Strompreise unter der Lupe
(22. Mai 2007) Deutsche Strompreise sind viel zu hoch. Schuld sind weder hohe Kosten noch Steuern, sondern die unsaubere Geschäftspolitik der Stromwirtschaft. Das wird durch eine Reihe von neuen Studien belegt.
Strompreise Haushalte und Industrie
Die Strompreise für Haushaltskunden lagen im Januar 2007 bei 21 Cent je Kilowattstunde einschließlich Steuer (Quelle: Energy Advice). Die Strompreise für Industriekunden betrugen 8,5 bis 13 Cent pro Kilowattstunde. Nach dem 1. Juli 2007 fällt die Genehmigungspflicht für Strompreise ersatzlos weg. Deshalb haben zahlreiche Versorger neue Preiserhöhungen angekündigt.
Zusammensetzung der Haushaltsstrompreise
Von den Strompreisen der Haushalte entfallen 6,36 Cent pro Kilowattstunde auf die Stromnetzkosten (Stand 1. Mai 2007, Quelle: Enet, Durchschnitt aller Stromanbieter), 8,4 Cent je Kilowattstunde auf Steuern und Abgaben (3,36 Cent pro Kilowattstunde für die Mehrwertsteuer, 2 Cent pro Kilowattstunde Konzessionsabgabe im Mittel, 2,39 Cent für jede Kilowattstunde in Großstädten, 1,3 Cent je Kilowattstunde in Orten mit unter 25.000 Einwohnern, 2,05 Cent pro Kilowattstunde Stromsteuer, 0,65 Cent je Kilowattstunde EEG-Umlage, 0,34 Cent je Kilowattstunde KWK-Umlage). Für die Stromerzeugung oder Beschaffung verbleiben 6,24 Ct/kWh.
Strompreisentwicklung
Die Strompreise sind seit dem Jahr 2000 um gut 30 Prozent gestiegen. Parallel zu den Preisen stiegen die Gewinne der Stromversorger.
Vergleich zu anderen Ländern
Die Strompreise in Deutschland gehören zu den höchsten in Europa. In Deutschland kostet eine Kilowattstunde 21 Cent pro Kilowattstunde, in der Schweiz nur 11,6 Cent je Kilowattstunde, in Österreich 17,7 Cent und in Frankreich 12,4 Cent. Lediglich die Preise in Italien (23,3 Cent pro Kilowattstunde), Dänemark (24,7 Cent) und den Niederlanden (23,4 Cent) liegen höher (Quelle: Energy Advice).
Stromkosten als Wachstumsbremse
Eine Reihe wissenschaftlicher Studien hat sich in den vergangenen Wochen mit den deutschen Strompreisen beschäftigt. Mit Ausnahme der von der Stromwirtschaft beauftragten Untersuchungen kommen alle zum gleichen Schluss: Die Strompreise liegen ganz beträchtlich über den Kosten für Produkton und Strombereitstellung.
- Hamburgisches WeltWirtschafts Institut (HWWI) und Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH, Osnabrück (GWS): Die Strompreise vor staatlichen Steuern und Abgaben waren im Jahr 2006 um rund 30 Prozent überhöht. Das Wirtschaftswachstum in Deutschland hätte 2006 um 0,37 bis 0,47 Prozentpunkte höher liegen können, wenn auf dem Strommarkt echter Wettbewerb geherrscht hätte. 83.000 bis 106.000 Personen zusätzlich hätten einen Arbeitsplatz gehabt. Der Preisindex der Lebenshaltung hätte um 0,5 bis 0,65 Prozent niedriger liegen können.
- London Economics: Die Studie im Auftrag der EU-Kommission bestätigt: Die Strompreise liegen in Deutschland bedeutend höher, als dies auf einwandfrei funktionierenden wettbewerbsfähigen Märkten zu erwarten wäre. Die Untersuchung kommt zudem zu dem Schluss, dass Erzeugungskapazitäten zurückgehalten wurden.
- Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, The Rise in German Wholesale Electricity Prices: Fundamental Factors, Exercise of Market Power or Both? Hans-günter Schwarz und Christoph Lang. Die Strompreisanstiege der vergangenen Jahre sind durch einen Anstieg der Herstellungskosten nur teilweise erklärbar.
- Gutachten der TU Dresden. Professor Christian von Hirschhausen zeigt, wie die Stromriesen ihre Marktmacht ausnutzen. Demnach lagen die Preise an der Leipziger Strombörse im ersten Halbjahr 2006 im Schnitt fast ein Viertel höher als in einem funktionierenden Wettbewerb. Außerdem missbrauchen die Konzerne die kostenlos zugeteilten Kohlendioxid-Zertifikate massiv zur eigenen Profitmaximierung.
Sowohl der Bund der Energieverbraucher als auch die Vereinigung industrieller Kraftwirtschaft und der Verband der Energieabnehmer sind der Ansicht, dass die Strompreise um etwa 25 bis 30 Prozent überhöht sind.