stellt die Frage, nach welchen Regeln das Stromverbundnetz, unsere Elektro-Monstermaschine, eigentlich bedient wird. Müssen die Bediener das Ohmsche Gesetz U = I x R verstehen, oder gar auswendig lernen? Müssen Sie die vorgeschriebene Frequenz von 50 Hertz und die Spannung im Niederspannungsnetz von 230 Volt messen und kontrollieren können? Nein sie müssen es nicht! Die große Maschine ist so genial konstruiert, dass sie wie von selber läuft. Aber irgendeine Regel müssen die Millionen doch befolgen?

Ja doch! Es gibt da eine einzige kleine Regel für alle Bediener: Wer Strom haben will, muss ihn bezahlen. Ich erwähne diese Regel, weil sie uns den wichtigen Hinweis gibt, dass wirtschaftliche Interessen hinter der reibungslosen Funktion stehen. Aber fragen wir genauer nach. Wer bestimmt denn, wie viel der Strom kostet und wer den Strom erzeugen und wer damit Geld verdienen darf? Nun, das geschieht am „Strommarkt“. Und wer die Regeln für den Strommarkt festlegt, der ist der eigentliche Chef.

Fassen wir zusammen: Der Strom fließt natürlich nach physikalischen Gesetzen, aber wo man seinen Fluss beeinflussen kann, wo geregelt und gesteuert wird, geschieht das nach marktwirtschaftlichen Erwägungen! Das europäische Verbundnetz wird nach MARKTREGELN gesteuert.

Es gibt – das sollte man hier ergänzen – nicht nur eine einzige Marktregel. Die jetzt noch gültigen Regeln des Strommarktes sind zu Zeiten entstanden, in denen Atom- und Kohlestromhersteller ihren Strom gewinnbringend verkaufen durften. Seine gegenwärtige Funktionsweise ist deshalb – historisch bedingt – atom- und kohlefreundlich, denn er bevorzugt Kraftwerke, die ihre Leistung langfristig im Voraus garantieren können. Wer nun wie wir aus dringenden ökologischen Gründen einen ungeschmälerten Vorrang der erneuerbaren Energien vor Kohle- und Atomstrom erreichen will, der muss die vorhandene Marktstruktur durch eine andere Marktstruktur ersetzen.

Doch die Lobbymacht wehrt sich gegen eine solche Veränderung. Und unbewusst wird sie von allen denjenigen gestützt, die davon ausgehen, dass die derzeitigen Marktregeln alternativlose, sozusagen durch eine höhere Macht vorgegebene Marktregeln seien.

Unsere Botschaft lautet: Alternativlose Marktregeln gibt es nicht. Sie richten sich vielmehr danach, welches Produkt den Vorrang haben soll. Die Interessengebundenheit des Strommarktes ist der Öffentlichkeit bisher nur viel zu wenig bewusst. Wer eine ökologische Energiewende erreichen will, der muss sich deshalb – auch wenn sie ihm eher unwichtig vorkommen – genau mit den Verfahrensregeln des Strommarktes auseinandersetzen. Dazu muss er wissen, dass sie menschengemacht sind und dass nur mit einer Änderung dieser Regeln ein echter Vorrang der erneuerbaren Energien erreicht werden kann. Der Strommarkt ist mehr als nur ein Instrument zur Verteilung der monatlichen Stromgebühren an die Stromerzeuger. Der Strommarkt ist DAS zentrale Steuerungsinstrument unserer Stromversorgung überhaupt. Denn dort wird entschieden, wer Strom einspeisen darf und wer seine Anlagen abregeln muss, wer Geld damit verdienen darf und wer draufzahlen muss.

1680 Wolf von Fabeck

Wolf von Fabeck ist ein deutscher Solar-Aktivist. Fabeck ging nach seinem Abitur zur Bundeswehr, studierte Maschinenbau an der Technischen Hochschule Darmstadt. Im Dezember 1986 war er Mitbegründer des Solarenergie-Förderverein Deutschland e. V. (SFV) mit Sitz in Aachen.

Seit 1989 setzte er sich für die kostendeckende Vergütung von Solarstrom ein. Damit wurde er zu einem der Vordenker und Wegbereiter des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von 2000.

Er plädiert für eine drastische Erhöhung der Energiesteuern zur Sanierung der Staatsfinanzen, zur Finanzierung der Sozialversicherung, zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit, als Anreiz zum Energiesparen, zur Schonung der Ressourcen und zur Verminderung des CO2-Ausstoßes. Im gleichen Zusammenhang fordert er die Auszahlung eines monatlichen Energiegeldes für jeden Einwohner.

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