Traue keinen Griechen mit Geschenken
(24. Juni 2008) - Angeblich war es ein Geschenk für ihre Götter mit der Bitte um eine sichere Heimfahrt. Doch in Wahrheit verbargen sich im trojanischen Pferd tapfere Griechen, die die sagenumwobene Stadt Troja einnahmen, nachdem die Trojaner die Holzkonstruktion im Siegestaumel in ihre Stadt gebracht hatten. Am Ende stand die Vernichtung Trojas. Daher stammt das geflügelte Wort: Traue keinen Griechen mit Geschenken.
Ähnliches sollte wohl für Energieversorger gelten, denn in jüngster Zeit haben einige Energieversorger Verbrauchern in Aussicht gestellt, auf eine Klage gegen sie zu verzichten, wenn im Gegenzug der Verbraucher darauf verzichtet, sich auf die Verjährung zu berufen. Verbraucher sollten sich zweimal überlegen, ob sie auf dieses trojanische Pferd hereinfallen:
Wegen der vielen bereits 2004 beziehungsweise 2005 erhobenen Widersprüche von Verbraucher/innen verjähren wegen der dreijährigen Verjährungsfrist Ende 2008 bereits eine Vielzahl von Forderungen der Energieversorgungsunternehmen.
Doch verzichtet der Verbraucher auf die Möglichkeit, sich auf die Verjährung zu berufen, kann er sie auch im Rahmen eines Rechtsstreites nicht mehr geltend machen - egal, wie spät das Energieversorgungsunternehmen die strittige Forderung einklagt.
Während die Verbraucher sich hinter ihren Mauern des Widerspruches und der Zahlungskürzung verschanzen, müssen die Energieversorgungsunternehmen entweder angreifen, sprich: klagen, oder unverrichteter Dinge abziehen, also die Verjährung akzeptieren.
Doch selbstständig Klage zu erheben, vermeiden die Versorger tunlichst: Je nachdem, in welchem Gerichtsbezirk sie ansässig sind, fordern die Gerichte eine Offenlegung der Kalkulation. Weil wichtige Punkte der Rechtslage nach wie vor unklar sind, kommt eine Klageerhebung gegen einen zahlungsunwilligen Verbraucher einem unwägbaren Risiko gleich. Also heißt die Parole für die Versorger, Zeit zu gewinnen, in der Hoffnung, dass die Entscheidungen zugunsten der Energiewirtschaft nicht in Frage gestellt werden und sich deren Rechtsauffassung verfestigt.
Und wer weiß, vielleicht entscheidet der Bundesgerichtshof ja noch klarer pro Versorgungswirtschaft, wenn nur der VIII. Zivilsenat weiter gefragt wird?
Deshalb sollten sich alle Verbraucher und Verbraucherinnen darüber im Klaren sein, dass die Anrufung der Gerichte trotz aller damit verbundenen Unannehmlichkeiten eine gute Chance bietet, ungerechtfertigten Preisanhebungen erfolgreich die Stirn zu bieten. Wer jedoch das Geschenk der Verjährungseinrede annimmt, wird aller Voraussicht nach die Griechen in seinen eigenen Mauern wiederfinden.
Rechtsanwältin Leonora Holling