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Verbraucherproteste vor Gerichten erfolgreich Erfreuliche Urteile vom Oberlandesgericht Karlsruhe, LandgerichtKoblenz und Amtsgericht Delmenhorst
Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Verbraucherproteste vor Gerichten erfolgreich

Erfreuliche Urteile vom Oberlandesgericht Karlsruhe, Landgericht Koblenz und Amtsgericht Delmenhorst

(18. August 2006) In einer ganzen Reihe von Urteilen haben sich Verbraucher gegen ihren Versorger durchgesetzt. Es zeigt sich Folgendes: Unbillige Strom- und Gaspreise sind unverbindlich und nicht zur Zahlung fällig. Genauso steht es in § 315 des BGB. Drei ganz neue Urteile dazu veröffentlichte heute der Bund der Energieverbraucher im Internet.

Dazu erklärt Dr. Aribert Peters, der Vereinsvorsitzende: "Allen Verbrauchern steht das Recht zu, die Zahlung von überhöhten Preise zu verweigern. Dieses Recht wird vom Bundesgerichtshof und zahlreichen Instanzgerichten immer wieder bestätigt. Selbst eine Armada bestbezahlter Anwälte kann daran nichts ändern. Immer mehr Verbraucher sollten den Mut zum Widerstand, zur Zahlungsverweigerung fassen, unterstützt vom Bund der Energieverbraucher und den Verbraucherzentralen. Die jüngsten Ankündigungen von Strom- und Gaspreiserhöhungen zeigen, dass es keinen anderen wirksamen Schutz für Verbraucher gibt."

Urteil Nr. 1: Oberlandesgericht Karlsruhe

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 28.06.2006 - 7 U 194/04 das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 16.08.2004 - 24 O 41/04 bestätigt. Die Zahlungsklage eines Gasversorgers wurde abgewiesen, weil dieser nicht rechtzeitig und nicht umfangreich genug seine Preiskalkulation offen gelegt hatte. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Damit hat sich der Verbraucher gegen seinen Versorger durchgesetzt. Der Abnehmer hatte seine Gasrechnungen unter Berufung auf § 315 BGB (Billigkeitseinrede) anteilig gekürzt. Der Vorlieferant klagte daraufhin den Kürzungsbetrag ein. Mit dieser Klage ist der Vorlieferant nunmehr zweitinstanzlich gescheitert und der Verbraucher muss die Kürzungsbeträge nicht nachzahlen. Der Gasversorger hatte im Gerichtsverfahren darauf hingewiesen, dass seine Preise unter dem Durchschnitt lägen. Das genügt nach Ansicht der Richter nicht, "da es denkbar ist, dass sämtliche Preise nicht der Billigkeit entsprechen".

Urteil 2: Landgericht Koblenz

Der Frankfurter Stromversorger SÜWAG darf den Strom nicht abschalten, wenn der Kunde einen höheren Preis nicht zahlen will und bislang vergeblich auf eine Erklärung für die Verteuerung wartet. Das entschied das Landgericht Koblenz, indem es eine einstweilige Verfügung erließ und damit dem Antrag eines Stromkunden stattgab. Der Kunde hatte seine Stromrechnung nur auf der Grundlage des alten Preises beglichen, die Erhöhung aber nicht gezahlt. Er forderte den Stromversorger SÜWAG auf, die Kalkulation offen zu legen, um die Billigkeit und Angemessenheit der neu festgesetzten Preise zu beweisen. Der Antragsteller bezog sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und verschiedener anderer Gerichte. Daraufhin drohte das Unternehmen damit, keinen Strom mehr zu liefern.

Das Gericht untersagte mit Beschluss vom 14. Juli 2006 (Az: 4 HK O 113/06) dem Unternehmen, den Strom abzuschalten oder damit zu drohen, bis es den Nachweis der Angemessenheit seiner Gebührenerhöhung dem Verbraucher offen gelegt hat.

Claus Richter von der Regionalgruppe Bad Homburg des Bundes der Energieverbraucher hat die Strompreisforderung der SÜWAG unter Berufung auf die fehlende Billigkeit zurückgewiesen (Schreiben von Claus Richter an die SÜWAG Download Schreiben Fam. Richter an SÜWAG). Er hatte die zuviel bezahlten Strompreise der vergangenen drei Jahre mit den künftigen Abschlagszahlungen verrechnet. Die SÜWAG nahm ihre zunächst angedrohte Versorgungssperre nun zurück. In dem Schreiben der SÜWAG vom 8. August 2006 Download Schreiben Richter an Süwagheisst es: "Hiermit bestätigen wir Ihnen die Rücknahme der Sperrandrohung. Wir akzeptieren Ihre Entscheidung, den strittigen Differenzbetrag vorerst nicht zu zahlen. Sobald ein endgültiges und rechtskräftiges Urteil zu den Stromlieferpreisen ergeht, melden wir uns wieder bei Ihnen.

Urteil 3: Amtsgericht Delmenhorst

Der Klage zweier Verbraucher auf Nichtigkeit der Gaspreiserhöhungen seit 2004 hat jetzt das Amtsgericht Delmenhorst stattgegeben. Die Gaspreiserhöhungen sind nichtig und unwirksam (Urteil Amtsgericht Delmenhorst vom 4. August 2006, Az: 4A C 4063/06 IV).

letzte Änderung: 19.04.2023