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Neuer Verordnungsentwurf liegt beim Bundesrat Überarbeiteter Verordnungsentwurf von Bundesregierung beschlossen - Bundesrat muss noch zustimmen

Neuer Verordnungsentwurf liegt beim Bundesrat

(18. Mai 2006) Am 4. Mai 2006 war es endlich soweit: Ein überarbeiteter Verordnungsentwurf war von der Bundesregierung beschlossen worden und wurde als Bundesratsdrucksache 306/06 Download Strom u GasGVV BR Drs. 306 06 öffentlich bekannt. Denn der Bundesrat muss diesen Verordnungen noch zustimmen. Die beiden Verordnungen zum Netzanschluss Strom und Gas sind wegen der strittigen Haftungsregelungen offenbar zurückgestellt worden.

Die vorliegenden Verordnungsentwürfe (Stromgrundversorgungs- und Gasgrundversorgungsverordnung (StromGVV, GasGVV)) sind zwar in etlichen Punkten im Sinne der Verbraucher geändert worden:

  • Bei der Abrechnung ist auf Anregung des Bundes der Energieverbraucher eine neue Regelung aufgenommen worden: "Macht der Kunde glaubhaft, dass sein Verbrauch erheblich geringer (als vom Versorger berechnet) ist, so ist dies angemessen zu berücksichtigen" (§ 13 Abs. 1 StromGVV),
  • Vordrucke für Rechnungen müssen einfach verständlich sein (§ 16 Abs. 1). Neu ist das Wort "einfach".
  • Die Versorgung säumiger Verbraucher darf nach Mahnung erst vier Wochen nach Androhung eingestellt werden (§ 19 Abs. 2). Bisher waren es zwei Wochen. Und auch dann nur, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist.

Andere wichtige Punkte wurden bedauerlicherweise nicht geändert:

  • Strom- und Gassperren für säumige Zahler sind nach wie vor zulässig (§ 19). Die vorgesehene Regelung stellt eine gravierende Benachteiligung von Verbrauchern dar, die der durch die Verordnungsermächtigung § 39 Abs. (2) EnWG vorgeschriebenen angemessene Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen widerspricht. Es gibt keinen Grund, warum Stromversorger gegenüber anderen Gläubigern durch die Möglichkeit der Versorgungseinstellung gemäß Art. 3 GG ein Privileg bei der Durchsetzung offenstehender Forderungen beanspruchen dürfen. Insbesondere darf die Versorgungseinstellung nicht als Druckmittel verwendet werden, um Forderungen aus strittigen oder gar falschen Abrechnungen einzutreiben. Mindestens zwei Prozent aller Rechnungen sind schlichtweg falsch, ohne das dies auf den ersten Blick erkennbar ist. Das Versorgungsunternehmen ist selbst dafür verantwortlich, dass keine allzu hohen Zahlungsrückstände entstehen. Es ist dazu auch ohne Weiteres in der Lage. Durch Münzzähler lässt sich erreichen, dass selbst zahlungsschwache Verbraucher weiter Strom und Gas beziehen können und dafür auch bezahlen.
  • Zustimmungsfiktion: Das Umlegen eines Lichtschalters wird als Zustimmung zu Preisen und Vertragsbedingungen gewertet, die der Verbraucher gar nicht kennt (§ 2 Abs. 1). Für den vertragslosen Zustand wurde eigens die Rechtskonstruktion der Ersatzversorgung geschaffen. Die Zustimmungsfiktion ist also in keinster Weise erforderlich und muss ersatzlos gestrichen werden.
  • Preise dürfen ohne persönliche Mitteilung an die betroffenen Verbraucher erhöht werden und müssen nur öffentlich und im Internet mit einer sechswöchigen Frist bekannt gegeben werden (§ 5 Abs. 2). Dies ist ein Relikt aus alten Tagen. Angesichts der Flut vierfarbiger Hochglanzbroschüren, mit denen die Kunden überflutet werden, überzeugt auch das Kostenargument nicht.
  • Der Versorger darf bei unrichtigen Angaben und bei Strom- oder Gasdiebstahl Vertragsstrafen gegen die Verbraucher verhängen (§10). Die Verhängung von Strafen muss Gerichten vorbehalten bleiben. Eine Vertragsstrafe erscheint unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt. Der Entzug elektrischer Energie ist seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts mit einer eigenen Vorschrift im Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt, § 248 c StGB. Dies muss genügen. Besser gestellt wird auch sonst kein Unternehmer. Schäden durch Diebstähle gehören zu den gewöhnlichen unternehmerischen Risiken, gegen welche man Versicherungen abschließen kann. In der letzten Zeit häufen sich Fälle von Buntmetalldiebstählen. Der Dieb hat auch nicht den Schaden zu ersetzen und darüber hinaus nochmals eine entsprechende Kupferleitung vom Eigentümer zu einem festen Preis zu kaufen.
  • Verbraucher sind dazu verpflichtet, ihre Zähler selbst abzulesen und dem Versorger den Zählerstand mitzuteilen. Der Kunde darf dies nur bei Unzumutbarkeit ablehnen (§ 11 Abs. 2). Es erscheint grotesk, dass man im Computerzeitalter keine Automatisierung der Messung vorschreibt, die durchaus im Interesse von Verbrauchern und Versorgern läge, sondern bei der Handablesung bleibt. Offensichtlich will die Regierung den Versorgern auch das Mess- und Zählmonopol nicht wegnehmen, sonst müsste die Verordnung an dieser Stelle anders aussehen.
  • Eine Abrechnungsperiode von zwölf Monaten bleibt zulässig (§12 Abs. 1), obwohl dies deutlich zu lang ist und dem Einsparziel und der Effizienzerhöhung und auch der neuen EU-Richtlinie zuwider läuft. Energieeffizienz ist sogar ein übergeordnetes Gesetzesziel (EnWG § 1). Die seit 17. Mai 2006 geltende EU-Richtlinie Energieeffizienz 2006/32/EG schreibt in Art.13 Abs 2 vor, dass die Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Verbrauchs so häufig durchgeführt wird, dass die Kunden in der Lage sind, ihren eigenen Energieverbrauch zu steuern. Dem wird die Verordnung nicht gerecht.
  • Unbilligkeitseinwand: Bei der Berücksichtigung des Billigkeitseinwands wollte die Bundesregierung offensichtlich die Verbraucherwünsche berücksichtigen. Die gewählte Formulierung (§ 17 Abs. 1) ist jedoch missverständlich und könnte bei verbraucherfeindlicher Auslegung genau das Gegenteil bewirken. Eine entsprechende klarstellende Änderung durch den Bundesrat ist deshalb unausweichlich und fände auch die Zustimmung der Bundesregierung. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass in der Begründung der BR-Drs. mit Rücksicht auf die eindeutige BGH- Rechtsprechung lediglich klarstellend darauf hingewiesen wird, dass Kunden bis zu einer gerichtlichen Klärung des "billigen Preises" Abschläge und Rechnungsbeträge kürzen dürfen. Die lediglich deklaratorische Klarstellung bedeutet zugleich, dass dies bisher schon geltendes Recht ist, so wie es sich auch in der langjährigen BGH- Rechtsprechung widerspiegelt. Es bedarf allein noch einer unmissverständlichen Formulierung im Verordnungstext. Die Terminologie sollte einheitlich beim Unbilligkeitseinwand verbleiben.
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Schleswig-Holstein Dietrich Austermann Düsterbrooker Weg 94 24105 Kiel
Thüringen Jürgen Reinholz Max-Reger-Straße 4-8 99096 Erfurt

* Wirtschaftssenator

An den Wirtschaftsminister des Landes

Name

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Sehr geehrter Herr Minister/ geehrte Frau Minister

die Bundesregierung will meine Bürgerrechte beschneiden. Die mögliche Sperre der Strom- und Gasversorgung, die Verhängung von Vertragsstrafen durch den Energieversorger, Preiserhöhungen ohne persönliche Mitteilung und die Verpflichtung zur Zählerablesung verletzen meine Rechte als Bürger und Verbraucher. Ferner muss auch der Ausschluss des Unbilligkeitseinwands unmissverständlich formuliert werden. Auch sollten zur Erhöhung der Effizienz die Zähler automatisiert und die Abrechnungsperioden verkürzt werden.
Die heute von den Verbrauchern verlangten Zählergebühren erlauben die Anschaffung neuer automatischer Zähler.

Ich bitte Sie, im Bundesrat der Stromgrundversorgungsverordnung StromGVV und Gasgrundversorgungsverordnung GasGVV nicht ohne obige Änderungen zuzustimmen.

Retten Sie wichtige Verbraucherrechte!

Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

letzte Änderung: 28.10.2015