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Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V. am 19. Oktober 2012
Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Verbraucher können sich gegen EEG-Preiserhöhungen wehren

(19. Oktober 2012) Der Bund der Energieverbraucher e.V. hat die Frage geprüft, wie sich Verbraucher gegen Preiserhöhungen aufgrund gestiegener EEG-Umlage und Netzentgelte wehren können. Fazit: Zwar haben die Verbraucher eindeutig das Recht, die Preiserhöhungen auf den juristischen Prüfstand zu stellen (Sonderkündigungsrecht, fehlende Berechtigung zur Preiserhöhung und fehlende Billigkeit). Jedoch weist der Verein auf das damit verbundene Risiko hin: Viele Gerichte könnten der (irrigen) Auffassung sein, die EEG-Umlage sei wie ein durchlaufender Posten zu tragen und könne nicht in Frage gestellt werden.

Für alle Verbraucher stellt sich spätestens mit dem Jahreswechsel die wichtige Frage: Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, gegen die höhere EEG-Umlage, höhere Netzengelte oder Sonderumlagen für Netzentgeltbefreiung und Off-Shore-Windanlagen vorzugehen? Steht mir ein Sonderkündigungsrecht zu, wenn der Versorger diese Umlagen oder gestiegene Netzentgelte den Kunden weiterberechnet?

Die Meinungen darüber gehen selbst unter Juristen deutlich auseinander.

Die einen bejahen ein Sonderkündigungsrecht:
  1. Die EEG-Umlage und auch die Netzentgelte müssen die Stromhändler an den jeweiligen Netzbetreiber bezahlen. Die EEG-Umlage ist damit, wie das Netzentgelt und alle anderen Kosten des Stromhändlers, lediglich e i n Kalkulationsposten des Stromhändlers. Ob und in welchem Umfang der Stromhändler die EEG-Umlage ganz oder teilweise an seine Kunden weitergibt, regelt das EEG nicht. Vielmehr entscheidet der Stromhändler, ob er die gestiegenen Kosten nicht anderweitig kompensieren kann. RWE und E.on haben bereits angekündigt, die Umlage nicht in vollem Umfang an die Kunden weiterzugeben. Der erhöhten EEG-Umlage stehen gesunkene Beschaffungskosten des Stromlieferanten infolge gesunkener Großhandelspreise und auch eine geringere KWK-Abgabe gegenüber.

    Die Erhöhung der Umlage führt also nicht automatisch oder gesetzlich bedingt zu einer Preiserhöhung. Sondern erst die Entscheidung des Stromhändlers zur Weitergabe führt zur Preiserhöhung. Damit handelt es sich um eine ganz normale Preiserhöhung, die ein Sonderkündigungsrecht des Kunden begründet.

    Verbrauchertipp 1: Berufen Sie sich gegenüber Ihrem Versorger auf Ihr Sonderkündigungsrecht und suchen Sie sich einen günstigeren Versorger.
  2. Auch ist zu prüfen, ob dem Stromlieferanten gegenüber dem Stromkunden überhaupt ein Recht zur einseitigen Preisänderung zusteht. Das richtet sich danach ob dem Stromlieferanten gesetzlich oder vertraglich ein Preisänderungsrecht wirksam eingeräumt wurde.
    Bei grundversorgten Verbrauchern ist es sehr fraglich, ob das gesetzliche Preisänderungsrecht überhaupt wirksam ist. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

    Bei Sonderverträgen kommt es zumeist darauf an, ob eine Preisänderungsklausel gem. § 305 BGB wirksam in den Vertrag einbezogen wurde und ob eine etwaig wirksam einbezogene Klausel der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhält.

    Eine Preisänderungsklausel hält einer Inhaltskontrolle immer dann nicht stand, wenn dem Kunden für den Fall einer einseitigen Preisänderung kein Sonderkündigungsrecht eingeräumt wurde.

    Wurde dem Kunden kein solches Sonderkündigungsrecht eingeräumt, dann ist der Stromlieferant ist zu einseitigen Preisänderungen nicht berechtigt. Das hat das OLG Düsseldorf unlängst entschieden unter Berufung auf geltendes EU-Recht.

    Verbrauchertipp 2: Bestreiten Sie gegenüber Ihrem Versorger, dass er ein Preisänderungsrecht hat und bezahlen Sie den alten Preis weiter.
  3. Die Entscheidung, die EEG-Umlage (oder erhöhte Netzentgelte) an den Verbraucher weiterzugeben oder eventuell durch Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren, muss der Versorger nach billigem Ermessen (§315 BGB Abs. 3 Satz 1 BGB) treffen. Bei dieser Billigkeitskontrolle kommt es entscheidend darauf an, dass die Entwicklung a l l e r preisbildenden Kostenfaktoren berücksichtigt wird (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17; B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 Rn. 11). Alles hierzu Gesagte und Entschiedene trifft also hier auch zu. Insbesondere kann der Kunde der Preiserhöhung unter Berufung auf den fehlenden Billigkeitsnachweis widersprechen. Und der Versorger darf gegen Kunden, die unter Berufung auf die fehlende Billigkeit die Zahlung der „EEG-Umlage“ verweigern, keine Versorgungsunterbrechung durchführen.

    Verbrauchertipp 3: Verweigern Sie die Zahlung der Preiserhöhung mit Berufung darauf, dass der Versorger den Nachweis der Billigkeit nicht erbracht hat.
Andere verneinen ein Sonderkündigungsrecht.

Viele Gerichte behandeln bisher die EEG-Umlage im Ergebnis wie die Mehrwertsteuer und sehen darin eine gesetzlich zu zahlende Abgabe. Mit der vertraglichen Vereinbarung zwischen EVU und Verbraucher hat dies dann aus diesem Grunde nichts zu tun. Entsprechend gibt es nach dieser Auffassung auch kein schutzwürdiges Interesse auf ein Sonderkündigungsrecht. Wenn eine Preiserhöhung alleine auf einer Durchreichung der durch die EEG-Neuregelung bedingten Mehrkosten oder sonstiger verordneter Erhöhungen besteht, werden die meisten Gerichte ein Sonderkündigungsrecht nicht zubilligen, dies mit dem schlichten Argument, dass "die Versorger ja nix dafürkönnen". Diese Auffassung lässt außer acht, dass die Mehrwertsteuer von Gesetzes wegen vom Verbraucher zu zahlen ist. Im Unterschied dazu ist sind EEG-Umlage und die Netzentgelte gesetzlich als Zahlung des Stromhändlers an den Netzbetreiber festgelegt.

Fazit:

In einer gerichtlichen Auseinandersetzung sind die Erfolgschancen gegen die EEG-begründeten Preiserhöhungen vorzugehen eher gering. Das gilt trotz der klaren Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes, nach der Verbraucher sich durchaus gegen solche Preiserhöhungen zur Wehr setzen können.

Allen Verbrauchern ist zu raten, die Chancen und Risiken abzuwägen insbesondere im Hinblick auf den eigenen Rechtsschutz. Wer sich auf eine Auseinandersetzung einlässt, der muss damit rechnen, dass er unterliegt.

Der Bund der Energieverbraucher e.V. hat einen Musterbrief bereitgestellt, mit dem Verbraucher sich gegen Preiserhöhungen zur Wehr setzen können.

letzte Änderung: 19.04.2023