ED 02/10
Mit Sonnenenergie um die Welt fliegen

Mit Sonnenenergie um die Welt fliegen

Die Abkehr von fossilen Energieträgern ist nirgends so schwer wie beim Fliegen. Pionier Bertrand Piccard will der Welt und sich selbst beweisen, dass es trotzdem geht. Sein Unternehmen „Solar-Impulse" ist atemberaubend und zeigt der gesamten Menschheit, wie es möglich ist, Grenzen im Denken und in der Wirklichkeit zu überwinden.

2223 Bertrand Piccard

Bertrand Piccard ...

(04. Juni 2011) SolarImpulse ist ein Projekt der Schweizer Bertrand Piccard und André Borschberg. Sie möchten mit einem Solarflugzeug 2012 die Erde in mehreren Etappen umrunden. Bertrand Piccard ist ein schweizer Psychiater, Wissenschaftler und Abenteurer aus einer berühmten Familie. Er umkreiste 1999 zusammen mit Brian Jones als erster Mensch die Erde mit einem Ballon. Der Non-Stop-Flug dauerte 19 Tage. Bertrand Piccard hält bislang sieben Weltrekorde, doch das scheint dem Schweizer im Blut zu liegen: Sein Vater Jacques Piccard stellte Weltrekorde im Tieftauchen auf und baute das erste Touristen-U-Boot. Sein Großvater Auguste Piccard stieg 1932 mit einem Ballon auf 17.000 Meter Höhe.

Es geht ihm vor allem darum, das Bewusstsein für aktuelle Herausforderungen der Menschheit zu schärfen: Die Umstellung unserer Gesellschaft auf mehr Energieeffizienz und erneuerbare Energien, um unabhängig von den begrenzten fossilen Ressourcen zu werden. „Wenn wir in einem solarbetriebenen Flugzeug rund um die Welt fliegen und dafür absolut keinen Treibstoff benutzen, dann kann künftig niemand sagen, das dies für Autos, für Heizungen, für Computer, und so weiter unmöglich ist."

2223 Bertrand Piccard mit Vater Jacques & Großvater Auguste

... mit Vater und Großvater

Wenn es – dem Zeitplan nach voraussichtlich 2013 – so weit ist, wird Bertrand große persönliche Risiken eingehen: Während des Fluges gibt es kaum Zeit zum Schlafen und für die Nacht nur knapp bemessene Energiereserven. Auf die Frage, ob er Angst habe, mit einem Flugzeug zu fliegen, das an den Grenzen des Machbaren konstruiert wurde, kontert Piccard: „Ich habe keine Angst, in ein Solarflugzeug zu steigen, sondern in einer Welt zu leben, die eine Million Tonnen Öl je Stunde verbraucht."

Mit seinem ehrgeizigen Projekt löst Bertrand Piccard ein Versprechen ein, das er sich selbst nach seinem Ballonflug um die Erde gab. „Ich sah, dass wir fast allen Brennstoff verbraucht hatten, da gab ich mir ein Versprechen. Ich versprach mir, dass ich das nächste Mal, wenn ich um die Welt fliegen würde, keinen Brennstoff mitnehmen werde, unabhängig von fossilen Energieträgern sein werde, um sicher zu sein, nicht von der Tankanzeige bedroht zu werden."

2223 Solarflugzeug - SolarImpulse SIA

Technische Daten: Spannweite: 63,40 Meter; Gewicht: 1600 Kilogramm; Länge: 21,85 Meter; Höhe: 6,40 Meter; Motor: 4 elektrische 10-PS-Motoren; Solarzellen: 11.628, die meisten davon auf den Flügeln

Auch wenn seine Vision spektakulär klingt, bleibt Bertrand Piccard auf dem Boden der Tatsachen. „Ich denke nicht, dass unser Flugzeug in den nächsten Jahren 200 Leute transportieren wird. Aber als Lindbergh den Atlantik überquerte, war die Nutzlast gerade ausreichend genug für eine Person und ein bisschen Treibstoff. Und 20 Jahre später überquerten 200 Leute in jedem Flugzeug den Atlantik." Wie es mit dem Solarflugzeug weitergeht, wird ebenfalls die Zeit zeigen.

Der Zeitplan
  • 2003 Start des Projekts nach einer Machbarkeitsstudie der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne.
  • 2004 bis 2006 40 internationale Experten entwickeln das Konzept.
  • 2007 Der Bau des ersten Prototyps des Flugzeugs SIA beginnt 2008, das Flugzeug wird geprüft und getestet.
  • 2009 Das Flugzeug hebt zum ersten Mal ab.
  • 2010 Jungfernflug: In 87 Minuten steigt der SIA auf eine Höhe von 1.200 Metern.
  • Der erste Flug über Tag und Nacht (mit 26 Stunden Flugzeit) und damit auch der erste Nachtflug findet vom 7. auf den 8. Juli 2010 statt. Die Solar Impulse mit dem Piloten André Borschberg steigen dabei am Tag auf über 9.000 Meter und laden unterdessen die Akkus. Nach Sonnenuntergang sinken sie in der Nacht zunächst ohne Motoren wieder auf 1.500 Meter ab, um dann mit dem Strom aus den Akkus bis zum Sonnenaufgang die Höhe zu halten (Akkuladung bei Sonnenaufgang über 40 Prozent).
  • 2011 Konstruktion des zweiten Flugzeugs.
  • Ab 2011 Mehrtägige Flugeinsätze, Überquerung des Atlantiks und Versuch der Weltumrundung mit fünf Zwischenetappen.
  • Ab 2013: Lässt sich das Gewicht der Batterien durch verbesserte Effizienz weiter reduzieren, könnte das Flugzeug zwei Piloten für Langzeitflüge aufnehmen. Dann wäre eine Non-Stop-Weltumrundung denkbar.

Das Projekt unterstützen: www.SolarImpulse.com - Supporter Program

Partner des Projekts sind:
  • Hauptpartner: Solvay, die Omega SA, die Deutsche Bank und Schindler
  • Offizielle Partner: Bayer Material-Science, Altran und Swisscom
  • Forschung und institutionale Partner: die EPFL, ESA, IATA und Dassault Aviation
Ein Pionier und seine Vision

Bertrand Piccard in einer Rede über sein Projekt „SolarImpulse":

„Ich habe eine Menge durch meine Ballonflüge um die Welt gelernt: Wir wollen in eine Richtung gehen, aber die Winde treiben uns in eine andere Richtung. Das ist wie auch manchmal im Leben. Und solange wir horizontal kämpfen, gegen das Leben, gegen den Wind, gegen das, was geschieht mit uns, ist das Leben ein Albtraum.

Wie steuern wir einen Ballon? Durch das Verständnis, dass die Atmosphäre aus mehreren verschiedenen Windschichten besteht, die alle eine andere Richtung haben. Dann verstehen wir, dass wir, wenn wir unsere Flugbahn ändern wollen – im Leben oder im Ballon – die Höhe ändern müssen. Das Ändern der Höhe im Leben, meint eine Erhöhung zu einer anderen psychologischen, philosophischen, spirituellen Ebene.

Aber wie verändern wir die Höhe? Nun, in einem Ballon ist es einfach: Wenn wir den Ballast über Bord werfen, steigen wir. Und ich glaube, im Leben sollte es genau so sein. Ein Pionier erlaubt sich, den ganzen Ballast über Bord zu werfen. Gewohnheiten, Gewissheiten, Überzeugungen, Ausrufezeichen, Paradigmen, Dogmen. Wenn wir das tun, ist das Leben mehr als eine Linie, die in eine Richtung geht. Es wird in drei Dimensionen viele Linien in alle mögliche Richtungen geben.

Wir können einen viel besseren Schutz der Umwelt gewährleisten, wenn wir den Fundamentalismus und das Rechts-Links-Denken als Ballast einfach über Bord werfen wie Ballast, um unsere Richtung zu ändern.

Nun, solarbetriebene Flugzeuge sind nichts Neues. Sie sind schon in der Vergangenheit geflogen, aber ohne Speicherkapazität, ohne Batterien. Sie haben damit eher die Grenzen erneuerbarer Energien aufgezeigt statt deren Potenzial. Um einen Piloten zu tragen, braucht man eine Spannweite von 64 Metern. Mit 200 Quadratmetern Solarkraft auf unserem Flugzeug können wir die Energie produzieren für 200 Glühlampen auf einem großen Weihnachtsbaum. Wie kannst du einen Piloten rund um die Welt befördern mit einem Flugzeug, das die gleiche Energie benötigt wie die Lichter eines großen Weihnachtsbaums?

Die Leute werden dir sagen, dass das unmöglich ist, und genau deshalb versuchen wir es zu tun. Das Ziel ist, abzuheben mit unserer eigenen Energie, ohne zusätzliche Hilfe, ohne gezogen zu werden, 9.000 Meter Höhe zu erreichen. Zur gleichen Zeit laden wir die Batterien, wir lassen die Motoren laufen, und wenn wir zur maximalen Höhe kommen, sind wir am Anfang der Nacht. Und dort gibt es nur ein Ziel, nur eins, den nächsten Sonnenaufgang zu erreichen, bevor die Batterien leer sind.

Und das ist genau das Symbol unserer Welt: Wenn unser Flugzeug zu schwer ist, der Pilot Energie verschwendet, kommen wir nicht durch die Nacht. Und in unserer Welt, wenn wir weiterhin verschwenderisch sind, unsere Energieressourcen verbrauchen (...) dann ist es klar, das wir niemals den Planeten an unsere nächste Generation übergeben können ohne ein großes Problem.

Der Erfolg wird kommen, wenn genug Leute motiviert werden, genau das Gleiche zu tun in ihrem täglichen Leben, Energie zu sparen, sich erneuerbaren Energien zuzuwenden. Und es ist möglich. Wissen Sie, mit den Technologien, über die wir heute verfügen, können wir zwischen 30 und 50 Prozent der Energie eines Landes in Europa sparen. Und wir können die übrige Hälfte mit erneuerbarer Energie lösen.

Die Frage, die ich Ihnen mitgeben möchte, fragt danach, welcher Ballast es ist, den Sie über Bord werfen wollen? Was wird die Höhe sein, in der Sie in Ihrem Leben fliegen möchten, um den Erfolg zu haben, den Sie haben möchten, um zu dem Punkt zu kommen, der wirklich zu Ihnen gehört. Mit dem Potenzial, das Sie haben, und demjenigen, das Sie wirklich erfüllen können? Die meiste erneuerbare Energie, die wir haben, ist unser eigenes Potenzial und unsere eigene Leidenschaft. Lassen Sie uns deshalb beginnen, und ich wünsche Ihnen ein herrliches Abenteuer auf den Flügeln der Zukunft. Danke."

VideomitschnittBertrand Piccard's solar-powered adventure (Dauer 17:47 min)

letzte Änderung: 17.05.2018