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Richter entlarven Duopol Oberlandesgericht Düsseldorf entlarvt E.on und RWE als faktisches Duopol - und legt Beweise vor.

Richter entlarven Duopol

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Wettbewerbsverhältnisse auf dem deutschen Strommarkt analysiert. Sie entlarven E.on und RWE dabei als faktisches Duopol - und legen Beweise für einen Nichtangriffspakt der beiden Giganten vor.

(19. Dezember 2007) - Der E.on-Konzern hat Appetit auf mehr: Er wollte eine Beteiligung von 33 Prozent an den Stadtwerken Eschwege erwerben. Das Bundeskartellamt hat dies untersagt. Dagegen hatte E.on vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf geklagt. Die Richter bestätigten die Entscheidung des Bundeskartellamts (Beschluss vom 6. Juni 2007, Az. VI-2 Kart 7/04 (V)). Die Richter kommen zu dem Schluss, dass RWE gemeinsam mit dem E.on-Konzern ein marktbeherrschendes Duopol bildet. Gegen diese Entscheidung hat E.on Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Heinz-Peter Dicks

Das Oberlandesgericht trifft in seiner Entscheidung klare Tatsachenfeststellungen zum deutschen Strommarkt. Die Energiedepesche zitiert die wichtigsten Passagen.

"Im Jahr 2000 hielten E.on 90 und RWE 35 Minderheitsbeteiligungen (insgesamt 125) an knapp 900 regionalen und lokalen Stromversorgern in Deutschland. Ende 2002 waren es 134 bei E.on und 59 bei RWE (insgesamt 194). Im Jahr 2004 nahmen solche Beteiligungen auf mehr als 200 weiter zu (E.on 134, RWE 70). Mehrheitsbeteiligungen in geringerer Zahl sind hinzuzurechnen. Unterdessen nehmen E.on und RWE bei annähernd 70 Prozent der Stromversorgungsunternehmen, an denen sie Minderheitsbeteiligungen halten, gleichzeitig die Position des Stromlieferanten ein.

Strombörse ohne Wettbewerbs-Funktion

Aus der Nicht-Speicherbarkeit von Strom folgt die Abhängigkeit der nachfolgenden Stufen von der Erzeugungsstufe. Die erzeugten (oder auch importierten) Strommengen entsprechen prinzipiell dem von Endkunden nachgefragten Stromvolumen. Dem bloßen Handel mit Strom kommt dabei - abgesehen von seiner Verteilungsfunktion und der Aufgabe, strukturell differenzierte Nachfragen zu befriedigen - keine eigenständige wettbewerbliche Funktion für die Elektrizitätsmärkte zu.

Kein Wettbewerb zwischen E.on und RWE

E.on und RWE nutzen aber selbst dort, wo Wettbewerb an sich denkbar wäre, die ihnen gegebenen Wettbewerbsmöglichkeiten nicht gegeneinander aus. Dies belegen die aus der Marktdatenerhebung des Bundeskartellamts für das Jahr 2003 hervorgehenden, nachhaltig geringen Kundenzugewinnquoten, die entsprechend wenige Wechsel von Kunden indizieren. Zwischen E.on und RWE findet ersichtlich kein nennenswerter Wettbewerb um Abnehmer statt.

E.on und RWE konkurrieren außerhalb ihrer Versorgungsgebiete genauso wenig um Beteiligungen an Stadtwerken oder den Abschluss von Konzessionsverträgen. Die Aktivitäten beschränken sich auf die jeweils eigenen Versorgungsgebiete.

E.on und RWE verfügen auf den Märkten für den Erstabsatz von Strom sowie für die Belieferung industrieller und gewerblicher Großkunden in ihrer Gesamtheit über eine überragende Marktstellung, der sich die jeweilige Marktgegenseite auch außerhalb ihrer Versorgungsgebiete nicht entziehen kann. E.on und RWE überragen eine jede für sich, aber erst recht gemeinsam, Wettbewerber auf den relevanten Märkten deutlich.

Auch gegenüber unabhängigen Kraftwerksbetreibern sowie regionalen und lokalen Versorgern mit eigenen Stromerzeugungskapazitäten - soweit diese auf den relevanten Märkten überhaupt tätig sind - verfügen E.on und RWE über eine überragende Marktstellung. Sonstige Stromversorgungs- und -handelsunternehmen verfügen über keinen eigenen Zugang zur Beschaffung von Elektrizität. Sie sind nicht Anbieter, sondern ausschließlich Nachfrager beim Erstbezug von Strom. Von daher sind sie - genauso wie stromerzeugende, regionale und lokale Versorger - für den größten Teil ihres Strombedarfs, der mit eigenen Erzeugungskapazitäten nicht zu decken ist - von einer Belieferung aus der Erzeugungsebene abhängig.

Auf Stromimporte kann nur theoretisch ausgewichen werden. Die vergleichsweise geringen Stromeinfuhren (weniger als zehn Prozent des Gesamtabsatzes) reichen nicht aus, die Nachfrage zu befriedigen. Eine Ausweitung von Einfuhren scheitert an der Leistungsfähigkeit der vorhandenen Grenzübergangsstellen, für deren Erweiterung keine Anzeichen vorliegen. Die sonstigen Stromversorgungs- und -handelsunternehmen sind den Konzernen E.on und RWE auch unter dem Gesichtspunkt der Finanzkraft mit hohem Rückstand unterlegen."

Das Oberlandesgericht kritisiert zudem die Knebelverträge mit den Stadtwerken. Zum geplanten Konsortialvertrag zwischen E.on und den Stadtwerken Eschwege schreiben die Düsseldorfer Richter:

"Eine wichtige Angelegenheit, die auf Antrag von E.on. zum Gegenstand einer Meinungsabstimmung mit der Stadt Eschwege gemacht werden darf, ist zweifelsfrei auch der Neuabschluss von Strombezugsverträgen. Der Umstand, dass die Parteien sich auf Wunsch über den Abschluss eines Strombezugsvertrages verständigen wollen, bringt allein schon einen nicht unerheblichen Vorteil für E.on mit sich. Denn während ohne den Zusammenschluss die Stadtwerke Eschwege - und in Zweifelsfällen die Alleingesellschafterin Stadt Eschwege - die dahingehende Entscheidung, insbesondere die Wahl des Vertragspartners, allein trafen, hat sich darüber als Folge des Zusammenschlusses die Stadt Eschwege mit dem Minderheitsgesellschafter E.on auf Verlangen vorher ins Benehmen zu setzen.

Liegen ihr bekannt werdende Konkurrenzangebote vor, kann E.on mit Erfolg auf die Vorzüge des eigenen Angebots hinweisen. Gegenüber Preisvorstößen anderer Anbietern kann E.on ihr Angebot nachbessern. Dafür hat die E.on AG schon deswegen einen Verhaltensspielraum, weil sie damit rechnen kann, dass ein Teil eines gewährten Preisnachlasses als Unternehmensgewinn der Stadtwerke Eschwege an sie zurückfließen wird.

Die E.on danach zu Gebote stehenden Einflussmöglichkeiten sind geeignet, Wettbewerber davon abzuhalten, sich um eine Belieferung der Stadtwerke Eschwege zu bemühen."

 Download Beschluss Oberlandesgericht Düsseldorf vom 06. Juni 2007 - Az: VI-2 Kart 7/04 (V) 

letzte Änderung: 26.02.2021