Im richtigen Leben einfach richtig leben
Im Klimaschutz ist es Zeit für eine neue gesellschaftliche Normalität: ich habe unterschrieben!
(28. Januar 2013) Ich brauche noch Zeit für meine angekündigten 12 Gesellschaftsthesen zur Energiewende.
These 1 habe ich schon: Es ist schwieriger über die gesellschaftlichen Voraussetzungen zu schreiben, als über die technischen und politischen Dinge.
Heute ruft ja erfreulicherweise sogar der Bundesumweltminister, es gehe um gesellschaftliche Akzeptanz und um Teilhabe. Jawohl, das ist aber noch kein umfassendes Programm für die Klimaschutz- und Energiewende-Gesellschaft. Deshalb umso interessanter, dass in einem ganz neuen Papier mit dem Titel >>Fahrplan Energiewende<< von Martin Pehnt (IFEU-Institut) und Michael Sterner (Hochschule Regensburg), die gesellschaftliche Dimension konkret diskutiert wird.
Da geht es eben nicht nur um Speicher und Leitungen, sondern auch um Transparenz, aktive gesellschaftliche Akzeptanz, Beteiligung bei Planung und Finanzierung. Kann ich nur empfehlen. Ich habe lange mit Martin Pehnt gesprochen, und er gab zu, dass das bisher wenig in die Tiefe geht. Wo stecken denn jetzt die gesellschaftlichen Blockaden in Sachen Energiewende tatsächlich? Die Medien vermuten, dass eigentlich niemand ein Windrad vor der Tür haben möchte oder eine Stromleitung. Außer er verdient daran.
Das ist aber alles noch ziemlich oberflächlich. Noch weniger analysiert: mit welchen Instrumenten könnte man denn kulturelle und emotionale Totalblockaden im Klimaschutz abbauen? Nehmen wir die deutsche Liebe zum Rasen in völlig überdimensionierten Rennschüsseln auf der Autobahn. Wäre eine Autogefühlswende wirklich entscheidend?
Ich meine ja, und deshalb heißt eine meiner gesellschaftlichen Thesen: Es ist erst mal wichtig herauszufinden, welche Blockaden der umfassenden Energie- und Klimaschutzwende tatsächlich technischer und ökonomischer, und welche kultureller und emotionaler Natur sind.
Das schlimmste sind nämlich Erwartungen an die Gesellschaft in Bereichen, wo Politikversagen vorliegt. "Flieg doch weniger nach Majorka!" Wenn der Flug mit Hotel günstiger ist als die Bahn nach Sylt - wegen gezielter Steuerpolitik - dann ist der Aufruf an den Einzelnen natürlich verlogen. "Fahr doch Kleinwagen", halte ich dagegen für eine pfiffige Aufforderung, mit der man auch viel Geld sparen kann. Viele Linke sagen, es gäbe kein gutes privates Klimaschutzleben im Falschen. Das ist natürlich Quatsch. Da ist mehr machbar, Herr Nachbar, als viele in ihrer privaten Bequemlichkeit zugeben.
Wir brauchen beispielsweise, und damit zu einer meiner Hauptthesen, ein Gruppe von Menschen in der Gesellschaft, die die Energiewende und den Klimaschutz so richtig professionell in ihr eigenes Leben einbauen.
Meint ja auch Claudia Langer von Utopia. Ich denke dabei aber nicht an eine neue Form von Radikalität oder kasteiende Verzichts-Übung einer Minderheit, sondern im Gegenteil als bürgerliche Selbstverständlichkeit und attraktive Normalität für den Mainstream. Die Betonung liegt aber hier auf professioneller Normalität. Eben das Gegenteil von symbolischen Einzelmaßnahmen wie Hybridauto oder regionale Produkte kaufen.
Nein ich meine den eigenen Umstieg zum 100% erneuerbaren Effizienzhaushalt mit angeschlossenem intelligenten Konsum für ein normal, gutes Leben. Dazu kann auch professionelles Kompensieren eigener Emissionen durch die Finanzierung von Projekten weltweit gehören. Nun gibt es dazu gerade eine schöne Kampagne von Horst Emse, der Leute mit seinem Berliner Appell (www.klimaneutral-handeln.de) genau dazu aufruft, nämlich souverän für die sonst anderen aufgebürdeten Lasten unseres Energieverbrauchs einzustehen. Also so viel wie möglich selbst weg vom fossilen Leben und wenn nötig auch zu kompensieren. Das ist mal eine ganz neue Unterschriftenaktion. Damit rufen die Unterzeichner nicht die Regierung auf, sondern verpflichten sich öffentlich zur konkreten eigenen Klimaschutzwende.
Das nenne ich souverän, da habe ich natürlich unterzeichnet. Aus zwei Gründen: weil ich die Ökonomin Claudia Kemfert toll finde, und die hat auch unterschrieben. Und zum zweiten ist das gute Klimaschutzleben ja bereits bei mir zuhause Normalität mit dem 100% erneuerbaren Haushalt. Ich nehme jetzt selbstverständlich an, auch Sie liebe LeserIn werden sich begeistert Einschreiben ins Klimaschutzleben. Weil es eben das Normalste von der Welt ist. Oder?