Klimawandel

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Klimaproteste und Zivilgesellschaft

Die Klimakrise ist längst keine abstrakte Bedrohung mehr, sondern hat spürbare Folgen in Deutschland und weltweit. Uns drohen heiße Millionenstädte, überflutete Küstenregionen, katastrophal lange Dürreperioden, Wasserknappheit, Ernteausfälle, riesige Wald- und Buschbrände und als Folge Abermillionen an Klimaflüchtlingen.
Von Aribert Peters

(24. April 2023) Doch trotz der bereits unübersehbaren Folgen des Klimawandels und der düsteren Zukunftsaussichten gibt es immer noch Menschen, die die Augen vor der Realität verschließen und dissonante Informationen abwerten, wie Christian Stöcker vom Spiegel betont: „Mir ist von Tag zu Tag unverständlicher, wie Menschen mit Kindern und Enkeln es schaffen, vor all dem die Augen zu verschließen. Alle kognitiven Abwehrmechanismen müssen dazu gleichzeitig auf Hochtouren laufen: dissonante Information abwerten, Überbringer dissonanter Information abwerten, oft auf aggressive Weise.“

Protest und Gegenprotest

Deshalb ist es umso wichtiger, dass Menschen auf die Straße gehen und sich gegen die Verursacher der Klimakrise und ihre Folgen gemeinsam zur Wehr setzen, wie zum Beispiel die Aktivisten der „Letzten Generation“. Denn wie Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung betont: „Proteste, Demos, Whistleblowing, Widerstand – nicht Ruhe, sondern Unruhe ist in einer lebendigen Demokratie Bürgerpflicht!“

Doch der Protest wird nicht von allen positiv aufgenommen. Wie Sebastian Leber, Tagesspiegel-Reporter, schreibt, treibt die Disziplin, „sich über Protestformen von Klimaaktivisten zu beschweren, ohne selbst den Arsch hochzukriegen, immer wildere Blüten. Der Wunsch, jede Protestform zu canceln, wirkt zunehmend totalitär. Selbst wenn die Aktivisten künftig bloß noch Schweigeminuten veranstalteten, müssten sie sich -vermutlich den Vorwurf anhören, sie atmeten zu laut.“

2712 Demo Braunkohletagebau / Foto: Ingmar Björn Nolting / laif.de

Klima-Kampf eskaliert: RWE räumt letztes Dorf für Braunkohleabbau – Polizei gegen Aktivisten! Die Polizei startete am 11. Januar 2023 eine Räumung des besetzten Dorfes Lützerath. Doch die Klimaaktivisten gaben nicht auf. Am 14. Januar versammelten sich Tausende von Demonstranten, um gegen die Abbaggerung zu protestieren. Bei der Großdemonstration kam es zu Gewalt, als Demonstranten versuchten, auf das abgesperrte Gelände zu gelangen. Die Polizei spricht von mehr als 70 verletzten Polizisten. Die Aktivisten beschuldigen ihrerseits die Polizei, übermäßige Gewalt anzuwenden. Der RWE-Konzern kündigte zivilrechtliche Schritte gegen die Demonstranten an. Offensichtlich will RWE mit der Opferung von Lützerath nur mehr Braunkohle mit höherem Gewinn verstromen. Der Klima-Kampf geht weiter nach dem Motto „Lützerath lebt“.

Folgen des Klimawandels

Dabei ist Protest notwendiger denn je. Denn selbst wenn es uns gelänge, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie UN-Generalsekretär António Guterres warnt, „wird es immer noch zu einem beträchtlichen Anstieg des Meeresspiegels kommen. Die Folgen all dieser Entwicklungen sind unvorstellbar. Niedrig gelegene Gemeinden und ganze Länder könnten für immer verschwinden. Wir würden eine Massenflucht ganzer Bevölkerungen in biblischem Ausmaß erleben. Und wir würden einen immer schärferen Wettbewerb um Süßwasser, Land und andere Ressourcen erleben.“

Trotz all dieser Warnungen gibt es immer noch Menschen, die den Klimawandel als etwas Abstraktes betrachten, das sie nicht direkt betrifft. Dabei betonte der Arzt, Kabarettist und Moderator Eckart von Hirschhausen im Fernsehinterview, dass Klimaschutz zwar Geld kostet, aber „das Teuerste, was wir jetzt tun können, ist, weiterhin zu wenig zu tun. Diese Priorisierung bedeutet, dass wir vergessen haben, was eigentlich Wohlstand ist: nämlich atmen zu können bei erträglichen Außentemperaturen. Etwas zu essen zu haben, etwas zu trinken zu haben. Frieden statt Kriege um die letzten bewohnbaren Fleckchen Erde. Das sind Überlebensfragen, die kein Markt von alleine regelt. Dem Markt sind Menschen egal. Mir nicht. Die Luft dreckig zu machen ist immer noch gefährlich billig. Wer meint, dass Geld wichtiger ist als Gesundheit, kann ja mal versuchen, beim Luftanhalten sein Geld zu zählen.“

Hannovers OB und „Letzte Generation“ einigen sich

In Hannover haben die Klimaproteste etwas bewirkt: Unter der Leitung des grünen Oberbürgermeisters Belit Onay hat die Stadtverwaltung eine Vereinbarung mit der Klimaaktivistengruppe „Letzte Generation“ getroffen. In einem Brief an die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen (mit Ausnahme der AfD) erklärte Onay seine Unterstützung für Forderungen der Gruppe nach einem Neun-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr und einem Tempolimit auf Autobahnen. Der Deal wurde von beiden Seiten als bedeutender Durchbruch in der Klimapolitik gefeiert. In Hannovers Stadtpolitik hat Onay deswegen keinen leichten Stand. Die CDU und FDP warfen ihm vor, sich mit „Kriminellen“ an einen Tisch zu setzen, während die SPD den Vorstoß nicht unterstützt und den Aktivisten Demokratieverachtung vorwirft. „Das ist grotesk und unsachlich“, kommentiert Ronen Steinke in der Süddeutschen Zeitung, „was für ein Unsinn.“ Es ist klar, dass Onays Deal mit der „Letzten Generation“ ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaschutz ist. Die Unterstützung des Neun-Euro-Tickets und des Tempolimits auf Autobahnen könnte einen Wandel in der Verkehrspolitik in Hannover einleiten und ein Beispiel für andere Städte sein.

2712 Demobanner Wer ist hier der Klimaterrorist / Foto: Jacques Tilly, Großplastiken, Düsseldorf, www.grossplastiken.de

Dieser Schritt ist umso bemerkenswerter, als es in anderen Städten Deutschlands zu gewalttätigen Konfrontationen zwischen Klimaaktivistinnen und Autofahrern gekommen ist. Seit Monaten haben die Aktivisten in vielen deutschen Städten Hauptverkehrsadern blockiert, um für mehr Klimaschutz zu kämpfen. In Bayern setzte die Justiz sogar Präventivhaft gegen Wiederholungstäter ein und es gab Ermittlungen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung in Brandenburg. Der Kompromiss zwischen Hannover und der „Letzten Generation“ zeigt jedoch, dass ein Dialog zwischen Aktivisten und Politikern möglich ist, wenn auf beiden Seiten die Bereitschaft dazu da ist. „Die harte Münchner Linie ist nicht nur eine Nervenprobe für Justiz und Polizei. Sie ist, wie man dank Hannover jetzt sieht, auch einfach unklug“, so Ronen Steinke. Es bleibt abzuwarten, ob andere Politiker in Deutschland Onays Beispiel folgen werden und den Dialog mit Klimaaktivisten suchen, wie das in Tübingen und Marburg schon geschehen ist.

Segment-ID: 18784

Klima-Solidarität oder kollektiver Selbstmord

Der UN-Generalsekretär Antonio Gutteres spricht mit klaren Worten über die Klimakatastrophe. Er ist seit 2017 im Amt und war zwischen 1995 und 2002 Premierminister von Portugal. Wir zitieren hier aus seinen Reden über die Klimakatastrophe. Zum 6. Bericht des IPCC (siehe „Weltklimarat: Sechster Bericht“).

(25. Januar 2023)

Die Jury hat das Urteil gesprochen: Schuldig!

  • Dieser Bericht des IPCC ist eine Aufzählung von gebrochenen Versprechen. Es ist ein Dokument der Schande. Er listet die leeren Versprechen auf, die uns auf den Weg in eine unglaubliche Welt führen.
  • Wir sind auf einer Schnellstraße, die uns in die Klimakatastrophe führt. Überhitzte Meere, Hitzewellen, verheerende Stürme, verbreiteter Wassermangel, die Ausrottung von Millionen von Tier und Pflanzenarten. Das ist keine Phantasie oder Übertreibung. Das ist das, was uns die Wissenschaft sagt über unsere gegenwärtige Energiepolitik.
  • Wir sind auf dem Wege in eine Erderwärmung um mehr als doppelt so hoch, als dessen was wir in Paris verabredet haben.
  • Die Regierung sagen das eine, aber tun etwas ganz anderes. Einfach ausgedrückt: Sie lügen. Die Folgen werden katastrophal sein.
  • Das ist ein Klimanotstand. Klimawissenschaftler sagen uns, das wir gefährlich dicht an Kipppunkten sind, die zu sich beschleunigenden und nicht wieder gut zu machenden Klimaschäden führen. Aber Regierungen und hochrangige Firmenchefs sehen das nicht. Die scheren sich nicht darum und haben nur ihre eigenen Interessen und ihre Investitionen in Fossilenergien im Blick und gießen Öl ins Feuer. Während die günstigeren erneuerbaren Energien grüne Arbeitsplätze, Energieversorgungssicherheit und höhere Preisstabilität bringen.
  • Die Wissenschaft ist klar: Um das 1,5 Grad Ziel einzuhalten, müssen die Emissionen dieses Jahrzehnt um 45% vermindert werden. Aber die gegenwärtigen Minderungsversprechen führen zu einem Anstieg der Emissionen um 14 % bis 2030. Und nicht einmal diese unzureichenden Versprechen werden eingehalten.
  • Klimaaktivisten werden manchmal als gefährliche Radikalisten bezeichnet. Aber die wirklichen Radikalisten sind die Länder, die die Produktion von Fossilenergien erhöhen.
  • Investitionen in neue Fossilenergie ist moralischer und ökonomischer Irrsinn, zerstört die Landschaft und reißt ein Loch ins Investment Portfolio.
  • Regierungen müssen die Kohleinvestitionen beenden, nicht in anderen Ländern, sondern im eigenen Land.
  • Wir müssen auf die jungen Leute hören und die indigenen Völker, die Alarm schlagen und die unsere Führer zur Rechenschaft ziehen. Wir müssen auf ihre Arbeit setzen, um eine Grasroot Bewegung zu starten, die nicht mehr ignoriert werden kann.
  • Der Wechsel zu Erneuerbaren wird Hoffnung für Millionen von Menschen bringen, die heute unter den Folgen des Klimawandels leiden. Klimapläne und Versprechen müssen jetzt in die Tat umgesetzt werden.
  • Es ist höchste Zeit, die Verbrennung unseres Planeten zu stoppen und in die im Überfluss zur Verfügung stehende erneuerbare Energien zu investieren.

Guterres-Rede zur Veröffentlichung des IPCC-Berichts AR6, siehe „Weltklimarat: Sechster Bericht“.

2712 Antonio Gutteres / Foto: U.S. Mission Photo by Eric Bridiers (gemeinfrei)

  • Die Treibhausgasemissionen steigen weiter. Die globalen Temperaturen steigen weiter. Und unser Planet nähert sich schnell Wendepunkten, die das Klimachaos unumkehrbar machen werden.
  • Wir sind auf einem Highway in die Klimahölle, mit dem Fuß immer noch auf dem Gaspedal.
  • Menschliche Aktivität ist die Ursache des Klimaproblems. Also muss menschliches Handeln die Lösung sein.
  • Die Menschheit hat die Wahl: kooperieren oder untergehen. Es ist entweder ein Klima-Solidaritätspakt – oder ein kollektiver Selbstmordpakt.
  • Die tödlichen Auswirkungen des Klimawandels sind hier und jetzt. Verluste und Schäden können nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden. Es ist ein moralischer Imperativ. Es ist eine grundlegende Frage der internationalen Solidarität – und der Klimagerechtigkeit.
  • Diejenigen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, ernten den Wirbelwind, den andere gesät haben.
  • Vergessen wir nicht, dass der Krieg gegen die Natur an sich schon eine massive Verletzung der Menschenrechte ist.
  • Der globale Kampf gegen das Klima wird in diesem entscheidenden Jahrzehnt gewonnen oder verloren – unter unserer Aufsicht.
  • Eines ist sicher: Wer aufgibt, wird mit Sicherheit verlieren. Also lasst uns gemeinsam kämpfen – und lasst uns gewinnen. Für die 8 Milliarden Mitglieder unserer Menschheitsfamilie – und für kommende Generationen.
  • Die rote Linie, die wir nicht überschreiten dürfen, ist die Linie, die unseren Planeten über die 1,5-Grad-Grenze bringt.
  • Wenn wir überhaupt eine Chance haben wollen, die 1,5-Grad-Marke einzuhalten, müssen wir massiv in erneuerbare Energien investieren und unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beenden.

  aus: Guterres-Rede zum Abschluß der COP27

Segment-ID: 18749

Hoffnung heißt, etwas zu tun

Krieg in Europa, unbezahlbare Energiepreise und die Klimakrise – viele Menschen verlässt der Mut. Wir lassen uns aufmuntern von drei besonderen Menschen, die zum Thema Hoffnung geschrieben haben: Greta Thunberg, Heribert Prantl und Luisa Neubauer.

2712 Collage Thunberg Prantl Neubauer / Fotos: Leonhard Lenz (CC0); Superbass (CC-BY-SA-4.0); Stefan Müller (CC BY 2.0)

(23. Januar 2023) Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat grade ein 500-Seiten-Buch herausgebracht: Das Klimabuch, in dem über 100 Wissenschaftler verschiedene Aspekte des Klimawandels beleuchten. Und auch Frau Thunberg selbst schreibt in diesem äußerst lesenswerten Buch:

„Hoffnung bedeutet nicht, so zu tun, als würde alles gut werden. Sie bedeutet nicht, den Kopf in den Sand zu stecken oder sich Märchen über nichtexistente technologische Lösungen anzuhören.

Für mich ist Hoffnung nichts, was einem geschenkt wird, sie ist etwas, was man sich verdienen, was man schaffen muss. Sie ist nicht passiv zu bekommen, indem man dasteht und darauf wartet, dass jemand anderes etwas unternimmt.

Hoffnung heißt, etwas zu tun. Es heißt, aus seiner Komfortzone herauszutreten. Und wenn ein paar verrückte Schulkinder in der Lage waren, Millionen Menschen dazu zu bringen, dass sie ihr Leben ändern, stellt euch nur mal vor, was wir alle zusammen schaffen könnten, wenn wir es wirklich versuchen würden.

Ganz gleich, wie finster die Lage auch werden mag, Aufgeben ist nie eine Option. Denn jeder Bruchteil eines Grades und jede Tonne Kohlendioxid wird immer eine Rolle spielen. Es wird nie zu spät für uns sein, so viel zu retten, wie wir nur können!“ (S. 462)

Hoffen ist Pflicht

Dr. Heribert Prantl ist Jurist und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung. Dort schrieb er am 1.10.2022 einen Kommentar, aus dem wir zitieren:

„Es gibt eine Pflicht zur Hoffnung. Warum? In der Hoffnung steckt Kraft zum Handeln. Das ist aber nun kein Plädoyer dafür, Gefahren schönzureden. Hoffnung sieht die Gefahr; sie verweigert aber Unglück und Unheil den totalen Zugriff. Es gibt eine Egozentrik der Hoffnungslosigkeit, die Optimismus fast als Beleidigung empfindet. Man kann Zukunftslosigkeit so finster beschreiben, dass die Zukunft vor einem wegläuft. Man kann die Indizien des drohenden Untergangs präsentieren. Aber solches Katastrophalisieren führt zu Depression und Aggression.

Wie geht so ein Hoffen? Muss man sich selber einen Vor-Schuss an Optimismus impfen, bevor man anfängt, etwas zu tun - muss man sich selbst die Gewissheit injizieren, dass es etwas bringen wird? So ist es nicht. Hoffnung fängt schlicht mit dem eigenen Tun an. Václav Havel hat einmal gesagt: ‚Je ungünstiger die Situation ist, in der wir unsere Hoffnung bewähren, desto tiefer ist diese Hoffnung. Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht. Sondern Hoffnung ist die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht.‘“

Gegen die Ohnmacht

Luisa Neubauer, die Mitbegründerin der Fridays-Bewegung in Deutschland hat zusammen mit ihrer Großmutter, Dagmar Reemtsma, ein Buch geschrieben: Gegen die Ohnmacht. Wir zitieren daraus:

„Es ist verlockend, sich der Ohnmacht hinzugeben. Je größer die Krisen, desto verlockender wird es. Und genau dann gilt es, den Blick von der Ohnmacht weg und auf die Wirklichkeit zu richten. Dort, wo Menschen überall ganz andere Geschichten schreiben. Wer wären wir, jetzt zu sagen: »Ich mach doch eh keinen Unterschied.« Wir, die so viele Errungenschaften genießen, die Menschen vor uns über lange Zeit erkämpft haben. Das Wahlrecht, die Wochenenden, die Gleichberechtigung, das wurde alles gegen Widerstände erkämpft. Das alles wurde erst möglich, weil Menschen akzeptiert haben, dass es auf sie ankommt. Dass es sich lohnen wird. Der große, entscheidende Unterschied zu vergangenen Kämpfen ist der: Heute fehlt uns die Zeit. Wir werden nicht weiter jahrzehntelang für einzelne Erfolge kämpfen können. Das ist kein Grund aufzugeben. Im Gegenteil! Das ist alles, was wir wissen müssen. Irgendwo legt schon jemand los, in genau diesem Augenblick. Irgendwer greift gerade zum Telefonhörer, zum Demoschild, fängt an zu mailen, sich zu vernetzen oder zu organisieren. Irgendwo baut gerade jemand ein Baumhaus in einem durch Rodung gefährdeten Wald. Nicht, weil dieses eine Baumhaus den Unterschied machen wird. Sondern weil das Baumhaus nicht alleine bleiben wird, weil überall auf der Welt andere Menschen ihren Teil zum Schutz der Lebensgrundlagen beitragen werden.

Die Hoffnung liegt in uns, denjenigen, die weitermachen. Es ist an uns, jetzt zu entscheiden, nicht länger so zu tun, als wäre alles nur halb so wild. Sondern zu handeln, als ginge es um alles. Denn das tut es.“

Segment-ID: 18744

Weltklimarat: Sechster Bericht

Der Weltklimarat IPCC hat seinen sechsten Bericht veröffentlicht (AR 6). Von den „Zusammenfassungen für die politische -Entscheidungsfindung“ gibt es auch eine deutsche Übersetzung. Noch in der Bearbeitung ist ein Synthesebericht. An diesem Bericht hat der Autor als Reviewer mitgearbeitet.
Von Aribert Peters

(19. Januar 2023)

Arbeitsgruppe I: Naturwissenschaftliche Grundlagen

„Es ist eindeutig, dass der Einfluss des Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen erwärmt hat. Es haben weitverbreitete und schnelle Veränderungen in der Atmosphäre, dem Ozean, der Kryosphäre und der Biosphäre stattgefunden“. (A1)

„Das Ausmaß der jüngsten Veränderungen im gesamten Klimasystem – und der gegenwärtige Zustand vieler Aspekte des Klimasystems – sind seit vielen Jahrhunderten bis Jahrtausenden beispiellos“. (A2)

Die Buchstaben und Zahlen am Ende jeden Zitats, zum Beispiel (A1), geben die Fundstelle im Bericht an.

„Der vom Menschen verursachte Klimawandel wirkt sich bereits auf viele Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt aus. Seit dem Fünften Sachstandsbericht (AR5) gibt es stärkere Belege für beobachtete Veränderungen von Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen sowie insbesondere für deren Zuordnung zum Einfluss des Menschen“ (A3).

„Es ist praktisch sicher, dass Hitzeextreme (einschließlich Hitzewellen) in den meisten Regionen an Land seit den 1950er Jahren häufiger und intensiver geworden sind, während Kälteextreme (einschließlich Kältewellen) seltener und weniger schwerwiegend geworden sind, wobei hohes Vertrauen darin besteht, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel der Hauptantriebsfaktor für diese Veränderungen ist“ (A3.1).

2712 Überschwemmung / Foto: Muhammad Amdad Hossain

Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit

„Der vom Menschen verursachte Klimawandel, einschließlich häufigerer und intensiverer Extremereignisse, hat weitverbreitete negative Folgen und damit verbundene Verluste und Schäden für Natur und Menschen verursacht, die über die natürliche Klimavariabilität hinausgehen. Einige Entwicklungs- und Anpassungsmaßnahmen haben die Verwundbarkeit verringert. Über Sektoren und Regionen hinweg ist zu beobachten, dass die verwundbarsten Menschen und Systeme unverhältnismäßig stark betroffen sind. Die Zunahme von Wetter- und Klimaextremen hat zu einigen irreversiblen Folgen geführt, da natürliche und menschliche Systeme über ihre Anpassungsfähigkeit hinaus belastet wurden“ (B1).

„Ungefähr 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen leben unter Bedingungen, die sehr verwundbar gegenüber dem Klimawandel sind (hohes Vertrauen)“ (B2).

„Nach 2040 und abhängig vom Ausmaß der globalen Erwärmung wird der Klimawandel zu zahlreichen Risiken für natürliche und menschliche Systeme führen (hohes Vertrauen). Für 127 identifizierte Schlüsselrisiken sind die betrachteten mittel- und langfristigen Folgen bis zu einem Vielfachen größer als derzeit beobachtet (hohes Vertrauen). Das Ausmaß und die Geschwindigkeit des Klimawandels und der damit verbundenen Risiken hängen stark von Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen in der nahen Zukunft ab, und die projizierten negativen Folgen sowie damit verbundene Verluste und Schäden steigen mit jedem Zuwachs der globalen Erwärmung weiter an (sehr hohes Vertrauen)“ (B4).

„Falls die globale Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten oder später vorübergehend 1,5 °C übersteigt, werden viele menschliche und natürliche Systeme im Vergleich zu einem Verbleib unter 1,5 °C zusätzlichen schwerwiegenden Risiken ausgesetzt sein (hohes Vertrauen). Je nach Ausmaß und Dauer der Überschreitung werden einige Folgen die Freisetzung zusätzlicher Treibhausgase verursachen (mittleres Vertrauen) und manche Folgen werden unumkehrbar sein, selbst wenn die globale Erwärmung verringert wird (hohes Vertrauen)“ (B6).

„Der Schutz der biologischen Vielfalt und von Ökosystemen ist von grundlegender Bedeutung für eine klimaresiliente Entwicklung angesichts der Bedrohungen, die der Klimawandel für sie darstellt, und ihrer Rolle für Anpassung und Minderung (sehr hohes Vertrauen)“ (D4).

2712 Grafik Globale Treibhausgasemissionen / Quelle: AR6 WG III SPM 4

Arbeitsgruppe III: Minderung des Klimawandels

„Die anthropogenen Netto-Treibhausgasemissionen sind seit 2010 in allen wichtigen Sektoren weltweit gestiegen“ (B2).

„Ohne eine Verstärkung der politischen Maßnahmen, die über die bis Ende 2020 eingeführten Maßnahmen hinausgehen, wird ein Anstieg der Treibhausgasemissionen über das Jahr 2025 hinaus projiziert, was zu einer globalen Erwärmung von 3,2 [2,2 bis 3,5] °C (Median) bis zum Jahr 2100 führt (mittleres Vertrauen)“ (C1).

„Alle globalen Modellpfade, die die Erwärmung ohne oder mit begrenzter Überschreitung auf 1,5 °C begrenzen (>50 %), und diejenigen, die die Erwärmung auf 2 °C begrenzen (>67 %), erfordern rasche und tiefgreifende und in den meisten Fällen sofortige Senkungen der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren“ (C3).

„Der Einsatz von Methoden zur Entnahme von CO2 (Carbon Dioxide Removal, CDR), um schwer zu vermeidende Restemissionen auszugleichen, ist unvermeidlich, wenn netto Null CO2- oder Treibhausgasemissionen erreicht werden sollen“ (C11).

„Optionen zur Minderung des Klimawandels, die 100 USD pro Tonne CO2Äq oder weniger kosten, könnten die globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens die Hälfte des Niveaus von 2019 verringern (hohes Vertrauen)“ (C12).

Weltweit tragen die 10% der Haushalte mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen 34–45% der globalen verbrauchsbasierten Treibhausgasemissionen von Haushalten bei, während die mittleren 40% 40–53% und die unteren 50% 13–15% beitragen. (hohes Vertrauen) (B3.4).

Die Senkung von Treibhausgasemissionen im gesamten Energiesektor erfordert wesentlichen Wandel, einschließlich einer erheblichen Senkung des Gesamtverbrauchs an fossilen Brennstoffen, des Einsatzes emissionsarmer Energiequellen, des Umstiegs auf alternative Energieträger sowie Energieeffizienz und der -einsparung. Die fortgesetzte Installation von Infrastruktur für fossile Brennstoffe ohne Vermeidungsmaßnahmen wird zu einem Lock-In der Treibhausgasemissionen führen. (hohes Vertrauen) (C4)

Segment-ID: 18750

Lützerath und die 1,5 Grad Grenze

Von Aribert Peters

(17. Januar 2023) Ein Dorf, ein paar Häuser, viele engagierte wunderbare Menschen, denen das Gemeinsame wichtiger ist als der eigene Vorteil. Sie stehen für so vieles in dieser Zeit. Sie sind ein lebendiges Zeichen für Solidarität, für Engagement, für eine lebenswerte Zukunft ohne fossile Energie, ohne Hierarchie. Der Ort steht wenige Meter entfernt vom Rand des Braunkohletagebaus Garzweiler II. Krasser könnten die Gegensätze kaum sein: Gigantische Bagger, eine von RWE verantwortete Mondlandschaft soweit das Auge reicht und dicht am Rand eine Oase des Friedens, des Umweltengagements und der Mitmenschlichkeit.

2712 Protest in Lützerath

Zwischen 100 und 200 meist junge Menschen leben seit gut zwei Jahren in Lützerath. Sie haben Holzhäuser gebaut, Hütten in Baumwipfeln 10 Meter über dem Boden und sie leben in den von den Bewohnern verlassenen Häusern. Sie leben dort im Sommer und im Winter, auch bei Regen, Schnee und Kälte harren sie gemeinsam dort aus, wo es keinerlei Komfort gibt. Sie organisieren ihr Leben eigenständig und gemeinschaftlich. Sie haben nur ein Ziel: durch ihre Anwesenheit die Braunkohlebagger von RWE zu stoppen um damit das 1.5 Grad Klima-Ziel zu retten.

Ich war oft dort zu Besuch mit meinen Kindern, mit meinen Enkeln und mit Tausenden anderen Menschen, die dort ihre Solidarität demonstrieren. Und ich kenne und bewundere viele der Menschen, die dort ausharren und die meiner Solidarität sicher sein können.

RWE gehören seit August 2022 alle Häuser in Lützerath. Nun soll im Januar oder Februar 2023 die Polizei das Dorf räumen, damit die Bagger es zerstören können. RWE hat den gut 100 dort ständig lebenden Aktivisten am 6.12. den Strom abgestellt. Die Menschen in Lützerath werden das Gelände nicht freiwillig aufgeben. Wenn die Polizei eine Räumung versucht, dann drohen bald gewaltsame und schmerzhafte Kämpfe, die leicht von beiden Seiten eskalieren können. Im Hambacher Forst war die Räumung rechtswidrig, wie sich später herausstellte. Die Polizisten werden sehenden Auges in eine unnötige und fragwürdige Schlacht geschickt. Der Bürgermeister von Erkelenz weigert sich, der Polizei den Räumungsbefehl zu geben.

Es gibt eine politische Einigung zwischen Landesregierung und RWE, die sogar als Bundesgesetz beschlossen wurde: bdev.de/braunkohle. Darin wird Lützerath geopfert gegen die RWE-Zusage, dass im Rheinischen Braunkohlegebiet der Kohleausstieg schon 2030 statt 2038 vollzogen wird. Ob dadurch tatsächlich CO2-Emissionen vermindert werden, ist umstritten. Denn zunächst einmal wird mehr emittiert. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schreibt: „Die Abbaggerung weiterer Dörfer wegen darunterliegender Braunkohlevorräte ist für den Braunkohlestrombedarf jedoch nicht notwendig. Dies gilt auch für die Orte Lützerath im Rheinland und Mühlrose in der Lausitz“. 

www.x-tausend-luetzerath.de

Segment-ID: 18752
Klimakrise, Klimaaktivismus und das Dorf Lützerath

Wenn wir die Emissionen nicht in den kommenden sieben Jahren halbieren, könnten wir die Erde auf lange Zeit für Menschen unbewohnbar machen. Wer nichts tut gegen die Klimakrise, macht sich mitschuldig. Die Aktionen von Klimaaktivisten weisen auf den notwendigen und bisher unzureichenden Klimaschutz hin und auf die Auseinandersetzung um das Dorf Lützerath. weiter lesen

Segment-ID: 18751
Weltklimarat: Sofortiges Handeln notwendig

Der am 9. August 2021 veröffentlichte Sechste Sachstandsbericht des Weltklimarates „IPCC“ ist ein lauter Alarmruf und mahnt zur Eile. weiter lesen

Segment-ID: 18653
Klimawandel

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Klimaschutz – was zu tun ist

Wie wir mit der Emissionsminderung in Deutschland wirksam weiterkommen können, damit machen wir Sie in diesem Artikel vertraut. Mit Forderungen, mit Studien und einer Warnung vor Panikmache. weiter lesen

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Über Klimawandel reden

Es ist schwer, angemessen über die Klimakrise zu reden. Je eindringlicher man die Katastrophe schildert, umso weniger überzeugt man. Wichtig ist eine gute Geschichte, in der die Zukunft durch gemeinsames Handeln formbar ist. weiter lesen

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Grundrecht auf Klimaschutz

Gibt es ein Grundrecht auf Klimaschutz, auf die Erhaltung unserer Erde, auf eine Lebensgrundlage für kommende Generationen? Ist der Gesetzgeber verpflichtet, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen? Auf diese Fragen hat das Bundesverfassungsgericht am 29. April 2021 mit einer Grundsatzentscheidung zum Klimaschutz überraschend eindeutige Antworten gegeben. weiter lesen

Segment-ID: 18515
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Kohle zu verbrennen setzt CO2 frei, Kohle zu erzeugen bindet CO2. weiter lesen

Segment-ID: 18493
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Die negativen Nachrichten aus der Klimawissenschaft und die trostlose Verschleppung der notwendigen Klimawende durch die Politik führen zu fatalem Pessimismus und lähmen unser Handeln. Das neue Buch „The Future We Choose: Surviving the Climate Crisis“ von Christiana Figueres und Tom Rivett-Carnac ermuntert zum Optimismus. weiter lesen

Segment-ID: 18344
Der Weltklimarat und der Klimawandel

Vorstellung des Weltklimarat (IPCC), seine Arbeitsweise und seine wichtigsten Ergebnisse weiter lesen

Segment-ID: 18343
Neue Formen des Klimaprotestes

Es wird immer offensichtlicher: unser politisches System reagiert nicht angemessen auf die Klimabedrohung. Die Zivilgesellschaft nimmt dies nicht weiter hin und sammelt sich in neuartigen und ganz unterschiedlich ausgestalteten Protestbewegungen parallel zu den etablierten Parteiapparaten. weiter lesen

Segment-ID: 18306
Es wird eng für uns Menschen

Klimaleugner haben die Oberhand. Sie verhindern mit Falschinformationen und  Verharmlosungen eine dringend notwendige Politik, die den Klimawandel dämpft. Das Überleben der Menschheit steht auf dem Spiel. Eine Wende wäre noch möglich. weiter lesen

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Klimaschutz zum Nulltarif

Jede freigesetzte Tonne CO2 verstärkt den Klimawandel und verursacht volkswirtschaftliche Folgekosten, deren konkrete Höhe unter Experten heftig umstritten ist. Es gibt allerdings auch Klimaschutzmaßnahmen, die unabhängig von ihrem Klimaschutzeffekt volkswirtschaftlich einen Gewinn erwirtschaften. weiter lesen

Segment-ID: 18231
Menschheit ohne Plan(et) B

Klimawandel und Energieverknappung: Zwei unentrinnbare existenzielle Herausforderungen für die Menschheit. weiter lesen

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Klimakatastrophe: Der Planet schlägt zurück

Eine einzige Generation hat die Welt in die Klimakatastrophe geführt. Und nur noch eine einzige Generation lang haben wir Zeit, die Auslöschung der Spezies Mensch abzuwenden. Wir berichten über ein aufrüttelndes Buch von David Wallace-Wells, einem Journalisten aus New York. weiter lesen

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Strategien gegen den Klimawandel

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Segment-ID: 17944
Bericht aus dem Tollhaus

Wir befinden uns in einer Krisensituation der Klima- und Menschheitsgeschichte. Der Klimawandel wird immer drastischer. weiter lesen

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Klimawandel

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Klimawandel: Meeresspiegel steigt

Der Klimawandel ist keine hypothetische künftige Gefahr. Seine Folgen sind schon jetzt deutlich sichtbar. weiter lesen

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Zwei Grad sind noch zu schaffen

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Segment-ID: 15346
Fünfter IPCC-Sachstandsbericht bestätigt Klimawandel

Der Bericht beschäftigt sich mit den wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels. weiter lesen

Segment-ID: 13994
Immer mehr Treibhausgas

CO2-Konzentration erstmals über der 400 ppm-Schranke weiter lesen

Segment-ID: 13568
Vorwärts in eine nachhaltige Gesellschaft

Das Klimasystem könnte sich unwiederbringlich erwärmt haben, lange bevor die fossilen Ressourcen aufgebraucht sind. weiter lesen

Segment-ID: 12428
Gibt es den Klimawandel wirklich?

Ein kritischer Blick auf die Argumente der Klima-Skeptiker. weiter lesen

Segment-ID: 11103