Die "Braunkohlen-Lüge"
Die VEAG rechtfertigt ihre überhöhten Preise mit den für die Verstromung der Braunkohle eingegangenen Verpflichtungen. Tatsächlich erzeugt die VEAG derzeit ihren Strom zu über 90% aus Braunkohle. In der Vergangenheit hat der hohe Braunkohleeinsatz die VEAG-Strompreise kaum belastet: "Bei Brennstoffkosten von knapp 3 Pf/kWh sowie durchschnittlichen Stromerlösen von über 20 Pf /kWh kann die Begründung für unterschiedliche Preise u. E. nicht im Einsatz der Braunkohle zur Stromerzeugung gesucht werden. Hinzu kommt, daß zur Zeit bei dem Einsatz von Altkraftwerksleistung in noch erheblichem Umfang ein vergleichsweise teurer Kapitaldienst wie für Neuanlagen nicht anfällt" schreibt der Deutsche Braunkohlenverein e.V. (Wirtschaftswelt Energie 12/95, S. 23).
Für die Zukunft strebt die VEAG aber eine Beibehaltung des hohen Braunkohleanteils an. Braunkohle eignet sich aber aus wirtschaftlichen Gründen nur für den Einsatz in der sog. Grundlast, die nur 50% der Leistung ausmachen sollte. 30% der Leistung sollten Mittellastkraftwerke darstellen, typischerweise Steinkohle. Die letzten 20% sollen auf Spitzenlastkraftwerke entfallen (i.d.R. Gasturbinen). Durch den überzogenen Braunkohleanteil allein erhöht sich künftig der Strompreis um ca. 1 bis 1,5 Pf/kWh. Dieses Konzept verstößt damit gegen den Grundsatz einer preiswürdigen Energieversorgung.
Soweit die VEAG tatsächlich zur Sicherung der Braunkohle verpflichtet wäre, so würde der überhöhte Strompreis eine Sonderabgabe darstellen. Nach dem Kohlepfennigbeschluß des Bundesverfassungsgerichts ist eine solche Sonderabgabe verfassungswidrig. Im übrigen wären auch die Bürger der alten Bundesländer für eine solche Aufgabe mitheranzuziehen. Weiterhin würde eine solche Sonderabgabe auch gegen die Beihilfevorschriften des europäischen Rechts verstoßen. Das braunkohlefixierte Unternehmenskonzept der VEAG ist willkürlich und schadet dem Verbraucher, weil er höhere Strompreise zu zahlen hat, als er bei einem an der energierechtlichen Rahmenordnung gemessenen Verhalten bezahlen müßte. "Es ist nicht Aufgabe der privatisierten VEAG, Gemeinwohlaufgaben zu erfüllen und die dadurch entstehenden Kosten auf ihre Strombezieher abzuwälzen...Die angeblich bindende Zielvorgabe für eine spezifische Braunkohlepolitik existiert nicht und ist deshalb für die von der VEAG ausgeübte Braunkohlepolitik keine brauchbare Rechtfertigung... Von einer Verstromung der Braunkohle in der Mittellast, verbunden mit einer Weisung an die VEAG, das Postulat einer preiswürdigen Versorgung zu verletzen, ist im Stromvertrag nichts zu finden.
Die in der Diskussion um die Ostdeutschen Strompreise ständig leicht dahingesprochene These von der Abhängigkeit der VEAG von der Braunkohle als strukturell hinzunehmendem Verteuerungsfaktor, erweist sich damit als nicht stichhaltig. Sie findet weder im Stromvertrag, noch in der Sache eine Rechtfertigung" (Gutachten, S. 179).