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Anschlussverordnungen - Preisänderungen - Zutrittsrecht zur Wohnung - Versorgungsunterbrechung - Zahlungsverpflichtung - Baukostenzuschüsse - Netzanschluss - Grundstückbenutzung - Haftung - Kündigungsristen - Ablesung - Schwachpunkte

Verordnung in Kraft getreten

Nach jahrelangen Diskussionen sind nun endlich vier neue Verordnungen in Kraft getreten. Sie regeln die Versorgung von Haushaltskunden mit Strom und Gas. Verbraucher dürfen unbillige Rechnungen kürzen, ohne dass der Versorger den Strom oder das Gas abstellen darf. Viele Regelungen verbessern die Rechte der Kunden und sind somit ein wichtiger Sieg für die Verbraucherlobby.

(12. Januar 2007) - Es war ein jahrelanges, zähes Ringen: Die Vertreter der Verbraucher bemühten sich um eine angemessene Berücksichtigung der Kundeninteressen. Als der Bundestag die Verordnungen verabschiedet hatte, versuchten zahlreiche Bürger, über den Bundesrat Änderungen in ihrem Sinne durchzusetzen. Mit Erfolg, denn die neuen Verordnungen sind in vieler Hinsicht besser als die stark kritisierte Vorgängerverordnung. Dennoch sind nicht alle notwendigen Verbesserung erfolgt.

Aus zwei mach vier

Vor der Einführung des Wettbewerbs im Strom- und Gasnetz war der Betreiber der Strom und Gasnetze zugleich auch der Lieferant. Weil es sich nur um ein einziges Vertragsverhältnis handelte, reichte es, den Anschluss an das Netz und die Lieferung von Energie in einer Verordnung zu regeln. Seit der Liberalisierung der Märkte kann der Netzbetreiber allerdings vom Lieferanten abweichen.

Deshalb gibt es nun mehrere Verordnungen: eine zum Anschluss an das Strom- oder Gasnetz, die Netzanschlussverordnung Strom (NAV) und die Niederdruckanschlussverordnung (NDAV). Die zweite Verordnung regelt die Lieferung von Strom oder Gas, die Stromgrundversorgungsverordnung (GVV) und die Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV). Die Fernwärmeverordnung blieb unverändert, weil das neue Energiewirtschaftsgesetz die Fernwärme nicht einbezog.

Die Regelungen für den Strom und Gasbezug sind fast gleichlautend. Die Verordnungen gelten automatisch für alle Kunden, der Grundversorgung (früher Tarifkunden), die also vom Strom- oder Gasnetzbetreiber auch die Energie beziehen. Für alle anderen Kunden, zum Beispiel Stromkunden, die den Anbieter gewechselt haben, gelten die Regelungen nur, wenn dies ausdrücklich vereinbart worden ist.

Anschlussverordnungen

Die Anschlussverordnungen regeln den Anschluss der Kundenanlage an das Strom- beziehungsweise Gasnetz. Sie beinhalten auch die Nutzung des Anschlusses, nicht jedoch die Lieferung von Energie. Netzbetreiber und Eigentümer der Kundenanlage müssen schriftlich einen Netzanschlussvertrag schließen.

Menschen stimmen ab

Preisänderungen

Preisänderungen können nur jeweils zum Monatsbeginn erfolgen und müssen sechs Wochen zuvor öffentlich und im Internet bekannt gegeben werden. Zeitgleich mit der Bekanntgabe müssen die Änderungen allen Kunden schriftlich mitgeteilt werden. Der Kunde kann anlässlich einer Preisänderung den Anbieter sofort wechseln und muss nicht erst die Restlaufzeit des Vertrages abwarten.

Zutrittsrecht zur Wohnung

Eine geplante Zählerablesung muss dem Kunden wenigstens eine Woche vor dem Ablesetermin mitgeteilt werden, wobei auch ein Aushang im Haus zulässig ist. Dabei muss auch ein Ersatztermin genannt werden (§ 21 GVV).

Versorgungsunterbrechung

Wer einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Versorger nicht nachkommt, dem kann der Versorger vier Wochen nach Ankündigung Strom oder Gas abstellen (§ 19 GVV). Bisher galt eine Frist von zwei Wochen. Der Beginn der Unterbrechung muss drei Werktage im Voraus angekündigt werden. Der Strom darf aber nur abgestellt werden, wenn

  • ein Zahlungsrückstand von mindestens 100 Euro besteht und
  • die Folgen der Sperre nicht außer Verhältnis zum Zahlungsrückstand stehen und
  • keine hinreichende Aussicht auf Begleichung der Rückstände besteht.
Zahlungsverpflichtung

Wer eine Rechnung vom Versorger erhält, muss diese auch bezahlen, so die Verordnung, und zwar zwei Wochen nach Erhalt. Es gibt jedoch von dieser Regel auch Ausnahmen:

  • Es besteht die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Rechnungsfehlers.
  • Der Verbrauch ist ohne ersichtlichen Grund mehr als doppelt so hoch wie im vorhergehenden Vergleichszeitraum und der Verbraucher verlangt eine Nachprüfung des Zählers.
  • Der Verbraucher beruft sich auf die Unbilligkeit der Rechnung nach § 315 BGB.
  • Für diese Fälle besteht keine Zahlungsverpflichtung (§ 17 GVV). Auch eine Versorgungsunterbrechung ist dann ausgeschlossen.
Baukostenzuschüsse

Wer einen neuen Anschluss beantragt, der muss über Baukostenzuschüsse die durch ihn verursachten Netzausbaukosten tragen. Die Höhe dieser Zuschüsse wird auf höchstens 50 Prozent der Kosten des Niederspannungsnetzes begrenzt (bisher 70 Prozent). Das Mittelspannungsnetz ist anders als bisher von dieser Regelung ausgenommen. Bei Strom dürfen nur die Leistungen berücksichtigt werden, die über 30 Kilowatt hinausgehen (NAV § 11). Für typische Einfamilienhäuser fallen damit künftig keine Zuschusszahlungen mehr an. Für Gas gibt es keinen vergleichbaren Sockel.

Netzanschluss

Der Anschlussteilnehmer trägt die Kosten für den Netzanschluss. Der Netzbetreiber muss dabei die Interessen des Anschlussnehmers an einer kostengünstigen Errichtung berücksichtigen. Auf Wunsch müssen verschiedene Medien in einer Trasse verlegt werden. Der Anschlussnehmer hat das Recht, die notwendigen Erdarbeiten selbst durchzuführen beziehungsweise vornehmen zu lassen. Die Kosten dürfen pauschal berechnet werden, müssen jedoch einfach nachvollziehbar sein (§9 NAV). Der Anschluss bleibt wie bisher Eigentum des Netzbetreibers, der dadurch auch für Wartung und Reparaturen aufzukommen hat.

Grundstücksbenutzung

Die Duldungspflicht für Leitungen auf dem eigenen Grundstück wurde eingeschränkt. Anlagen zur Versorgung anderer Grundstücke müssen nicht hingenommen werden, wenn sie auch auf anderen Grundstücken verlegt werden können. Nach Beendigung der Anschlussnutzung müssen die Leitungen noch drei Jahre geduldet werden (bisher fünf Jahre).

Haftung

Der Netzbetreiber haftet künftig auch für Schäden durch leichte Fahrlässigkeit (bisher nur grobe Fahrlässigkeit) mit höchstens 5.000 Euro je Einzelfall, auch wenn der Schaden durch Erfüllungsgehilfen verursacht wurde. Die globalen Haftungshöchstgrenzen je Schadensfall wurden zum Teil vervierfacht. Für Vermögensschäden haftet der Versorger wie bisher nur bei grober Fahrlässigkeit (§ 18 NAV).

Kündigungsfristen

Der Grundversorgungsvertrag kann vom Kunden mit einer Frist von einem Monat jeweils zum Monatsende gekündigt werden. Die bisherige zwölfmonatige Vertragsdauer für Erstverträge entfällt.

Ablesung

Der Versorger kann vom Kunden verlangen, dass dieser den Zähler selbst abliest (§11 GVV). Der Kunde darf das nur verweigern, wenn ihm das Ablesen unzumutbar ist.

Schwachpunkte

Die neuen Verordnungen enthalten noch zahlreiche Nachteile für Verbraucher. So ist zum Beispiel keine Aufschlüsselung der Abschlagszahlungen vorgeschrieben. Weiterhin dürfen nur Elektroinstallateure am Stromnetz arbeiten, die vom Stromversorger zugelassen werden. Versorger dürfen Vertragsstrafen verhängen. Sie haften nicht unbeschränkt für verursachte Schäden.

letzte Änderung: 28.10.2015